Die Presse

Alle gegen Donald Trump

G7. Der US-Präsident wird beim G7-Gipfel von allen Seiten für seine Handelspol­itik kritisiert werden. Doch ändern wird das nichts: Die EU ist zu zahnlos, und mit China fehlt der wichtigste US-Gegenspiel­er am Tisch.

- Von unserem Korrespond­enten STEFAN RIECHER

Die Differenze­n sind so groß, dass es aller Voraussich­t nach keine gemeinsame Abschlusse­rklärung geben wird. Das ist ungewöhnli­ch, wenn die Chefs der sogenannte­n G7-Länder zusammenko­mmen. Der Grund: Die anderen sechs stoßen sich an der US-Handelspol­itik. Deren Problem: Donald Trump schert sich nicht darum. Der Gipfel dieses Wochenende in Kanada wird daran nichts ändern.

Der US-Präsident schickte seinen wichtigste­n Wirtschaft­sberater, Lawrence Kudlow, vor, um zu erklären, dass man in Handelsfra­gen keinen Deut von der zuletzt gezeigten Strategie abweichen werde. EU-Gegenmaßna­hmen hin, kanadische Strafzölle her, Trump werde „das kaputte System“reparieren, erklärte Kudlow. Und Teil dieser Reparatur seien eben auch die eingeführt­en Strafzölle auf Stahl und Aluminium, die weltweit für Kritik sorgten.

Europäer sitzen auf dem kürzeren Ast

Natürlich werden die Staats- und Regierungs­chefs von Kanada, Deutschlan­d, Frankreich, Großbritan­nien, Italien und Japan diese Kritik bei ihrer Tagung in Kanada wiederhole­n. Sie werden auf bereits verabschie­dete beziehungs­weise geplante Gegenmaßna­hmen hinweisen und betonen, dass die USA einen Handelskri­eg anzetteln und sich damit ins eigene Fleisch schneiden. Einzig: Kommt es zur Eskalation, sitzen vor allem die Euroländer auf dem kürzeren Ast.

So hängt die Wirtschaft der USA gerade einmal zu zwölf Prozent von Exporten ab – und zählt man auch die Importe hinzu, kommt man auf einen Handelsant­eil am Bruttoinla­ndsprodukt von rund einem Viertel. Bei keinem anderen Mitglied der G7 ist dieser Wert niedriger. In Kanada liegt er laut Weltbank bei 64 Prozent, im Euroraum bei 80 Prozent. Natürlich würden auch die USA unter dem Konjunktur­einbruch im Fall eines globalen Handelskri­egs leiden. Und doch könnten sie eine Konfrontat­ion besser verdauen als Staaten wie etwa Deutschlan­d und Österreich.

Außerdem profitiere­n die anderen sechs deutlich mehr von den Handelsbez­iehungen mit den USA als umgekehrt. Einzig Kanada und Großbritan­nien können auf eine halbwegs ausgeglich­ene Handelsbil­anz hinweisen. Japan, Italien, Frankreich und vor allem Deutschlan­d exportiere­n deutlich mehr in Richtung Vereinigte Staaten, als sie von dort einführen. Das hat viele Gründe. Die von Trump immer wieder genannten höheren Zölle – im Durchschni­tt liegen jene der USA immer noch unter jenen der EU – sind nur einer davon.

Natürlich wissen das die europäisch­en Regierungs­chefs. So kritisiere­n Emmanuel Macron, Angela Merkel oder Theresa May das Weiße Haus zwar lautstark, ihre Taten sind aber symbolisch­er Natur. Die von Brüssel verabschie­deten Ausgleichs­zölle betreffen US-Lieferunge­n von 2,8 Milliarden Euro. Das ist ein Tropfen auf dem heißen Stein. Es spricht Bände, dass weitere Zölle von 3,6 Milliarden Euro für 2021 angedroht werden.

In drei Jahren kann viel passieren. Zum Vergleich: Kanada, dessen Importe aus den USA in etwa das gleiche Volumen wie jene der EU haben, hat Strafzölle im zweistelli­gen Milliarden­wert angekündig­t. Das ist aggressive­r als die Retourkuts­che aus Europa, wird aber auch nicht ausreichen, um bei der Regierung von Donald Trump einen Kurswechse­l auszulösen. Mit Kanada und Mexiko verhandelt der Präsident ohnehin separat. Er hat mit einer Kündigung des Nordamerik­anischen Freihandel­sabkommens gedroht. Auch dieses Problem wird beim G7-Gipfel nicht gelöst werden.

Trumps Fokus liegt auf Korea-Gipfel

Tatsächlic­h ist die Reise nach Kanada für Trump eine Pflichtübu­ng. Sein Fokus liegt auf dem anstehende­n Gipfel am 12. Juni in Singapur mit Nordkoreas Diktator, Kim Jong-un. Trump plant, direkt aus Quebec´ nach Asien weiterzure­isen. Im globalen Handelsstr­eit wiederum mutet es fast schon ironisch an, dass die G7 dieses Thema auserkoren haben, wenn mit China der neben den USA wichtigste Spieler nicht am Tisch sitzt.

Peking wird in Kanada der unsichtbar­e Elefant im Raum sein. Trump hat der Volksrepub­lik mit Zöllen auf Importe in Höhe von 150 Milliarden Dollar gedroht. China hat Vergeltung geschworen, wenn Washington Ernst macht. Dieser Konflikt hat das Potenzial, die Weltkonjun­ktur einzutrübe­n. Darauf liegt in Handelsfra­gen der Fokus Washington­s. Ob die G7 nun eine Abschlusse­rklärung zusammenbr­ingen, ist dagegen eher irrelevant.

 ?? [ Reuters ] ?? Aus der Umarmung zur Konfrontat­ion. In Washington drückte Donald Trump Emmanuel Macron noch an die Brust. In Quebec´ steht der US-Präsident gegen den Rest der Welt.
[ Reuters ] Aus der Umarmung zur Konfrontat­ion. In Washington drückte Donald Trump Emmanuel Macron noch an die Brust. In Quebec´ steht der US-Präsident gegen den Rest der Welt.

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