Kosten für Altersteilzeit explodieren
Arbeitsmarkt. Allein im Vorjahr sind die Kosten für die Altersteilzeit um 25 Prozent auf 440 Millionen Euro gestiegen. Experten fordern daher eine Abschaffung der geblockten Variante.
Arbeitsmarkt. Der Andrang auf die vom Arbeitsmarktservice geförderte Altersteilzeit ist nicht zu stoppen. Alleine im Vorjahr sind die Kosten um 25 Prozent auf 440 Millionen Euro gestiegen. Experten verlangen nun eine Reform.
Der Andrang auf die vom Arbeitsmarktservice (AMS) geförderte Altersteilzeit ist nicht zu stoppen. Allein im Vorjahr sind die Kosten für dieses Arbeitsmodell von 352 Millionen Euro auf 440 Millionen Euro gestiegen. Dies zeigt eine parlamentarische Anfragebeantwortung von Sozialministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ), die der „Presse“vorliegt. Eingebracht wurde die Anfrage von Neos-Sozialsprecher Gerald Loacker. Bemerkenswert ist ein Langzeitvergleich. 2013 lagen die Kosten bei 204 Millionen Euro.
Die Altersteilzeit wird immer wieder als versteckte Frühpension bezeichnet. Sie kann von Männern ab 58 Jahren und von Frauen ab 53 Jahren in Anspruch genommen werden. Seit 2012 hat sich die Zahl der Leistungsbezieher von 17.334 auf 33.989 Personen fast verdoppelt.
Helmut Hofer, Experte vom Institut für Höhere Studien (IHS), geht nicht davon aus, dass der Andrang in den nächsten Jahren abnehmen wird. „Denn es bewegen sich geburtenstarke Jahrgänge in Richtung Pension“, so Hofer. Um die Kosten zu senken, haben ÖVP und FPÖ im Regierungsprogramm eine Einschränkung der Altersteilzeit beschlossen. Demnach sollen Männer ab 2019 erst mit 59 Jahren und ab 2020 mit 60 Jahren in Altersteilzeit gehen dürfen. Auch bei Frauen ist eine Anhebung vorgesehen – auf 54 Jahre ab 2019 und auf 55 Jahre ab 2020.
Vielen Experten geht diese Reform aber nicht weit genug. AMSVorstand Johannes Kopf, die Experten Helmut Hofer (IHS) und Thomas Url (Wifo) sowie die Neos fordern eine Abschaffung der geblockten Altersteilzeit. Derzeit kann bei der Altersteilzeit zwischen drei Varianten gewählt werden: die kontinuierliche Altersteilzeit, die geblockte Variante und die Teilpension. Die beliebteste Variante ist die kontinuierliche Altersteilzeit. Dabei wird die Arbeitszeit für maximal fünf Jahre kontinuierlich reduziert. „Dieses Modell macht Sinn. Denn es bietet einen gleitenden Übergang in die Pension“, sagt Wifo-Pensionsexperte Url.
Einsparung von 100 Mio. Euro
Kritik gibt es an der geblockten Variante. „Hier arbeiten Menschen häufig 2,5 Jahre voll, und dann 2,5 Jahre überhaupt nicht mehr“, kritisiert Neos-Sozialsprecher Loacker. Damit finanziere der Staat de facto eine Frühpensionierung aus Mitteln der Arbeitsmarktpolitik.
Die geblockte Variante ist laut Loacker für Firmen ein guter Weg, um Jobs einfach abzubauen und ältere Arbeitnehmer früher in die Pension zu schicken, ohne sich mit diversen Abfertigungsansprüchen herumschlagen zu müssen. Im Vorjahr zahlte das Arbeitsmarktservice für die geblockte Variante 100,4 Millionen Euro. Das Geld könnte mit der Abschaffung eingespart werden.
Kaum in Anspruch genommen wird, wie die parlamentarische Anfragebeantwortung zeigt, die von der früheren SPÖ-ÖVP-Regierung Anfang 2016 eingeführte Teilpension. Auch hier gibt es Zuschüsse vom AMS. Doch im Vorjahr haben nur 367 Menschen davon Gebrauch gemacht. Der Grund für die geringe Popularität liegt darin, dass die Teilpension erst ab Vollendung des 62. Lebensjahres möglich ist. Wer in Altersteilzeit gehen will, tut dies meist zum frühest möglichen Zeitpunkt.
Ohne die AMS-Millionen für die Altersteilzeit wäre die Arbeitslosigkeit bei älteren Menschen viel höher. Im Vorjahr lag in Österreich die Arbeitslosenquote bei 8,5 Prozent. Aufgeschlüsselt nach Altersgruppen war die Quote bei Personen zwischen 60 und 64 Jahren mit 12,4 Prozent am höchsten, gefolgt von Personen zwischen 55 und 59 Jahren (10,8 Prozent).
Die Altersteilzeit hat neben anderen Maßnahmen dazu beigetragen, dass die Erwerbstätigenquote von älteren Menschen in Österreich zuletzt gestiegen ist. Denn alle Menschen, welche die Altersteilzeit in Anspruch nehmen, erscheinen in der Statistik während der gesamten Laufzeit (auch wenn sie in der Blockvariante längere Zeit nicht arbeiten) als Beschäftigte auf. Laut Statistik Austria kletterte die Erwerbstätigenquote der über 55-Jährigen von 2011 bis 2017 von 39,9 Prozent auf 51,3 Prozent. In anderen europäischen Ländern ist der Wert viel höher. In Deutschland sind es über 70 Prozent.