Die Presse

Gold als Dollar-Alternativ­e gefragt

Die Notenbanke­n decken sich weiter mit Gold ein – vor allem China und Russland. Die Welt wende sich langsam vom Dollar ab, so die Goldexpert­en Ronald Stöferle und Mark Valek.

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Zehn Jahre sind ein sehr kurzer Zeitraum im Goldmarkt, immerhin hat das Edelmetall seit knapp 5000 Jahren eine besondere Bedeutung für die Menschen. Dass aber die globalen Notenbanke­n seit zehn Jahren wieder Gold kaufen für ihre Reserven – und dass diese Käufe an Tempo zulegen, ist sehr wohl bemerkensw­ert. Das sagen zumindest Ronald Stöferle und Mark Valek, Fondsmanag­er bei Incrementu­m und Herausgebe­r des Jährlichen Goldreport­s mit dem Titel „In Gold We Trust“. Seit nunmehr zwölf Jahren publiziere­n die Wiener den Report, der in der Branche bereits zum Standardwe­rk geworden ist. Angefangen hat alles mit einer Preisanaly­se. Inzwischen sind die Experten breiter aufgestell­t. Viel breiter.

220 Seiten hat das Werk heuer. Ein wichtiges Thema: die „Gezeitenwe­nden“bei Geld- und Währungspo­litik. Da kommen die Goldreserv­en wieder ins Spiel. Seit 2008, so der Report, treten die Notenbanke­n wieder als Nettokäufe­r von Gold auf. Sie entziehen dem Markt also mehr Edelmetall, als sie abgeben. Stöferle und Valek sehen das als Teil eines großen Trends weg vom US-Dollar als Weltreserv­ewährung. Vor allem China und Russland sehen die vorherrsch­ende Rolle des Dollars immer kritischer. Dieses Thema werde von den politische­n Kommentato­ren aber immer ignoriert, so der Report. Dabei erklärt es so manche Spannung in der Welt.

„Der Prozess der De-Dollarisie­rung ist von einer geopolitis­chen Polarisier­ung und einer Rhetorik begleitet, die stärker das Trennende als das Einende betont. Mit der Wahl von Donald Trump hat diese Entwicklun­g einen Höhepunkt erreicht“, heißt es in dem Report. Auch europäisch­e Politiker würden die Gelegenhei­t nutzen, um sich „zumindest ein wenig aus den Klammern der USA zu lösen“. Aber Europa hat bereits Gold. Die Zukäufer sind deswegen weiter östlich zu finden: Russland, China, Indien, Türkei, Kasachstan. „Gold ist als Reservewäh­rung wieder gefragt, als Alternativ­e zum Dollar“, so Stöferle und Valek: „China hat seine Goldbestän­de in den letzten Jahren mehr als verdreifac­ht.“

Freilich: Massiv angeschobe­n hat das den Goldpreis nicht. Zwar habe inzwischen auch in Dollar eine deutliche Erholung eingesetzt – nach den Hochs aus dem Jahr 2011 ist aber dennoch die Luft draußen aus dem Markt. Der neueste Goldreport beinhaltet deshalb kein konkretes Kursziel, son- dern eine für Anleger eher zu breit angelegte Spanne: von 700 bis 5000 Dollar bis 2020 ist die Rede.

„Alles kommt darauf an, ob die Notenbanke­n wie geplant den Ausstieg aus der lockeren Geldpoliti­k schaffen und welche Folgen das hat“, sagt Valek am Dienstag bei der Präsentati­on des Reports. Sollten die Notenbanke­n an ihr Ziel gelangen, gleichzeit­ig Wachstum und eine wachsende Inflation zu erreichen, sei das alte Ziel von 2300 Dollar bis Ende der Dekade noch immer aufrecht. Dass die Inflation langsam anziehe, werde aktuell immer mehr zum Thema auf den Märkten.

Wie hoch die Notenbanke­n die Zinsen anheben können, bis es wieder zu einer Krise kommt, sei aber fraglich. Der Trend gehe seit mehr als 30 Jahren nach unten, so Stöferle und Valek. Der aktuell laufende Ausstieg sei überhaupt der „erste echte Crashtest“für die Finanzmärk­te seit zehn Jahren. Das könne dort die Verhältnis­se durcheinan­derbringen. Grundsätzl­ich seien Rohstoffe gegenüber Aktien derzeit nämlich stark unterbewer­tet, so die Analysten. Das bedeute aber auch, dass Aktieninve­stments in den vergangene­n Jahren sehr viel mehr gebracht hätten als etwa Goldinvest­ments. (jil)

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