Warum Sie künftig erst mit 69 Jahren in Pension gehen können
Die Bundesregierung hat ja grundsätzlich recht: Die Pensionen sind sicher. Unsicher ist nur ihre Höhe – wenn wir nicht alle bald deutlich länger arbeiten.
Die Pensionen in Österreich sind sicher, eine Reform ist derzeit nicht notwendig, weder an der Höhe der Pensionen noch am Pensionsantrittsalter wird sich in der überschaubaren Zukunft Substanzielles ändern müssen: Das ist, mehr oder weniger offen ausgesprochen, die Botschaft der Regierung in dieser Frage an die Bevölkerung.
Politisch ist das verständlich, denn jedes Fummeln an den Pensionen ist in Österreich für die Regierenden ungefähr so gefährlich wie der Genuss eines hochgiftigen Fugo-Fischs, den ein ungelernter Aushilfskoch zubereitet hat. Die Gefahr dabei ist freilich, dass die Bevölkerung wirklich glauben könnte, was ihr an beruhigenden Botschaften serviert wird.
Denn während in Österreich die kollektive Illusion herrscht, ein simples „Weiter so“reiche, um ein stabiles Pensionssystem aufrechterhalten zu können, wird in Deutschland bereits über ein Pensionsantrittsalter von 69 Jahren diskutiert. Schon jetzt steigt dieses schrittweise von 65 auf 67 Jahre an; nun hat jüngst das Wirtschaftsforschungsinstitut Prognos errechnet, dass auch das nicht ausreichen wird und eher knapp 70 notwendig sein wird, um die Renten finanzierbar zu halten. Am Mittwoch dieser Woche beriet in Berlin im Auftrag der Bundesregierung erstmals eine Expertenrunde, ob so etwas umgesetzt werden könnte.
Die Gründe sind bekannt: Ab 2025 beginnt der demografische Wandel massiv auf das Pensionssystem durchzuschlagen. Ab dann begeben sich die geburtenstarken Jahrgänge in den Ruhestand, es müssen immer weniger Arbeitnehmer immer mehr Pensionisten finanzieren.
Um dieses Problem zu lösen, gibt es aus rein logischen Gründen nur drei Möglichkeiten: niedrigere Pensionen, späterer Pensionsantritt oder höhere Beiträge. Und weil niedrigere Pensionen politisch kaum durchsetzbar wären, höhere Beiträge wirtschaftlich extrem schädlich wären, bleibt im Grunde nur das höhere Pensionsantrittsalter. Für alle, die glauben, es gäbe irgendeine andere Wunderlösung, hat die deutsche Regierung einen informativen Online-„Rentenminister“ ins Netz gestellt, mit dem jeder selbst probieren kann, welche Politik welches Ergebnis bringen würde: (https://rentenminister.gdv.de)
Einfach noch mehr Geld aus dem Budget zur Sicherungen der Pensionen auszuschütten wäre auch keine gute Lösung. Schon jetzt ist in Ländern wie Deutschland oder Österreich der Beitrag des Steuerzahlers zu den Pensionen der größte Ausgabenposten; dort noch mehr Geld in die Hand nehmen bedeutete zwingend noch höhere Steuern für alle oder noch mehr Schulden. Beides ist absolut nicht empfehlenswert. Im extrem ruhestandsaffinen Österreich würde „Rente mit 69“als menschenrechtswidrige Zumutung verstanden werden. Wer in der Frage der Pensionen öffentlich die Wahrheit ausspricht, der braucht ein schnelles Pferd.
Dabei bringt der spätere Ruhestand auch Vorteile. Wer nicht gerade schwer körperlich arbeiten muss, wird das längere Arbeiten in vielen Fällen als Bereicherung begreifen und dem Taubenfüttern im Park vorziehen.
Und da die Migrationswelle doch nicht, wie versprochen, dringend gebrauchte Facharbeiter ins Land gebracht hat, könnte der spätere Pensionsantritt auch ein wirksamer Beitrag dazu sein, den Mangel an gut ausgebildeten Fachkräften zu lindern. Last not least: Wer länger arbeitet, hat dann natürlich auch Anspruch auf eine deutlich höhere Pension, was die Gefahr der Altersarmut stark reduziert.
Natürlich kann man all das noch eine Zeit ignorieren, vor allem solang die Wirtschaft so boomt wie jetzt, die Steuereinnahmen des Staates explodieren und die Zinsen nahe null liegen. Doch früher oder später wird sich all das wieder dramatisch ändern. Dann wird plötzlich sichtbar werden, was der frühere sozialdemokratische Sozialminister Alfred Dallinger schon in den 1980er-Jahren diagnostiziert hat: „Die Pensionen sind immer sicher, unsicher ist nur ihre Höhe.“