Die Presse

Das so unbeschwer­te Spiel der Sele¸c˜ao

Fußball. Brasilien gewann die Generalpro­be gegen Österreich klar mit 3:0. Bei der WM warten in Gruppe E Schweiz, Costa Rica und Serbien – und als Gruppensie­ger könnten sich Neymar und Co. Deutschlan­d im Achtelfina­le „ersparen“.

- VON MARKKU DATLER

So sehr sich Österreich­s Fußballtea­m auch bemühte, gegen Rekordwelt­meister Brasilien riss die Erfolgsser­ie unter Coach Franco Foda. Die Selec¸ao˜ trat zur WM-Generalpro­be in Wien in Bestbesetz­ug an und ließ letztendli­ch keinen Zweifel daran aufkommen, wer dieses Spiel gewinnen wird. Nach fünf Siegen en suite setzte es mit dem 0:3 (0:1) die erste Niederlage für Teamchef Foda. Er wird es wohl nicht weiter schlimm nehmen, womöglich unterlag man ja am Sonntag dem neuen Weltmeiste­r.

Wer die Stimmung beim WMTest im ausverkauf­ten HappelStad­ion miterlebte, war jedenfalls ein Gewinner, der musste einfach Gänsehaut bekommen. Die „Immer wieder“-Choräle waren beeindruck­end, die Lautstärke der 48.500 Zuschauer oft ohrenbetäu­bend. Gut also, dass sich Fußballbun­d und Stadt Wien auf einen neuen Mietvertra­g über fünf Jahre (siehe Artikel unten) einigen konnten.

Legenden, die immer ihren Senf abgeben müssen, gibt es in jedem Land. Geht es um Fußball und Brasilien, gibt es an der Ikone Pele´ kein Vorbeikomm­en. Drei WMSiege, Rekordtors­chütze in der Selec¸ao˜ – also wird der 77-Jährige derzeit zu jedem Thema rund um die WM befragt. Er sieht Brasiliens Team „noch nicht in bester Verfassung. Eine Sache bereitet mir Sorgen. Wir haben noch nicht das richtige Team gefunden. Von der individuel­len Klasse her sind alle Spieler sehr gut, aber es ist keine Mannschaft.“

Gegen Österreich traf diese Kritik jedoch nicht zu. Neymar und Coutinho suchten und fanden sich stets. Marcelo war anspielbar, Willian bot sich an. Die technische Überlegenh­eit war deutlich, wenngleich Arnautovic´ (24.) eine gute Chance vorfand – doch Tore fehlten lange auf beiden Seiten. Casemiros (8.) und Coutinhos (25.) Schüsse verfehlten das Tor nur knapp. Auch Paulinho (35.) fehlten nur Zentimeter. Das 1:0 durch Gabriel Jesus (36.) war dennoch nur eine Frag der Zeit, zu viel Platz, ein Stellungsf­ehler (Dragovic),´ Lindner war machtlos.

Die Selec¸ao,˜ die in Russland darum bemüht sein muss, die 1:7-Schmach gegen Deutschlan­d (WM 2014, Belo Horizonte) vergessen zu machen, tat, was in einem Test letztlich nötig ist. Spie- len, laufen, etwas ausprobier­en. Aber sicher nicht mehr. Und sie vermied tunlichst, was in solchen Partien immer zu vermeiden ist: dass sich ein Star verletzt. Getanzt wurde dann doch einmal, Neymar düpierte Dragovic,´ 2:0 (63.). Wenig später traf Coutinho (69.) zum 3:0.

Wiedergutm­achung gelingt Brasilien bei der Weltmeiste­rschaft in Russland nur mit dem sechsten Titel – und dafür sind zuerst Siege in der Gruppe E gegen Schweiz (17. Juni), Costa Rica (22. Juni) und Serbien (27. Juni) nötig. Das ist vor allem deshalb von Belang, weil dem Gruppeners­ten voraussich­tlich das Achtelfina­l-Duell mit Deutschlan­d erspart bleibt.

Tite, seit August 2016 im Amt, nimmt seine Aufgabe ernst. Der 56-Jährige lässt gern ein offensives 4-3-3-System spielen. Daran rieb man sich in der Heimat, nur der Erfolg lässt kaum Kritik, auch nicht von Pele,´ zu. Schlüssels­pieler ist Neymar, Säulen sind Marcelo, Casemiro (beide Real), Fernandinh­o (Manchester City), Coutinho (Barcelona), Firmino (Livperool), Gabriel Jesus (City).

Auf dem Papier hat Brasilien die vielleicht stärkste Offensive der Welt, in Wahrheit aber ist das neue Prunkstück die Abwehr, das sah man auch in Wien. Es gab keinen unüberlegt­en Pass, die Spieleröff­nung war souverän. Bei ÖFBAngriff­en stimmte immer die Zuordnung. Dafür hat Tite Ex-BarcaSpiel­er Sylvinho geholt, der ihm als Ko-Trainer den Offensivbl­ock neu organisier­t hat, mit Thiago Silva, Marcelo – und Keeper Allison, dem kein Patzer unterläuft.

Und Brasiliens WM-Gegner? Die Schweiz (4-2-3-1) setzt auf das Geschick des zentralen Mittelfeld­spielers Granit Xhaka (Arse- nal). Im Angriff sollen Xherdan Shaqiri (Stoke City) und Breel Embolo (Schalke) punkten. Krasser Schwachpun­kt ist die Abwehr. Serbien war Österreich­s Gegner in der Qualifikat­ion, Neo-Teamchef Mladen Krstajic,´ 43, steht eine Topauswahl zur Verfügung. United-Star Nemjana Matic´ wird begleitet von Dusanˇ Tadic´ (Southampto­n), Aleksandar Mitrovic´ (Newcastle) und Filip Kostic´ (HSV). Costa Rica (5-4-1) ist Außenseite­r, Celso Borges (La Corun˜a) und Abwehrspie­ler Bryan Oviedo (Sunderland) werden europäisch­en Ansprüchen halbwegs gerecht. Österreich, so analysiert­e Sylvinho, sei ob des Spiels mit der defensiven Fünferkett­e durchaus mit Costa Rica vergleichb­ar.

Ob also Brasilien die richtigen Schlüsse ziehen konnte bei der Stippvisit­e im Happel-Stadion? Österreich spielte anfangs mutig mit, wirkliche Chancen ließ die Selec¸ao˜ aber nicht zu. Es muss doch schließlic­h einen Unterschie­d geben zu einem (echten) Weltmeiste­r . . .

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