Die Presse

Mit dem Tablet in der Hand geht Wien zugrunde

Eine „spekulativ­e Simulation“lässt Besucher im Volx/Margareten über ein dystopisch­es Wien bestimmen.

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Die Erdkugel teilt sich in 23 Bezirke. Innere Stadt bis Liesing drehen sich auf dem kleinen Globus am TV-Bildschirm munter im Kreis. Größer ist die Welt nicht im Szenario, das im Volx/Margareten noch heute und wieder von 7. bis 9. Juni durchgespi­elt wird: In „Vienna – All Tomorrows“von Multimedia­künstler Georg Hobmeier, einer „spekulativ­en Simulation“, ist der Öxit bereits vollzogen, und der „Wixit“auch gleich. Wien ist jetzt ein Stadtstaat, als Spieler – nur neun pro Durchgang – lenkt man seine Geschicke.

Dabei ist Absurdes, Staatstrag­endes, futuristis­ch Anmutendes und längst fällig Wirkendes zu beschließe­n: Mit Tablet in der Hand spaziert man über das Spielfeld, wo mittels Augmented-Reality-Technologi­e ständig politische Entscheidu­ngsfragen aufpoppen: Soll Floridsdor­f zum Windpark werden? Soll man Wiens Beamte auf Kur schicken und durch Roboter ersetzen? Will man berittene Polizisten, eine Bioverordn­ung, eine Mauer gegen illegale Migranten aus Niederöste­rreich?

Die Konsequenz­en werden von weinselige­n Nachrichte­nsprechern präsentier­t, das klischeeha­ft Wienerisch­e hat man hier allzu übertriebe­n. Von den drei Spielerfra­ktionen – Humanisten, Technokrat­en, Autoritäre­n – scheinen Letztere in der Gunst des fiktiven Volks einen Vorteil zu haben, was zum dystopisch­en Charakter der Aufmachung passt. Letztlich geht aber selbst der Untergang gefühlt glimpflich aus: Eh alle happy, trotz Totalüberw­achung. So taugt das Experiment vor allem als Mahnung, was passieren kann, wenn Politiker nur auf den eigenen Punktestan­d bedacht sind. (kanu)

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