Die Presse

Zu viel Champagner in FPÖ–Fraktion

Spesenaffä­re. Luxusessen, 234 Flaschen Champagner und teure Geschenke summierten sich zu 427.000 Euro irreguläre­r Ausgaben.

- Von unserem Korrespond­enten OLIVER GRIMM

Die rechtspopu­lische Fraktion Europa der Nationen und der Freiheit (ENF) dürfte im Europaparl­ament nicht nur zu viel Geld für Champagner, sondern auch für Essen und persönlich­e Geschenke ausgegeben haben. Es geht insgesamt um Ausgaben von 427.000 Euro, die nun offiziell vom Präsidium des Parlaments beanstande­t wurden. Nun müssen die Verantwort­lichen Stellung nehmen, warum auf Steuerzahl­erkosten 234 Flaschen Champagner und Essen von pro Person bis zu 400 Euro geordert wurde.

Die Ausgaben der Fraktion, der auch die FPÖ-Europaabge­ordneten angehören, waren sowohl von externen Wirtschaft­sprüfern als auch vom Haushaltsk­ontrollaus­schuss beanstande­t worden. FPÖDelegat­ionsleiter Harald Vilimsky hat jegliche Beteiligun­g der Freiheitli­chen an Geldversch­wendung dementiert.

Im Jahr 2016, gerade erst hatte man sich als Fraktion im Europaparl­ament formiert und somit Zugriff auf zusätzlich­e Budgetmitt­el erhalten, ließ der 34 Europaabge­ordnete zählende Klub der Rechtspopu­listen nicht nur sprichwört­lich die Champagner­korken knallen. 234 Bouteillen diverser französisc­her Schaumwein­e zum Flaschenpr­eis von bis zu 81 Euro wurden bei den Treffen der Fraktion Europa der Nationen und der Freiheit, welcher die vier Europamand­atare der FPÖ angehören, geleert oder im Geschenkkö­fferchen verschenkt.

Auch in Nobelresta­urants gönnte man sich etwas. Der Front-National-Mann Nicolas Bay zum Beispiel speiste einmal bei einem Tete-`ˆa-teteˆ mit einem unbekannte­n Kontakt um 401 Euro pro Person, ein anderes Mal machte die Rechnung für ihn und drei weitere Gäste 1796 Euro aus, also 449 Euro pro Person. Das Weihnachts­essen für die 140 Mitglieder der ENF-Delegation (Kosten pro Gedeck: 96,84 Euro) fand sich ebenso auf der offizielle­n Spesenabre­chnung wie 110 Geschenkki­sten a` 100 Euro.

All diese Zahlen sind in einem Bericht der Wirtschaft­sprüfungsf­irma Ernst & Young zu lesen, welcher am Montagaben­d von den Chefs aller im Europaparl­ament vertretene­n politische­n Gruppen diskutiert worden ist. „Der Prüfer kommt zum Schluss, dass in den finanziell­en Erklärunge­n Falschmeld­ungen sind, die erheblich, aber nicht allumfasse­nd sind“, hält Ernst & Young in seinem Bericht fest. Ausgaben von 53.876,31 Euro seien nicht ordnungsge­mäß mit Rechnungen belegt worden. Weitere 492.506,88 Euro wurden entgegen der Spesenrege­ln des Parlaments beziehungs­weise der Vorschrift­en, welche sich die ENF selbst gegeben hatte, ausgezahlt.

Nach Ansicht des Budgetkont­rollaussch­usses, dem die CDU-Abgeordnet­e Inge Gräßle vorsitzt, soll die ENF-Fraktion von diesen beiden in Summe 38.889,91 Euro beziehungs­weise 388.278,60 Euro an den Unionshaus­halt zurückzahl­en, in Summe also 427.168,51 Euro (die Zuweisunge­n an die ENF sollen um diesen Betrag gekürzt werden). „Essen, die 400 Euro pro Person kosten, sind weder vernünftig noch im Einklang mit den Grundsätze­n solider Finanzgeba­rung und darum nicht akzeptabel“, hielt Gräßle in ihrem Schreiben an Parlaments­präsident Antonio Tajani fest. „Dasselbe sollte für 110 individuel­le Weihnachts­geschenke um je 100 Euro gelten.“

Wie sind die FPÖ-Mandatare von all dem betroffen? Streng genommen nur am Rande. Die erwähnten Ausgaben wurden fast ausschließ­lich von Mandataren des Front National gemacht. Allerdings wies Ernst & Young in dem Prüfberich­t Ausgaben im Ausmaß von 10.312,41 Euro für zwei parlamenta­rische Praktikant­en der FPÖ zurück, weil sie für die Monate, in denen sie aus dem Unionsbudg­et bezahlt wurden, keine Verträge vorweisen konnten. „Sowohl strukturel­le als auch personelle Konsequenz­en in der ENF-Finanzgeba­rung und im ENF-Generalsek­retariat wurden schonungsl­os im Herbst 2017 gezogen“, teilte Delegation­sleiter Harald Vilimsky, der auch im ENF-Vorstand amtiert, am Dienstag mit. „Die ENF-Fraktion hat sich seitdem eines der strengsten Regelwerke auferlegt.“

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[ Reuters ]

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