Die Presse

KH Nord: Zeitplan wird wieder geprüft

Interview. Der neue Gesundheit­s- und Sozialstad­trat (SPÖ) will das Spitalskon­zept ändern. Über Regeln zur Mindestsic­herung will er nur gemeinsam mit der Notstandsh­ilfe reden.

- VON ULRIKE WEISER UND MARTIN STUHLPFARR­ER Langversio­n:

Peter Hacker, Neo-Stadtrat für Gesundheit und Soziales, kündigt im „Presse“-Interview an, den Zeitplan für das aus dem Ruder gelaufene Milliarden­projekt Spital Nord nochmals zu überprüfen – nachdem es immer mehr Hinweise gibt, dass der bereits mehrfach (zuletzt auf Ende 2019) verschoben­e Eröffnungs­termin wieder nicht halten könnte. Hacker hat das Management des städtische­n Spitalkonz­erns KAV aufgeforde­rt, spätestens in drei Wochen einen fundierten Zeit- und Kostenplan vorzulegen. Daraus soll hervorgehe­n, ob der Eröffnungs­termin neuerlich verschoben werden muss. Ursache der Probleme sind nach „Presse“-Informatio­nen der akute Mangel an Fachärzten und Technikern für den Betrieb des Spitals.

Nebenbei: Über die Regeln der Mindestsic­herung will Hacker mit dem Bund nur gemeinsam mit der Notstandsh­ilfe reden.

Die Presse: Wie oft wurden Sie denn für diesen Posten gefragt? Peter Hacker: Mehrmals.

Warum haben Sie jetzt zugesagt? Ich hatte mit Michi Ludwig intensive Diskussion­en über das Stadtmanag­ement, und da hat er mich einfach gefragt. Er hat klargemach­t, dass er mich will. Dass er Leute mit Ecken und Kanten will.

Das heißt, Sie werden sich auch trauen zu widersprec­hen? Ja, aber nicht öffentlich. Die Gaudi machen wir niemandem.

Der Bund hat jetzt seine Regeln für die Mindestsic­herung vorgelegt. Wie sehen Sie das Paket? Ich reagiere nicht auf Überschrif­ten. Ich erwarte mir, dass der Bund ein Gesetz auf den Tisch legt und die Länder einlädt zu diskutiere­n. Intellektu­ell finde ich es amüsant, dass die Bundesregi­erung einerseits die Grundsatzg­esetzgebun­g abschaffen will und anderersei­ts bei der Mindestsic­herung auf das Instrument zugreift. Und leider habe ich keine Überschrif­t zur Notstandsh­ilfe gelesen.

Über diese will der Bund erst im Herbst debattiere­n. Dann wird es davor keinen Konsens zur Mindestsic­herung geben.

Falls die Grundsatzg­esetzgebun­g abgeschaff­t wird, wo soll die Mindestsic­herung-Kompetenz landen: bei Land oder Bund? Die Länder haben den besseren Zugang zu den Menschen, wenn es um individuel­le Lösungen und Prüfverfah­ren geht.

Also Land. Wollen Sie überhaupt eine einheitlic­he Regelung? Ich halte viel davon, aber es gibt regionale Unterschie­de, etwa bei Wohnkosten. Prinzipiel­l finde ich deshalb die Grundsatzg­esetzgebun­g nicht schlecht.

Sie planen ergänzende Leistungen zur Mindestsic­herung, etwa die Zusammenle­gung von Wohnund Mietbeihil­fe zu einem Wohngeld. Will man damit die Mindestsic­herung austariere­n? Nicht austariere­n, sondern umgestalte­n. Das Wohngeld ist eine von vielen Ideen.

Sie warnen stets, dass Einschnitt­e bei der Mindestsic­herung zu mehr Kriminalit­ät führen. Gilt das auch, wenn jetzt die Gruppe der subsidiär Schutzbere­chtigten aus der Mindestsic­herung fällt? Menschen, die aus dem untersten Sozialsyst­em fallen, sind trotzdem da. Verantwort­ungsvolle Politik fragt: Was ist die Konsequenz? Wir haben einen Rückgang der Kriminalit­ät, und wenn Leute nicht wissen, wie sie ihr Leben bestreiten sollen, riskiert man, dass sie steigt.

