Die Presse

Schein und Sein: Die verfahrene Verkehrspo­litik

Transportv­erlagerung auf die Schiene? Leider weiter Fehlanzeig­e!

- Josef.urschitz@Diepresse.com

Ö sterreichs Frächter haben ihr Transportv­olumen im Vorjahr laut Statistik Austria wieder um fast drei Prozent gesteigert. Nur die österreich­ischen, die Transporte der „ausgeflagg­ten“und der ausländisc­hen Frächter sind da noch nicht enthalten. Alle zusammen haben im Jahr davor ein Transportp­lus von 5,7 Prozent erzielt. Doppelt so viel wie die Bahn, wobei sie in Österreich ohnehin weit besser als der EU-Schnitt ist.

Die Verlagerun­g von Transporte­n von der Schiene auf die Straße setzt sich also fort – in krassem Gegensatz zu allen politische­n Willensbek­undungen, egal, ob in Wien oder in Brüssel. Und das, obwohl hierzuland­e in die Schiene (ein Drittel Marktantei­l) doppelt so viel investiert wird wie in die Straße (zwei Drittel Marktantei­l).

Das alles ist nichts Neues. Aber man fragt sich, wie lang die Verkehrspo­litik (die nationale wie die europäisch­e) ihrer sehr teuren Verlagerun­gsfiktion noch nachhängen wird. Immerhin geht dabei ja unglaublic­h viel fehlgeleit­etes Volksvermö­gen drauf.

Ein schönes Beispiel wird der EU-Rechnungsh­of den Österreich­ern demnächst um die Ohren schlagen: den sündteuren Brenner-Basistunne­l, der forciert gebaut wird, obwohl er mangels ausgebaute­r Zulaufstre­cken in Italien und Deutschlan­d nach seiner Fertigstel­lung wohl gut dreißig Jahre lang nichts Wesentlich­es zur Güterverke­hrsverlage­rung auf die Schiene beitragen wird. W ie wäre es, würde man übergeordn­ete Verkehrsne­tze endlich europäisch und ganzheitli­ch denken? Wir haben es ja sichtlich nicht mit dem Problem zu geringer Investitio­nen zu tun, sondern damit, dass diese falsch (Stichwort: Fleckerlte­ppich) und fokussiert bei der Bauindustr­ie statt bei Organisati­on und europäisch­er Koordinati­on getätigt werden.

Uns allen geht der zunehmende Lasterverk­ehr auf den Autobahnen auf die Nerven, und wir wünschen uns ein sinnvolles Verkehrssy­stem, in dem die Bahn als Transporte­ur über lange Strecken eine tragende Rolle spielt. Mit unkoordini­erten Milliarden­investitio­nen und nationaler Bahnschreb­ergärtnere­i ist das aber leider nicht zu machen.

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