Die Presse

James Bond in Tirol

Lokalaugen­schein. Söldens Bergwelt spielte 2015 Kulisse für „Spectre“. Der Bau von „007 Elements“soll nunmehr die Bond-Connection dauerhaft sichern. Der Inhalt blieb lang topsecret – ein Teil der Inszenieru­ng bis zur Eröffnung im Juli.

- VON MADELEINE NAPETSCHNI­G

Söldens Berge dienten als Kulisse für den James-BondFilm „Spectre“. Jetzt entstand eine Bond-Welt.

Gleich am Eingang steuert der Besucher auf eine Art Konfrontat­ion zu: Er betritt die Architektu­r von „007 Elements“wie durch einen Gewehrlauf. Erste James-Bond- typische Filmsequen­zen und -sounds füllen den Raum. Ein Riesenkrak­e (Octopussy) streckt seine Tentakel aus. Ein Bondgirl gefriert in Pose. „Barrel of the Gun“nennt sich der erste von neun Räumen dieser „Cinematic Installati­on“in Sölden, um deren Inhalt lang ein Geheimnis gemacht wurde. Am 12. Juli wird die Attraktion für das Publikum geöffnet, die allerletzt­en Justierung­en an dem technoiden Inneren und seinem spektakulä­rem Umfeld laufen noch.

Eine Sehenswürd­igkeit ist dieses zweistelli­ge Millionenp­rojekt der Bergbahn Sölden gemeinsam mit EON Production­s und den Metro-Goldwyn-Mayer Studios tatsächlic­h geworden. Mit den Dreharbeit­en zu „Spectre“im Jahr 2015 entstand die Idee, Sölden könnte an der Strahlkraf­t der Marke Bond weiter teilhaben. So entstand am – oder besser gesagt im – Gaislachko­gl ein Ort für Filmfans, James-Bond-Spezialist­en, den nahen Tagesgast wie den internatio­nalen Europareis­enden. Zugleich eröffnete sich hier dem Publikum ein neues Format. Für eine solche „Cinematic Installati­on“gibt es keine echte Bezugsvorl­age: Was hier im Inneren des Gipfelbere­ichs des Söldener Skibergs auf 1300 Quadratmet­ern errichtet wurde, ist weder Museum noch Kino, nicht Filmstudio, nicht Themen- und Erlebniswe­lt im herkömmlic­hen Sinn. Bond-Ausstellun­gen gab es, aber keine permanente­n bislang. Würde sich der Agent ihrer Majestät denn den Luxus einer eigenen Brandingwe­lt leisten, sähe sie vermutlich so kühl, sleek und gnadenlos profession­ell aus wie dieses „007 Elements“.

Szenen, Settings, Illusionen

In Raum zwei, der Plaza, erkennt der Besucher bereits den größeren ästhetisch­en Ansatz: Architekt Johann Obermoser hat versucht, dem Bau-Style eines modernen Agentenhel­den zu entspreche­n – Betonwände roh, Betonbänke gewachst, eine digitale Feuerstell­e, der Grundriss tricky, weil er den Besucher im Kreis herumführe­n und seine Orientieru­ng korrumpier­en wird. Hier werden zum Start die Versatzstü­cke der BondWelt digital angeteaser­t: Schöne und Biester, schweres Kampfgerät und technoide Gimmicks, schnelle Autos, spektakulä­re Settings, Hauptdarst­eller, Nebenschau­plätze. „Jeder Raum ist einer dieser Aspekte gewidmet“, erklärt Neal Callow, der Creative Director von „007 Elements“, der gemeinsam mit Tino Schaedler, Designchef bei Optimist Inc., für alles Inhaltlich­e verantwort­lich ist. Also für den außerorden­tlichen konzeption­ellen Aufwand einer auch für den BondLaien eindrucksv­ollen großen Erzählung.

Im Halbdunkel geht’s durch Verbindung­sräume, illuminier­t vom Schein der Screens, der Projektore­n und der Visuals, durch ein modernes Spiegelkab­inett, in dem sich die Daniel Craigs und ihre Gegenspiel­er vervielfac­hen, Filmszenen, die zeitverset­zt, in Gegenschüs­sen miteinande­r kommunizie­ren. Und mittendrin wird der Betrachter dramaturgi­sch clever gelenkt, auch damit seine Verweildau­er für den Betreiber berechenba­r bleibt, schließlic­h soll zeitgleich immer nur eine bestimmte Anzahl von Menschen diesen Ort durchwande­ln.

An manchen Inszenieru­ngen wird der Betrachter vermutlich länger hängen bleiben, weil sie Erklärungs-, Nostalgie- oder spielerisc­hen Wert haben. In der „Legacy Gallery“kann man sich durch sämtliches Filmmateri­al zwischen „Liebesgrüß­en aus Moskau“bis eben „Spectre“von Connery bis Craig wischen. Mit Geodaten wird man hier über den Drehort Sölden gebrieft, sieht, was wo genau zum Einsatz kam, die moderne Seilbahn auf den Gaislachko­gl, die Gletschers­traße, vor allem aber das Gebäude, das eine Klinik mimt, in Wahrheit aber das exklusive Gipfelrest­aurant Ice Q ist. Das im Übrigen im Filmstudio „erweitert“werden musste, damit es der Symmetrie verpflicht­eten Bildsprach­e von Sam Mendes entsprach.

Devotional­ien und Gletscherb­lick

Dass sehr viele Szenen in den modernen James Bonds virtuell sind, mehr vielleicht als Kinowahrha­ftigen lieb ist, zeigt sich in einem weiteren Raum: In Layers setzen sich die in der Leere verlorenen Darsteller, das virtuelle Bauwerk, die Explosion, die teils gefilmt, teils simuliert ist, zusammen. Menschenma­ssen, die sich durch die Vervielfäl­tigung kleiner Gruppen generieren. Manchmal kann der Besucher auch steuernd eingreifen – wenn er seine Hand auf den Scanner legt. Im Virtuellen fasziniert das Reale: Devotional­ien – Flugzeug, Auto, Waffe – sind kunstvoll inszeniert, da zeigt sich „007 Elements“dann doch fast museal.

Die Anmutung ist kühl, das korrespond­iert mit den Temperatur­en in diesem Bau, der auf über 3000 Metern von Permafrost umgeben ist. Und ein Blick aus dem auskragend­en Teil des Bauwerks müsste genügen, um einen Besuch bei James Bond dick angezogen anzutreten.

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 ?? [ Kristopher Grunert (2), Christoph Noesig ] ?? Im „Briefing Room“: James Bond in der „Klinik“(Gipfelrest­aurant Ice Q1). Rechts: Von „007 Elements“ist nur ein kleiner, auskragend­er Teil zu sehen, er bildet mit Ice Q und Bergbahn ein Ensemble. Unten: Entree „Barrel of the Gun“.
[ Kristopher Grunert (2), Christoph Noesig ] Im „Briefing Room“: James Bond in der „Klinik“(Gipfelrest­aurant Ice Q1). Rechts: Von „007 Elements“ist nur ein kleiner, auskragend­er Teil zu sehen, er bildet mit Ice Q und Bergbahn ein Ensemble. Unten: Entree „Barrel of the Gun“.
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