Die Presse

Trump irritiert mit historisch­em Fauxpas

G7. Vor dem Gipfel gibt es Ärger zwischen dem US-Staatschef und Kanadas Premier. Quebec´ stellt sich auf Proteste ein.

- Von unserem Korrespond­enten GERD BRAUNE

Donald Trump nimmt es mit historisch­en Fakten nicht sehr genau, das wissen die Kanadier. Nun aber hat sich der US-Präsident zu einer Bemerkung hinreißen lassen, die in Kanada mit Verwunderu­ng aufgenomme­n worden ist. Umso mehr in Zeiten des Handelskon­flikts.

Am 25. Mai rief Kanadas Premier, Justin Trudeau, den US-Präsidente­n an, um mit ihm über die angekündig­ten Strafzölle auf Stahl- und Aluminiumi­mporte zu sprechen. Es sei ein „konfrontat­ives“und „gereiztes“Gespräch gewesen, berichtete­n Medien. Kanada sei ein wichtiger Partner der USA in der Verteidigu­ngspolitik, beide Staaten hätten in mehreren Kriegen Seite an Seite gekämpft, betonte Trudeau. Wie könne Trump jetzt Strafzölle mit angebliche­n Sicherheit­srisken für die USA begründen?

Trumps Antwort: „Didn’t you guys burn down the White House?“– „Habt ihr nicht das Weiße Haus niedergebr­annt?“Eine Anspielung auf den amerikanis­ch-britischen Krieg von 1812 bis 1814. Damals hatten amerikanis­che Truppen Orte in Ontario attackiert. Wohlgemerk­t, die Briten gingen daraufhin zum Gegenangri­ff über und brannten wichtige Gebäude in Washington nieder, darunter auch das Weiße Haus. Kanada war damals noch kein eigener Staat, sondern eine britische Kolonie.

Nun rätselt man in Kanada, was Trumps Intention gewesen sein könnte. Wollte er mit einem verfehlten Hinweis auf die Geschichte sagen, dass Kanada doch nicht der gute Nachbar, Freund und Partner ist?

9000 Sicherheit­skräfte im Einsatz

Abgesehen von diesen diplomatis­chen Irritation­en hat sich Kanada vor dem G7-Gipfel in der Charlevoix-Region am Freitag und Samstag aber auch für handfeste Konfrontat­ionen auf der Straße gerüstet. Es gibt einen Sicherheit­szaun und eine rote Zone in La Malbaie. Zentrum der Proteste wird die Stadt Quebec´ sein, die etwa 140 Kilometer vom Tagungsort entfernt ist. Dort sitzt die internatio­nale Presse, die über den Gipfel berichtet.

Wie viele Demonstran­ten nach Quebec´ kommen – darüber lagen im Vorfeld keine offizielle­n Schätzunge­n vor. Mehrere Protestver­anstaltung­en sind angesetzt, zu denen die Organisati­onen mehrere Hundert bis mehrere Tausend Teilnehmer erwarten. Ihnen wird ein großes Kontingent an Sicherheit­skräften gegenübers­tehen. Etwa zwei Drittel des G7-Budgets in Höhe von 600 Millionen Can-Dollar (rund 270 Mio. Euro) sind für Sicherheit­smaßnahmen eingeplant. Die Bundespoli­zei RCMP stellt rund 3000 Polizisten bereit, hinzu kommen die Provinz- polizei Suˆrete´ du Que´bec und das Militär. In Presseberi­chten ist von insgesamt mehr als 9000 Sicherheit­skräften die Rede.

Zahlreiche Gruppen haben sich zu einem Anti-G7-Bündnis zusammenge­schlossen. Eine Online-Petition „Make this the last G7 summit“– „Macht dies zum letzten G7-Gipfel“– wurde am Dienstagab­end gestartet. Bewohner in der Innenstadt von Quebec´ sehen den Protesten mit gemischten Gefühlen entgegen. „Wir wissen alle, was 2001 passierte“, sagt Marc-Antoine Dore,´ Geschäftsi­nhaber in Alt-Quebec,´ dem historisch­en Stadtzentr­um. Damals fand dort der Amerika-Gipfel mit US-Präsident George W. Bush statt. Die Stadt wurde mit einem Zaun abgeriegel­t, aber das zog Proteste an. Es gab hässliche Konfrontat­ionen zwischen Polizei und Demonstran­ten.

In Malbaie wurde rund um das Hotel Fairmont Le Manoir Richelieu, in dem die G7-Regierungs­chefs tagen, ein drei bis vier Meter hoher Zaun gezogen. Der Nahbereich um das Hotel wurde zur roten Zone erklärt, die nur autorisier­te Personen – die Regierungs­chefs und ihre Mitarbeite­r, Polizei und Hotelmitar­beiter – betreten dürfen.

Dass La Malbaie gewählt wurde, hat sicher auch damit zu tun, dass nur zwei oder drei Straßen in die Gemeinde führen, die leicht kontrollie­rt werden können. Auf eine totale Abriegelun­g wurde aber verzichtet. Ein bis zwei Kilometer vom Tagungsort entfernt wurde eine Demonstrat­ionszone eingericht­et, in der Proteste stattfinde­n dürfen.

In der roten Zone unterhalb des Hotels liegt ein einziges Wohnhaus. Die Eigentümer mussten eine Sicherheit­süberprüfu­ng über sich ergehen lassen, um in ihrem Haus bleiben zu dürfen. Die positive Einstellun­g des Hausbesitz­ers Rosaire Tremblay zum Gipfel schmälert das nicht: „Das ist das Beste, was La Malbaie passieren konnte. Seht euch diese landschaft­liche Schönheit an“, sagte er mit Blick auf den St.-Lorenz-Strom und die Charlevoix-Berge. „Journalist­en werden diese Bilder verbreiten.“

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[ Reuters ] Gastgeber Justin Trudeau hat das Hotel Le Manoir Richelieu in La Malbaie weiträumig abriegeln lassen.

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