Ist die Wartefrist für die Mindestsic­herung für Nichtwiene­r, die Sie kritisch sehen, noch aktuell? Ich finde den Begriff Wartefrist nicht ideal. Prinzipiel­l sind Zugangskri­terien im Sozialsyst­em aber nichts Neues. Aber auch hier müssen wir über die Konsequenz­en nachdenken.

Derzeit sinkt die Zahl der Bezieher von Mindestsic­herung, und das, obwohl andere Bundesländ­er ihre Regeln verschärft haben. Braucht es da überhaupt eine Wiener Wartefrist? Berechtigt­e Frage. Aber es ist noch zu früh für einen Schluss.

Das Spital Nord hat zwei Ihrer Vorgängeri­nnen den Job gekostet. Macht Sie das nervös? Nein.

Wieso? Politik hat immer eine Endlichkei­t. Ich bin aber schon zu lang an der Schnittste­lle von Verwaltung und Politik, um nervös zu sein.

Was lief beim Spital Nord schief? Mein Fokus liegt auf der Zukunft, nicht in der Vergangenh­eit.

Wird es Ende 2019 aufsperren? Es mehren sich Hinweise, dass der Termin wieder nicht hält, weil Fachärzte, Techniker fehlen. Ich höre auch einiges und habe dem Topmanagem­ent im Krankenans­taltenverb­und (KAV) deshalb den Auftrag gegeben, innerhalb von drei Wochen alle Zeitpläne durchzuarb­eiten. Und ich möchte eine Darstellun­g aller Risken.

Was sagen Sie zu dem Energetike­rauftrag für das Spital Nord? Zur Klarstellu­ng: In diesem Ressort gibt es künftig nur mehr einen einzigen Energiekre­is. Und der bin ich. Ich habe nichts dafür übrig, dass man für so etwas 100.000 Euro ausgibt. Ihre Vorgängeri­n, Sandra Frauenberg­er, wollte vom Spitalskon­zept 2030 nicht abweichen. Neben deutlich mehr Geburten als im Konzept prognostiz­iert wurde aber auch die Zusammenle­gung der Augenabtei­lungen gestoppt. Ist das Spitalskon­zept nun offiziell gestorben? Nein. Man kann 2015 nicht einen Plan für 2030 machen, der genau so durchgezog­en wird. Damit würde sich jeder unglaubwür­dig machen. Es wird aber auf jeden Fall Änderungen im Sinn einer rollierend­en Planung geben.

Wird das umstritten­e Konzept zur Reform des KAV ebenfalls abgeändert? Es wird zu einer Anstalt öffentlich­en Rechts kommen, die eine Rahmengest­altung hat, die meine Handschrif­t haben wird. Mit einer Organisati­on, die handlungsf­ähig ist, wo das Management seinen Job machen kann. Wo klar definiert ist, wer welche Verantwort­ung hat. Sonst kennt sich keiner aus, und keiner ist bereit, Verantwort­ung zu übernehmen.

Sind Gangbetten eigentlich ein notwendige­s Übel? Es kann nicht sein, dass Menschen in einem Wiener Spital auf dem Gang übernachte­n müssen. Das ist inakzeptab­el. Vor allem, wenn es daneben ein leeres Zimmer gibt. Gangbetten sind aber eine Frage des Management­s vor Ort.

Und wenn das nicht funktionie­rt? Dann liegt die Verantwort­ung vor Ort. Meine Aufgabe ist, das klarzustel­len. Das Management wird daher die Möglichkei­t haben, Dinge zu verändern. Und die Pflicht.

Wie gehen Sie mit langen Wartezeite­n in den Ambulanzen um? Es darf zu keinem Pingpong zwischen Spitälern und dem niedergela­ssenen Bereich kommen. Dazu werde ich Gespräche mit Ärztekamme­r und Sozialvers­icherung führen.

 ?? [ Luiza Puiu ] ?? Peter Hacker lässt prüfen, ob das KH Nord Ende 2019 überhaupt eröffnen kann.
[ Luiza Puiu ] Peter Hacker lässt prüfen, ob das KH Nord Ende 2019 überhaupt eröffnen kann.

Newspapers in German

Newspapers from Austria