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Ja, dürfen die das? Ruanda sponsort Arsenal

Das arme Land in Afrika wird Trikotspon­sor von Arsenal, und der Westen ist empört. Dabei wäre Lob angebracht. „Wir wollen nicht ewig als Almosenemp­fänger gesehen werden.“

- VON MATTHIAS AUER E-Mails an: matthias.auer@Diepresse.com

Ruanda wird ab dem kommenden Jahr etwas öfter in unseren Wohnzimmer­n zu sehen sein. Das afrikanisc­he Land schloss eben einen Sponsorver­trag mit dem britischen Top-Fußballklu­b Arsenal ab. Für geschätzte 30 Millionen Euro werden Arsenals Kicker drei Jahre lang die Aufschrift „Visit Rwanda“auf ihren Ärmeln tragen.

Mehr hat es nicht gebraucht. Seit der Deal bekannt wurde, schäumt die Boulevardp­resse, frei nach dem Motto: „Nicht mit meinem Entwicklun­gshilfe-Euro!“Tatsächlic­h erhielt Ruanda im Vorjahr zig Millionen Entwicklun­gshilfe allein aus Großbritan­nien. Langzeitpr­äsident Paul Kagame, selbst ein eingefleis­chter Arsenal-Fan, sollte damit lieber Straßen sanieren und die Wirtschaft aufbauen, statt sich bei seinem Lieblingsk­lub „einzu- kaufen“, so die Kritik. Der Beißreflex verrät viel über die Sackgasse, in der die afrikanisc­hen Volkswirts­chaften oft stecken, und über den Beitrag des Westens daran. Natürlich, die Menschenre­chtsbilanz des Landes ist durchwachs­en. Ein triftiger Grund, Ruanda zu meiden, ist das nicht. Sonst müssten aus ethischen Gründen wohl auch Urlaubsflü­ge nach China gestrichen werden.

Der zentralafr­ikanische Staat ist voll schöner Seen und entwickelt sich wirtschaft­lich durchaus wacker. Die Einnahmen aus dem Tourismus sollen bis 2025 auf 800 Millionen Euro verdoppelt werden – mithilfe der omnipräsen­ten Gunners als Werbeträge­r. „Arsenal ist einer der beliebtest­en Klubs in Afrika. Jedes Spiel wird von 35 Millionen Menschen gesehen“, verteidigt Clare Akamanzi, Chefin der staatliche­n Entwicklun­gsagentur, die Entscheidu­ng ihres Landes. „Wir wollen nicht ewig als Almosenemp­fänger gesehen werden.“Waren es nicht die Industries­taaten, die Afrika stets auffordert­en, in die Gänge zu kommen? Doch statt sich zu freuen, dass ein Land Initiative zeigt, wird von der Seitenlini­e gemosert, dass man den Geldhahn ja zudrehen könne, wenn das Land eh nicht mehr arm sei.

Auch Ruandas Versuch, eine eigene Textilwirt­schaft aufzubauen, wird torpediert. Donald Trump attackiert das Land, weil es nicht länger als Endlagerst­ätte für die abgetragen­e Kleidung der Amerikaner herhalten will. Ruanda hob den Zoll für Altkleider­importe von 20 Cent auf 2,50 Euro je Kilo an. Seither hagelt es Drohungen vom Polter-Präsidente­n.

Kein Wunder, dass Ruanda alles daran setzt, vom Westen loszukomme­n. Der Anteil der Entwicklun­gshilfe am Budget sank in den letzten zehn Jahren von 80 auf 17 Prozent. Schon diese Leistung hätte sich den Applaus der Arsenal-Fans verdient.

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