Grüne entdecken Mietthema
Strategie. Die kleine Wiener Regierungspartei sucht mit Hausbesuchen den Weg aus der Krise – nicht im Gemeindebau, bei der eigenen Klientel.
5,9 Prozent erreichten die Grünen im Oktober 2017 in Wien bei der Nationalratswahl – was einem Minus von über zehn Prozentpunkten entsprach. Um verlorene Wähler zurückzugewinnen, führten die Grünen deshalb in den vergangenen Wochen Hausbesuche durch. Landessprecher Joachim Kovacs zur „Presse“: „Es war uns wichtig, mit unseren Kernwählern ins Gespräch zu kommen und zu sehen: Wie geht’s denen gerade mit uns? Wo drückt der Schuh?“
Um vor allem mit grünaffinen Menschen ins Gespräch zu kommen, suchte man sich deshalb Sprengel, in denen die Grünen traditionell stark sind, bei der letzten Wahl aber Einbußen hinnehmen mussten. Migration und vor allem Sicherheit waren bei der Nationalratswahl zwar die dominierenden Themen im Wahlkampf, bei den Gesprächen hätten diese Themenfelder allerdings kaum eine Rolle gespielt. „Nicht einmal rund um den Praterstern“, versichert Katrin F., eine grüne Aktivistin. Und weiter: „Ich glaube, die Menschen fühlen sich in Wien allgemein relativ sicher. Sie sehen es eher so, dass da Angst geschürt wird.“
„Allerdings“, hakt Kovacs ein, „die Menschen haben schon sehr oft die Sorge geäußert, dass sich die Sicherheitslage wegen der sozialen Einschnitte verschlechtern könnte.“Damit spielt der grüne Landessprecher auf die geplante Kürzung der Mindestsicherung durch die Bundesregierung an. Was spielt für die Grünen-Klientel in Wien sonst eine Rolle?
Angst vor „sozialer Kälte“
Am meisten hätten die Themen Verkehrsberuhigung und leistbares Wohnen die Hausbesuche dominiert. Kovacs: „Hier bekamen wir den klaren Auftrag, uns noch stärker für leistbares Wohnen einzusetzen.“Die Bundesregierung widme sich dem Problem zu wenig und kümmere sich um unwichtigere Themen.
Auch mehr Grünflächen wollten die Bewohner. Das spiele direkt mit dem Wunsch nach Verkehrsberuhigung zusammen. Man müsse sich dann die Frage stellen: „Gebe ich mehr Geld für Straßen aus, oder doch lieber für Grünflächen?“Bei den Besuchen habe sich außerdem gezeigt, dass grünaffine Bürger allgemein relativ positiv in die Zukunft blickten. Jedenfalls, was ihre persönliche Situation betreffe. In Bezug auf den Bund hätte man ein eher pessimistisches Gefühl – und Angst vor einer Welle der „sozialen Kälte“. Eine Aufforderung habe man jedenfalls immer wieder bekommen, so Kovacs: „Lassen Sie sich Wien nicht schlechtreden.“