Donald Trump – Unchained: 500 Tage und unzählige Opfer
Zwei Magazine analysieren den Kampf des Präsidenten gegen die eigenen Bündnispartner und die US-Bürokratie.
D er Londoner hat es in seiner neuesten Ausgabe, deren Titelgeschichte sich der amerikanischen Außenpolitik widmet, wieder auf den Punkt gebracht. Präsident Trump sei in der Weltpolitik der „Demolition Man“, also der Zerstörer, wie die Überschrift des Leiterartikels lautet. Wie ein Fasanjäger, der mit einer Schrotflinte herumballert, landet Trump mit seinen unvorhersehbaren und exzentrischen weltpolitischen Vorstößen vielleicht noch den einen oder anderen Treffer. Ja, vielleicht bringt beispielsweise sein morgen angesetztes Gipfeltreffen mit dem nordkoreanischen Diktator Kim Jong-un sogar ein brauchbares Ergebnis.
Nur hat er in seinen bisherigen 500 Tagen im Amt dem internationalen Ordnungssystem, das die USA ganz wesentlich mitaufgebaut und von dem die Amerikaner auch viel profitiert haben, schwerste Schläge versetzt: „Kein anderer moderner Präsident hat die Partner der USA routinemäßig so schäbig behandelt und den Gedanken, weltpolitisch die Dinge mittels Allianzen zu gestalten, so verabscheut“, heißt es im Leitartikel. Aber: „Mister Trump hängt eben der alten Idee an, dass Macht immer auch Recht bedeutet. Seine Impulse mögen ja eine neue Geopolitik anstoßen, aber sie werden den USA oder der Welt langfristig nicht dienlich sein.“
Im US-Magazin widmet sich ein langer Essay des Starreporters Evan Osnos jenem Krieg, den Trump seit Amtsantritt gegen die eigene Bürokratie führt. Natürlich weiß Trump, dass er in der US-Hauptstadt nicht willkommen war, gerade einmal vier Prozent der dortigen Wähler votierten 2016 für ihn. Aber er mag die Hauptstädter ja auch nicht. Für ihn sind die 2,8 Millionen zivilen Angestellten, die in den nicht weniger als 250 Bundesbehörden ihrer Arbeit nachgehen, „der tiefe Staat“. Von Diplomaten hat er noch nie viel gehalten, CIA-Leuten und FBI-Agenten und allen anderen Geheimdienstlern begegnet er mit größtem Misstrauen. Gerade einmal vor Militärs hat er einen gewissen Respekt, und Pentagon-Chef James Matthis hat das geschickt ausgenützt, um wenigstens das Verteidigungsministerium aus vielen Stürmen, die Trump in der Bürokratie entfacht hat, herauszuhalten. F ür Trump ist Loyalität die allerwichtigste Eigenschaft eines Staatsdieners. Vielleicht sind deshalb auch nach 500 Tagen gut 650 wichtige Posten in Regierung und Verwaltung der USA noch immer nicht besetzt. Vielleicht gibt es einfach nicht genügend loyale Befehlsempfänger. „Trump hat seinen Frieden mit der Plutokratie geschlossen, aber er ist im Krieg mit der Beamtenschaft“, schreibt Osnos „also den Apparatschiks, die seiner Meinung nach das Wahlergebnis von 2016 zunichtemachen wollen, in dem sie sich den Prärogativen seiner Präsidentschaft verweigern.“
Osnos zählt die Opfer auf, die Trumps Kampf gegen den „tiefen Staat“bereits hinterlassen hat: ein verunglimpfter öffentlicher Dienst, ein demontiertes State Departement, politisch kaltgestellte Fachleute zu heiklen weltpolitischen Fragen wie dem Iran oder dem Klimawandel, unablässige Anstrengungen, um in der Regierung jeglichen Widerspruch zum Schweigen zu bringen. „Wenn es keine radikale Umkehr gibt, hat diese Administration bald keinen Mechanismus mehr für eine Selbstkorrektur. Die Dinge werden sich nicht normalisieren, es wird immer schlimmer werden“, prophezeit Osnos. Und als Zeugen zitiert er ausgerechnet Steve Bannon: „Trump ist jetzt entfesselt. Das ist jetzt wieder der Ur-Trump, den die Wähler im Weißen Haus haben wollten. Er hat eine Menge Scheiße zu erledigen – und er wird sie auch erledigen.“