Bipa will der bessere DM werden
Handel. Bipa will zurück an die Spitze – und wird seinem Konkurrenten dabei immer ähnlicher. Der Wettlauf um den tiefsten Preis und den besten Slogan kommt teuer.
Österreichs Rewe-Chef Marcel Haraszti dürfte es bereuen, dass er die Zahl 100 je ausgesprochen hat. 100 der 600 Bipa-Filialen könnten bei seiner strauchelnden Drogeriekette in den nächsten Jahren schließen, verkündete er im April vor Journalisten. Das löste nicht nur in den Medien, sondern auch in den Filialen ein enormes Echo aus.
Dabei wollte man eine ganz andere Botschaft unter die Leute bringen: „Wir gewinnen wieder Marktanteile zurück“, sagt BipaChef Thomas Lichtblau im Gespräch mit der „Presse“. Das Ziel sei klar: die Marktführerschaft von DM zurückzuholen. Diese musste die pinke Kette 2015 nach einigen unglücklichen Entscheidungen bei Sortiment und Marke nach langen Jahren an der Spitze abgeben. Auf dem Weg zurück brauche man alle 4000 Mitarbeiter – „von Personaleinsparungen kann keine Rede sein“, so Lichtblau.
Die Kampfansage ist klar. Ihre Umsetzung dürfte aber viel Schweiß und Tränen kosten. Das zeigen Zahlen, die die Marktforscher von Regiodata gestern, Dienstag, veröffentlichten: Bipa hat 2017 erneut Geschäft abgegeben und liegt mit 26,3 Prozent vom Drogerie- und Parfümeriehandel fast sieben Prozent hinter DM.
Dabei wuchs das Geschäft mit Körperpflege, Haushaltsartikeln und Bionahrung in zwölf Jahren um 36 Prozent auf 4,9 Mrd. Euro. Auch wenn die Hälfte an Supermärkte, Apotheken, Tierfachgeschäfte oder ins Netz fließt, bleibt den Drogerien eine schöne Summe. DM machte im jüngsten Halbjahr mit 6700 Mitarbeitern in 400 Filialen ein Umsatzplus von 1,6 Prozent auf 456 Mio. Euro.
Bipa-Chef Lichtblau sagt, sein Umsatz sei im jüngsten Quartal um fast acht Prozent gewachsen, weit über Marktschnitt. Das hätten 2500 neue Produkte, der millionenschwere, laufende Umbau in den Filialen mit viel Holz und Licht und die Ansprache einer breiteren Kundengruppe ermöglicht. Sichtbarster Teil der Generalüberholung sind Werbeträger wie Dagmar Koller oder Rapper Nazar, die bei Bipa einkaufen – „weil sie eben auch Mädchen sind“.
Beobachter wie Handelsprofessor Peter Schnedlitz von der WU Wien attestieren der pinken, 1981 gegründeten „Billigparfümerie“, die richtigen Hebel zu betätigen. Es sei gut, nicht mehr nur die spitze Zielgruppe der jungen Frauen anzusprechen. Markenexperte Helmut Kosa nennt die bisherige Ausrichtung zwar „mutig“, aber „das kann leicht schiefgehen, weil andere Konsumenten automatisch ausgeschlossen werden“.
Jetzt dagegen pause Bipa viel von dem DM-Rezept rund um Gesundheit, Bionahrung und Familien ab, heißt es in der Branche. „Ich möchte nicht von einer Annäherung zum Mitbewerb sprechen. Bipa hat ein eigenes Profil, das wir mit den Umbauten weiter schärfen“, sagt Lichtblau und nennt die nächsten Schritte in der Strategie: Er wolle stärker auf Frisöre und Visagisten setzen und die Preisführerschaft zurückholen. Dazu muss man aber wissen: DM hat bis dato knapp 300 angeschlossene Kosmetik- und Frisörstudios im Land eröffnet. Und die Kette aus Deutschland ging diesen März damit hausieren, dass sie die Dauerpreise des gesamten Sortiments um zwei Prozent senkt.
Die andere Frage ist, wie weit eine Annäherung gelingen kann. „Bipa ist von der DNA her eine Parfümerie“, sagt Schnedlitz. Da stehen für dasselbe Konzept deutlich kleinere Flächen zu Verfügung. Ein durchschnittlicher Bipa hat 270 m2. Bei DM wandert der Kunde leicht an 400 m2 Regalfläche vorbei. Die Dimension will auch Lichtblau erreichen. Gut 80 Filialen wurden bereits umgebaut. Für den Rest brauche es riesige Investitionssummen, um die Bipa intern kämpfe. Wann alle Umbauten fertig sind oder wie viel sie kosten, könne er heute nicht sagen.
Schnedlitz rät, nicht alte Fehler zu wiederholen und auch Schließungen im größeren Stil in Erwägung zu ziehen. „Sie haben sich selbst Sand in die Augen gestreut, indem sie immer mehr Filialen eröffnet haben und so den Umsatz steigerten“, sagt er. Am Ende zog DM mit einem Drittel weniger Filialen an Bipa vorbei. „Ein kontinuierlicher Prozess mit Aufmachen und Zusperren hätte dem Unternehmen und den Mitarbeitern schmerzvolle Einschnitte ersparen können“, sagt Kosa.
DM hat jedenfalls nicht vor, es dem aufgewachten Konkurrenten leicht zu machen. Angesprochen auf die wachsende Ähnlichkeit bei Produkten, Aussehen und Werbung, ist Österreich-Chef Martin Engelmann gelassen: „Das sehen wir entspannt, da es im Handel immer darauf ankommt, einen Schritt voraus zu sein.“Dass man diesen einen Schritt guthat, stellt er gar nicht erst infrage.