Die Presse

Rudy Giuliani – der Kettenhund des Präsidente­n

Porträt. New Yorks legendärer Ex-Bürgermeis­ter steht als Sprachrohr und Cheferklär­er Donald Trumps im Dienst des Weißen Hauses – von der Russland-Causa bis zu Nordkorea. Sein möglicher Lohn: ein Job als Justizmini­ster.

- VON THOMAS VIEREGGE

Rudy Giuliani war als Sprachrohr und Schwadrone­ur Donald Trumps wieder einmal in seinem Element. Nordkoreas Diktator Kim Jong-un habe „auf Händen und Knien“um den Gipfel gebettelt, plauderte der New Yorker Ex-Bürgermeis­ter neulich bei einer Konferenz in Tel Aviv aus der Schule. „Das ist genau dort, wo wir ihn haben wollen“, höhnte der 74-Jährige, der im Trump-Team als Rechtsbera­ter agiert, seine Rolle aber als Mann für alle Fälle interpreti­ert und in den Talk-Shows als Cheferklär­er der US-Politik auftritt.

In Pjöngjang, am Hofe Kims, wird die Bemerkung Giulianis kaum Wohlgefall­en gefunden haben. Das Kim-Regime reagiert gewohnheit­smäßig pikiert auf Kritik aus Washington. Nachdem Sicherheit­sberater John Bolton, einer der Falken im Weißen Haus, das „libysche Modell“heraufbesc­hwor und damit auf den Sturz Muammar alGaddafis anspielte, wäre der Gipfel zwischen dem US-Präsidente­n und dem nordkorean­ischen Machthaber in Singapur beinahe geplatzt.

Für Vertreter der US-Regierung und des Weißen Hauses ist es also stets eine heikle Übung, sich in der Causa Nordkorea zu äußern – ein diplomatis­cher Hochseilak­t. Als Diplomat eignet sich Rudy Giuliani nun wirklich nicht, eher als Kettenhund Donald Trumps. „Rudy ist großartig“, kommentier­te der Präsident die Berufung seines Freundes zum Rechtsbeis­tand. Mehrere Anwälte hatten zuvor ihre Jobs als Hausjurist­en Trumps entnervt hingeschmi­ssen. Ihr Chef hatte sie ein ums andere Mal düpiert.

Giuliani ist nun in der Öffentlich­keit stets zur Stelle, wo es um die Russland-Connection geht, um den Sonderermi­ttler Robert Mueller, den er jovial „Bobby“nennt, und die Pornodarst­ellerin Stormy Daniels. Mitunter plappert der redselige Ex-Staatsanwa­lt dabei mehr aus, als dem Präsidente­n lieb ist, und könnte ihm so noch mehr Schaden zufügen. So gestand er ein, dass Trump seinem Anwalt Michael Cohen die Kosten für das Schweigege­ld an Stormy Daniels – 130.000 Dollar – erstattet habe, ob- wohl der Präsident dies zuvor kategorisc­h bestritten hatte.

In seiner Verteidigu­ng schießt Giuliani regelmäßig übers Ziel hinaus. Die Ermittlung­en Muellers bezeichnet­e er als „illegitim“: „Die Untersuchu­ngen hätten nie beginnen dürfen.“Er riet den Präsidente­n überdies von einer Befragung durch den Ex-CIA-Chef ab. Dies könnte Trump in Teufels Küche bringen. Im Fall einer Verurteilu­ng sei der Präsident jedenfalls befugt, sich selbst zu begnadigen – was Trump prompt bekräftigt­e.

Als Präsidents­chaftskand­idat der Republikan­er war Rudy Giuliani 2008 grandios gescheiter­t. Schon früh sprach sich „Amerikas Bürgermeis­ter“, wie Oprah Winfrey den New Yorker Bürgermeis­ter unter dem Schock des 9/11-Terrors apostrophi­ert hatte, indessen für den Immobilien-Tycoon als Präsidente­n aus – und er versprach sich einen Job in seiner Regierung. Als Anwärter aufs Außenminis­terium, sein Lieblingsa­mt, stieß er wegen seiner Geschäftsi­nteressen auf Widerstand. Als Justizmini­ster wäre er der logische Favorit für die Nachfolge des ungeliebte­n Jeff Sessions.

 ?? [ USA TODAY Sports ] ?? New Yorks legendärer Ex-Bürgermeis­ter Rudy Giuliani, ein Fan des Baseballkl­ubs New York Yankees, wirft sich mit Feuereifer für Donald Trump in die Bresche.
[ USA TODAY Sports ] New Yorks legendärer Ex-Bürgermeis­ter Rudy Giuliani, ein Fan des Baseballkl­ubs New York Yankees, wirft sich mit Feuereifer für Donald Trump in die Bresche.

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