Zu viel Champagner in FPÖ–Fraktion
Spesenaffäre. Luxusessen, 234 Flaschen Champagner und teure Geschenke summierten sich zu 427.000 Euro irregulärer Ausgaben.
Die rechtspopulische Fraktion Europa der Nationen und der Freiheit (ENF) dürfte im Europaparlament nicht nur zu viel Geld für Champagner, sondern auch für Essen und persönliche Geschenke ausgegeben haben. Es geht insgesamt um Ausgaben von 427.000 Euro, die nun offiziell vom Präsidium des Parlaments beanstandet wurden. Nun müssen die Verantwortlichen Stellung nehmen, warum auf Steuerzahlerkosten 234 Flaschen Champagner und Essen von pro Person bis zu 400 Euro geordert wurde.
Die Ausgaben der Fraktion, der auch die FPÖ-Europaabgeordneten angehören, waren sowohl von externen Wirtschaftsprüfern als auch vom Haushaltskontrollausschuss beanstandet worden. FPÖDelegationsleiter Harald Vilimsky hat jegliche Beteiligung der Freiheitlichen an Geldverschwendung dementiert.
Im Jahr 2016, gerade erst hatte man sich als Fraktion im Europaparlament formiert und somit Zugriff auf zusätzliche Budgetmittel erhalten, ließ der 34 Europaabgeordnete zählende Klub der Rechtspopulisten nicht nur sprichwörtlich die Champagnerkorken knallen. 234 Bouteillen diverser französischer Schaumweine zum Flaschenpreis von bis zu 81 Euro wurden bei den Treffen der Fraktion Europa der Nationen und der Freiheit, welcher die vier Europamandatare der FPÖ angehören, geleert oder im Geschenkköfferchen verschenkt.
Auch in Nobelrestaurants gönnte man sich etwas. Der Front-National-Mann Nicolas Bay zum Beispiel speiste einmal bei einem Tete-`ˆa-teteˆ mit einem unbekannten Kontakt um 401 Euro pro Person, ein anderes Mal machte die Rechnung für ihn und drei weitere Gäste 1796 Euro aus, also 449 Euro pro Person. Das Weihnachtsessen für die 140 Mitglieder der ENF-Delegation (Kosten pro Gedeck: 96,84 Euro) fand sich ebenso auf der offiziellen Spesenabrechnung wie 110 Geschenkkisten a` 100 Euro.
All diese Zahlen sind in einem Bericht der Wirtschaftsprüfungsfirma Ernst & Young zu lesen, welcher am Montagabend von den Chefs aller im Europaparlament vertretenen politischen Gruppen diskutiert worden ist. „Der Prüfer kommt zum Schluss, dass in den finanziellen Erklärungen Falschmeldungen sind, die erheblich, aber nicht allumfassend sind“, hält Ernst & Young in seinem Bericht fest. Ausgaben von 53.876,31 Euro seien nicht ordnungsgemäß mit Rechnungen belegt worden. Weitere 492.506,88 Euro wurden entgegen der Spesenregeln des Parlaments beziehungsweise der Vorschriften, welche sich die ENF selbst gegeben hatte, ausgezahlt.
Nach Ansicht des Budgetkontrollausschusses, dem die CDU-Abgeordnete Inge Gräßle vorsitzt, soll die ENF-Fraktion von diesen beiden in Summe 38.889,91 Euro beziehungsweise 388.278,60 Euro an den Unionshaushalt zurückzahlen, in Summe also 427.168,51 Euro (die Zuweisungen an die ENF sollen um diesen Betrag gekürzt werden). „Essen, die 400 Euro pro Person kosten, sind weder vernünftig noch im Einklang mit den Grundsätzen solider Finanzgebarung und darum nicht akzeptabel“, hielt Gräßle in ihrem Schreiben an Parlamentspräsident Antonio Tajani fest. „Dasselbe sollte für 110 individuelle Weihnachtsgeschenke um je 100 Euro gelten.“
Wie sind die FPÖ-Mandatare von all dem betroffen? Streng genommen nur am Rande. Die erwähnten Ausgaben wurden fast ausschließlich von Mandataren des Front National gemacht. Allerdings wies Ernst & Young in dem Prüfbericht Ausgaben im Ausmaß von 10.312,41 Euro für zwei parlamentarische Praktikanten der FPÖ zurück, weil sie für die Monate, in denen sie aus dem Unionsbudget bezahlt wurden, keine Verträge vorweisen konnten. „Sowohl strukturelle als auch personelle Konsequenzen in der ENF-Finanzgebarung und im ENF-Generalsekretariat wurden schonungslos im Herbst 2017 gezogen“, teilte Delegationsleiter Harald Vilimsky, der auch im ENF-Vorstand amtiert, am Dienstag mit. „Die ENF-Fraktion hat sich seitdem eines der strengsten Regelwerke auferlegt.“