Wo die Kunst zu Hause ist? Im Wiener Plattenbau!
Geöffnet täglich bei freiem Eintritt: die größte „Galerie“des Landes – in der Wiener Peripherie.
D ie Wege zur Kunst können ja manchmal ziemlich verworren sein. Und manchmal führen sie nicht in Schlösser, Museen, Stifte, Galerien, sondern beispielsweise auf den Laaer Berg, genauer in die Per-AlbinHansson-Siedlung Ost. Womit wir mitten im kommunalen Wohnungsbau der Sechziger- und Siebzigerjahre angelangt wären. Also in jener Zeit, da via vorgefertigte Betonelemente in vergleichsweise kurzer Zeit vergleichsweise kostengünstig vergleichsweise viel Wohnraum geschaffen wurde – und geschaffen werden musste, allein in besagter Per-Albin-Hansson-Siedlung Ost mehr als 4000 Wohnungen innerhalb von vier Jahren.
Dass die Methode, die das möglich machte, eben der Fertigteilbau, auf der anderen Seite Uniformität der äußeren Erscheinung unvermeidlich nach sich zog, war schon den Zeitgenossen durchaus bewusst – und wurde mit Argwohn betrachtet. Nicht zuletzt von den verantwortlichen Architekten, namentlich Oskar und Peter Payer, denen es von Beginn des Plattenbaubooms Anliegen war, die Masse des Ewigselben durch künstlerisch gestaltete Details wenigstens andeutungsweise zu individualisieren. Etwa durch eigens gestaltete Hauszeichen an den Eingängen zu den Stiegenhäusern, wie sie in der Per-Albin-Hansson-Siedlung Ost mehrfach zu finden sind.
Dazu kommt eine ansehnliche Reihe freistehender Skulpturen, die, wenngleich nicht immer ästhetisch absichtsvoll platziert, so doch Orientierungspunkte liefern und zudem den Freiflächen zwischen den Blöcken je eigenes Gepräge geben. Kurz: Ausgerechnet Wiens Plattenbauten präsentieren sich heute als eine der größten Galerien zeitgenössischer Kunst des Landes, geöffnet täglich und bei freiem Eintritt. Und jüngst dokumentiert in dem von Vera Kapeller herausgegebenen Band „Kunst und Plattenbausiedlungen in Wien“, erschienen im Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften.