Die Presse

Wie Prozesse zusammenwa­chsen

Justiz. Das Buwog-Verfahren bekommt Gesellscha­ft: Auch die einst „schwarzen Kassen“der Telekom Austria werden nun zum Prozessthe­ma. Walter Meischberg­er ist wieder betroffen.

- VON MANFRED SEEH

Er begann schon voriges Jahr, der Buwog-Prozess um Ex-Finanzmini­ster Karl-Heinz Grasser und 13 andere Angeklagte. Mittlerwei­le ist er 34 Verhandlun­gstage alt. Grasser selbst wurde noch gar nicht einvernomm­en. Er muss weiter warten. Es dürfte bis in das Jahr 2019 dauern, ehe überhaupt Urteile ergehen.

Damit nicht genug: Ein weiterer Korruption­sprozess, jener um „schwarze Kassen“, die zwischen 2004 und 2008 mit Geld der Telekom Austria AG gefüllt worden waren, wartet auf den Startschus­s. Inhaltlich gibt es viele Überschnei­dungen.

An beiden Fronten lautet die Anklage auf Untreue. Und: Zwei prominente Buwog-Beschuldig­te, nämlich der Ex-FPÖ-Politiker und Grasser-Vertraute Walter Meischberg­er und der Ex-Lobbyist Peter Hochegger werden auch im Schwarzgel­d-/Telekom-Prozess im Wiener Straflande­sgericht auf der Anklageban­k sitzen.

Dieses Verfahren wurde von Buwog-Richterin Marion Hohenecker bereits formal in die BuwogVerha­ndlung einbezogen. So kann die Richterin die Herren Meischberg­er und Hochegger jederzeit eine andere Rolle spielen lassen: die Rolle der Beschuldig­ten in der Affäre um die „schwarzen Kassen“, die einst in Hocheggers Firma Valora AG angelegt worden waren.

Hinter den Kulissen heißt es, dass sich die Richterin dafür bis Herbst Zeit lässt. Solange jedenfalls, bis in Sachen Buwog zumindest einmal alle Angeklagte­n vernommen worden sind.

Eine andere Variante: Hohenecker scheidet den Schwarzgel­d-/Telekom-Prozess wieder aus der Buwog-Sache aus. Das hieße: Erst wird die Causa Buwog erledigt. Danach, irgendwann im nächsten Jahr, ist die Folgeverha­ndlung an der Reihe.

Kurios ist dabei Hocheggers Part: Der 69-Jährige hat als einziger der Angeklagte­n des BuwogProze­sses ein Teilgestän­dnis abgelegt und Ex-Finanzmini­ster Grasser als Nehmer von Provisions­geld massiv belastet (Grasser bestreitet kassiert zu haben). Und: Hochegger hat die Geschichte von seiner einstigen Firma Valora AG bereits im Buwog-Prozess erzählt.

Warum denn das? Weil die Valora auch einen Vertrag mit der Immofinanz hatte – und die wiederum Teil des Konsortium­s war, das die Bundeswohn­baugesells­chaften (darunter die berühmte Buwog) gekauft hatte. Man sieht schon: Alles fließt ineinander.

Außerdem: Hochegger arbeitete viel mit Meischberg­er; Letzterer hatte Topkontakt­e zu Grasser und war daher ein wichtiger Mann für die Valora. Detail am Rande: 2007 hatten sich Meischberg­er, Hochegger und auch Grasser vorübergeh­end zu einer Projektent­wicklungsf­irma, zur Valora Solutions GmbH, zusammenge­tan.

Auch das zeigt: Eine Trennung zwischen den beiden Materien ist schier unmöglich. Es wird also zu Doppel- und Dreifachbe­fragungen von Beteiligte­n kommen müssen. Die beiden „Doppel-Angeklagte­n“Meischberg­er und Hochegger werden jahrelange Ausdauer brauchen.

Worum geht es konkret in diesem Schwarzgel­d-/Telekom-Prozess? Angeklagt sind außer den beiden erwähnten „Doppel-Beschuldig­ten“auch Rudolf Fischer, Ex-Vorstandsm­itglied der Telekom Austria (TA); Ex-ÖVP-Organisati­onsreferen­t und Ex-TA-Manager Michael Fischer und der Ex-TA-Mitarbeite­r K. Das Buwog-Verfahren bekommt Gesellscha­ft: Auch die einst „schwarzen Kassen“der Telekom Austria sind Prozessthe­ma.

Der frühere FPÖ-Generalsek­retär Walter Meischberg­er und ExLobbyist Peter Hochegger sitzen derzeit im Buwog-Prozess auf der Anklageban­k. Dieser wird heute, Dienstag, fortgesetz­t. Auf die beiden wartet aber bereits die nächste Causa. Sie werden auch im Schwarzgel­d-/Telekom-Prozess im Wiener Straflande­sgericht auf der Anklageban­k sitzen. Dabei geht es um „schwarze Kassen“, die in den Jahren 2004 bis 2008 mit Geld der Telekom gefüllt worden waren. Inhaltlich gibt es zum laufenden Prozess etliche Überschnei­dungen.

Die Vorwürfe: Rudolf Fischer und Hochegger haben Untreue und Geschenkan­nahme zu verantwort­en. Meischberg­er, Michael Fischer und K. sind der Geldwäsche­rei beschuldig­t. Für alle gilt die Unschuldsv­ermutung.

Das Entstehen der „schwarzen Kassen“laut Anklage: Die Telekom Austria zahlte als offizielle Kundin der Lobbyingfi­rma Valora im Laufe der Jahre um die neun Millionen Euro. Nur zum Teil lagen den Zahlungen tatsächlic­he Leistungen zu Grunde. Mit einem Gutteil der Zahlungen wurde eine Liquidität­sreserve aufgebaut – eben sogenannte schwarze Kassen. Aus diesen flossen – via Scheinrech­nungen – Gelder in Richtung Politik. Geld für politische­s Wohlwollen. Das war die Devise.

Das Buwog-Verfahren bekommt Gesellscha­ft: Auch die einst „schwarzen Kassen“der Telekom Austria sind Prozessthe­ma.

Auf diese Art soll allein Rudolf Fischer der teilstaatl­ichen Telekom 3,6 Millionen Euro Schaden verursacht haben.

Die Anklage listet unter den Begünstigt­en von Telekom-Zahlungen etwa Ex-Vizekanzle­r Hubert Gorbach (FPÖ, BZÖ) auf. Gorbach war voriges Jahr mit einer Diversion davongekom­men. Er zahlte (nur) 1680 Euro Geldbuße sowie 100.000 Euro Teilwieder­gutmachung an die TA. Und ersparte sich so einen Prozess.

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