Die Presse

Portugal setzt auf Effizienz und Ronaldo

Gruppe B. Der Europameis­ter versprüht unter Fernando Santos wenig spielerisc­hen Glanz, in der Offensive dreht sich alles um Cristiano Ronaldo. Der Superstar reist mit Bodyguard und getrübter Stimmung zur letzten WM-Chance an.

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Der EM-Sieg 2016 glich für Portugal einer Erlösung. Die Nation sah goldene Generation­en von Fußballern – Eusebio bis Lu´ıs Figo – kommen und gehen, der große Titel aber wollte nicht gelingen. Vor zwei Jahren dann der Finalsieg gegen Frankreich, und das ausgerechn­et ohne Superstar Cristiano Ronaldo, der sich früh in der Partie verletzt hatte. In Russland gilt es sich nun an der Spitze zu behaupten, in Gruppe B warten abgesehen von Spanien mit dem Iran und Marokko durchaus machbare Aufgaben.

Gleich zehn Europameis­ter hat Teamchef Fernando Santos für Russland nicht nominiert, darunter den Goldtorsch­ützen Eder oder Jungstar Renato Sanches. Das Um und Auf der Mannschaft ist nach wie vor Ronaldo. Der Angreifer von Real Madrid ist inzwischen 33 Jahre alt, mit 149 Einsätzen und 81 Treffern längst Rekordspie­ler und -torschütze seines Landes. Gemeinsam mit Pepe, Joao˜ Moutinho und Ricardo Quaresma bildet er unter Teamchef Santos das routiniert­e Rückgrat im Team, Goncalo¸ Guedes (21, Valencia) und Andre´ Silva (22, AC Milan) könnten sich ins Rampenlich­t spielen.

Santos ist dafür bekannt, Effizienz über spielerisc­hen Glanz zu stellen. Die Bilanz von nur einer Pflichtspi­elniederla­ge (gegen die Schweiz) seit seinem Amtsantrit­t im September 2014 gibt ihm recht. „Man kann die EM und die WM nur gewinnen, wenn man gut spielt. Das Konzept, was schön ist und was nicht, ist etwas anderes“, erklärte der 62-Jährige. Zudem kann Santos auf ein besonders gutes Vertrauens­verhältnis mit Ronaldo bauen, den er seit dessen Jugend bei Sporting Lissabon kennt.

In der WM-Qualifikat­ion stellte Portugal mit nur vier Gegentoren in zehn Spielen die beste Abwehr nach Deutschlan­d und England (je drei), in der Offensive aber hängt sehr viel, womöglich zu viel, von Ronaldo ab. 15 und damit beinahe die Hälfte der 32 erzielten Tore gingen auf das Konto des Kapitäns. „Wir wissen, dass wir nicht der Favorit sind, und müssen realistisc­h bleiben, aber im Fußball ist nichts unmöglich“, sagte Ronaldo und versprach: „Wir werden wie bei der EM unser Bestes geben und dann schauen, was herauskomm­t.“

Für den fünfmalige­n Weltfußbal­ler lief es auf WM-Ebene bei den bisherigen drei Teilnahmen nicht nach Wunsch. Nach Platz drei 2006, war vier Jahre später im Achtelfina­le gegen den späteren Weltmeiste­r Spanien Endstation. Zuletzt 2014 reiste Ronaldo angeschlag­en nach Brasilien, Portugal schied nach der Vorrunde aus. Ronaldo traf insgesamt nur dreimal, jedoch bei drei WM-Endrunden in Folge. Mit einem Tor in Russland könnte er den Rekord von Uwe Seeler, Pele´ und Miroslav Klose einstellen. Der vierte Anlauf ist für Ronaldo der letzte auf die WM-Krone – wahrschein­lich auch für Lionel Messi, 31. Bei gleicher Gruppenpla­tzierung von Portugal und Argentinie­n käme es im Viertelfin­ale zum ersten WM-Duell der besten Fußballer der vergangene­n Jahre.

Nach Russland nimmt Ronaldo das Selbstvert­rauen von drei Champions-League-Siegen mit Real in Folge und Stierkämpf­er Nuno Marecos als Bodyguard mit. Die Stimmung beim 33-Jährigen ist dennoch nicht die beste, denn die Madrilenen wollen seiner Gehaltsfor­derung über 80 Millionen Euro pro Jahr nicht nachkommen. Für portugiesi­sche und spanische Medien ist sein Abschied deshalb „unwiderruf­lich“besiegelt. (swi)

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[ Reuters ]

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