KH Nord: Zeitplan wird wieder geprüft
Interview. Der neue Gesundheits- und Sozialstadtrat (SPÖ) will das Spitalskonzept ändern. Über Regeln zur Mindestsicherung will er nur gemeinsam mit der Notstandshilfe reden.
Peter Hacker, Neo-Stadtrat für Gesundheit und Soziales, kündigt im „Presse“-Interview an, den Zeitplan für das aus dem Ruder gelaufene Milliardenprojekt Spital Nord nochmals zu überprüfen – nachdem es immer mehr Hinweise gibt, dass der bereits mehrfach (zuletzt auf Ende 2019) verschobene Eröffnungstermin wieder nicht halten könnte. Hacker hat das Management des städtischen Spitalkonzerns KAV aufgefordert, spätestens in drei Wochen einen fundierten Zeit- und Kostenplan vorzulegen. Daraus soll hervorgehen, ob der Eröffnungstermin neuerlich verschoben werden muss. Ursache der Probleme sind nach „Presse“-Informationen der akute Mangel an Fachärzten und Technikern für den Betrieb des Spitals.
Nebenbei: Über die Regeln der Mindestsicherung will Hacker mit dem Bund nur gemeinsam mit der Notstandshilfe reden.
Die Presse: Wie oft wurden Sie denn für diesen Posten gefragt? Peter Hacker: Mehrmals.
Warum haben Sie jetzt zugesagt? Ich hatte mit Michi Ludwig intensive Diskussionen über das Stadtmanagement, und da hat er mich einfach gefragt. Er hat klargemacht, dass er mich will. Dass er Leute mit Ecken und Kanten will.
Das heißt, Sie werden sich auch trauen zu widersprechen? Ja, aber nicht öffentlich. Die Gaudi machen wir niemandem.
Der Bund hat jetzt seine Regeln für die Mindestsicherung vorgelegt. Wie sehen Sie das Paket? Ich reagiere nicht auf Überschriften. Ich erwarte mir, dass der Bund ein Gesetz auf den Tisch legt und die Länder einlädt zu diskutieren. Intellektuell finde ich es amüsant, dass die Bundesregierung einerseits die Grundsatzgesetzgebung abschaffen will und andererseits bei der Mindestsicherung auf das Instrument zugreift. Und leider habe ich keine Überschrift zur Notstandshilfe gelesen.
Über diese will der Bund erst im Herbst debattieren. Dann wird es davor keinen Konsens zur Mindestsicherung geben.
Falls die Grundsatzgesetzgebung abgeschafft wird, wo soll die Mindestsicherung-Kompetenz landen: bei Land oder Bund? Die Länder haben den besseren Zugang zu den Menschen, wenn es um individuelle Lösungen und Prüfverfahren geht.
Also Land. Wollen Sie überhaupt eine einheitliche Regelung? Ich halte viel davon, aber es gibt regionale Unterschiede, etwa bei Wohnkosten. Prinzipiell finde ich deshalb die Grundsatzgesetzgebung nicht schlecht.
Sie planen ergänzende Leistungen zur Mindestsicherung, etwa die Zusammenlegung von Wohnund Mietbeihilfe zu einem Wohngeld. Will man damit die Mindestsicherung austarieren? Nicht austarieren, sondern umgestalten. Das Wohngeld ist eine von vielen Ideen.
Sie warnen stets, dass Einschnitte bei der Mindestsicherung zu mehr Kriminalität führen. Gilt das auch, wenn jetzt die Gruppe der subsidiär Schutzberechtigten aus der Mindestsicherung fällt? Menschen, die aus dem untersten Sozialsystem fallen, sind trotzdem da. Verantwortungsvolle Politik fragt: Was ist die Konsequenz? Wir haben einen Rückgang der Kriminalität, und wenn Leute nicht wissen, wie sie ihr Leben bestreiten sollen, riskiert man, dass sie steigt.
Ist die Wartefrist für die Mindestsicherung für Nichtwiener, die Sie kritisch sehen, noch aktuell? Ich finde den Begriff Wartefrist nicht ideal. Prinzipiell sind Zugangskriterien im Sozialsystem aber nichts Neues. Aber auch hier müssen wir über die Konsequenzen nachdenken.
Derzeit sinkt die Zahl der Bezieher von Mindestsicherung, und das, obwohl andere Bundesländer ihre Regeln verschärft haben. Braucht es da überhaupt eine Wiener Wartefrist? Berechtigte Frage. Aber es ist noch zu früh für einen Schluss.
Das Spital Nord hat zwei Ihrer Vorgängerinnen den Job gekostet. Macht Sie das nervös? Nein.
Wieso? Politik hat immer eine Endlichkeit. Ich bin aber schon zu lang an der Schnittstelle von Verwaltung und Politik, um nervös zu sein.
Was lief beim Spital Nord schief? Mein Fokus liegt auf der Zukunft, nicht in der Vergangenheit.
Wird es Ende 2019 aufsperren? Es mehren sich Hinweise, dass der Termin wieder nicht hält, weil Fachärzte, Techniker fehlen. Ich höre auch einiges und habe dem Topmanagement im Krankenanstaltenverbund (KAV) deshalb den Auftrag gegeben, innerhalb von drei Wochen alle Zeitpläne durchzuarbeiten. Und ich möchte eine Darstellung aller Risken.
Was sagen Sie zu dem Energetikerauftrag für das Spital Nord? Zur Klarstellung: In diesem Ressort gibt es künftig nur mehr einen einzigen Energiekreis. Und der bin ich. Ich habe nichts dafür übrig, dass man für so etwas 100.000 Euro ausgibt. Ihre Vorgängerin, Sandra Frauenberger, wollte vom Spitalskonzept 2030 nicht abweichen. Neben deutlich mehr Geburten als im Konzept prognostiziert wurde aber auch die Zusammenlegung der Augenabteilungen gestoppt. Ist das Spitalskonzept nun offiziell gestorben? Nein. Man kann 2015 nicht einen Plan für 2030 machen, der genau so durchgezogen wird. Damit würde sich jeder unglaubwürdig machen. Es wird aber auf jeden Fall Änderungen im Sinn einer rollierenden Planung geben.
Wird das umstrittene Konzept zur Reform des KAV ebenfalls abgeändert? Es wird zu einer Anstalt öffentlichen Rechts kommen, die eine Rahmengestaltung hat, die meine Handschrift haben wird. Mit einer Organisation, die handlungsfähig ist, wo das Management seinen Job machen kann. Wo klar definiert ist, wer welche Verantwortung hat. Sonst kennt sich keiner aus, und keiner ist bereit, Verantwortung zu übernehmen.
Sind Gangbetten eigentlich ein notwendiges Übel? Es kann nicht sein, dass Menschen in einem Wiener Spital auf dem Gang übernachten müssen. Das ist inakzeptabel. Vor allem, wenn es daneben ein leeres Zimmer gibt. Gangbetten sind aber eine Frage des Managements vor Ort.
Und wenn das nicht funktioniert? Dann liegt die Verantwortung vor Ort. Meine Aufgabe ist, das klarzustellen. Das Management wird daher die Möglichkeit haben, Dinge zu verändern. Und die Pflicht.
Wie gehen Sie mit langen Wartezeiten in den Ambulanzen um? Es darf zu keinem Pingpong zwischen Spitälern und dem niedergelassenen Bereich kommen. Dazu werde ich Gespräche mit Ärztekammer und Sozialversicherung führen.