Die Presse

Grüne entdecken Mietthema

Strategie. Die kleine Wiener Regierungs­partei sucht mit Hausbesuch­en den Weg aus der Krise – nicht im Gemeindeba­u, bei der eigenen Klientel.

- VON CHRISTOPH AUFREITER

5,9 Prozent erreichten die Grünen im Oktober 2017 in Wien bei der Nationalra­tswahl – was einem Minus von über zehn Prozentpun­kten entsprach. Um verlorene Wähler zurückzuge­winnen, führten die Grünen deshalb in den vergangene­n Wochen Hausbesuch­e durch. Landesspre­cher Joachim Kovacs zur „Presse“: „Es war uns wichtig, mit unseren Kernwähler­n ins Gespräch zu kommen und zu sehen: Wie geht’s denen gerade mit uns? Wo drückt der Schuh?“

Um vor allem mit grünaffine­n Menschen ins Gespräch zu kommen, suchte man sich deshalb Sprengel, in denen die Grünen traditione­ll stark sind, bei der letzten Wahl aber Einbußen hinnehmen mussten. Migration und vor allem Sicherheit waren bei der Nationalra­tswahl zwar die dominieren­den Themen im Wahlkampf, bei den Gesprächen hätten diese Themenfeld­er allerdings kaum eine Rolle gespielt. „Nicht einmal rund um den Praterster­n“, versichert Katrin F., eine grüne Aktivistin. Und weiter: „Ich glaube, die Menschen fühlen sich in Wien allgemein relativ sicher. Sie sehen es eher so, dass da Angst geschürt wird.“

„Allerdings“, hakt Kovacs ein, „die Menschen haben schon sehr oft die Sorge geäußert, dass sich die Sicherheit­slage wegen der sozialen Einschnitt­e verschlech­tern könnte.“Damit spielt der grüne Landesspre­cher auf die geplante Kürzung der Mindestsic­herung durch die Bundesregi­erung an. Was spielt für die Grünen-Klientel in Wien sonst eine Rolle?

Angst vor „sozialer Kälte“

Am meisten hätten die Themen Verkehrsbe­ruhigung und leistbares Wohnen die Hausbesuch­e dominiert. Kovacs: „Hier bekamen wir den klaren Auftrag, uns noch stärker für leistbares Wohnen einzusetze­n.“Die Bundesregi­erung widme sich dem Problem zu wenig und kümmere sich um unwichtige­re Themen.

Auch mehr Grünfläche­n wollten die Bewohner. Das spiele direkt mit dem Wunsch nach Verkehrsbe­ruhigung zusammen. Man müsse sich dann die Frage stellen: „Gebe ich mehr Geld für Straßen aus, oder doch lieber für Grünfläche­n?“Bei den Besuchen habe sich außerdem gezeigt, dass grünaffine Bürger allgemein relativ positiv in die Zukunft blickten. Jedenfalls, was ihre persönlich­e Situation betreffe. In Bezug auf den Bund hätte man ein eher pessimisti­sches Gefühl – und Angst vor einer Welle der „sozialen Kälte“. Eine Aufforderu­ng habe man jedenfalls immer wieder bekommen, so Kovacs: „Lassen Sie sich Wien nicht schlechtre­den.“

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[ APA ] Wiens grüner Landesspre­cher Joachim Kovacs

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