Kim Jong-un.
Nordkoreas Diktator denkt weiter voraus als in Wahlperioden. Er hat schon jetzt mehr erreicht als Vorgänger.
Objektiv betrachtet hat Kim Jong-un gegenüber seinem Konterpart mindestens drei taktische Vorteile. Zum einen muss er nicht befürchten, dass selbst ein für Nordkorea wenig schmeichelhaftes Gipfelergebnis von den einheimischen Medien kritisch hinterfragt oder sogar zerpflückt wird. Sie sind gleichgeschaltet und stehen unter der Kontrolle der Partei. Noch weniger Widerstand ist vom Scheinparlament handverlesener Genossen zu erwarten, die als Volksversammlung ohnehin nur maximal einmal pro Jahr in Pjöngjang zusammenkommt.
Der zweite große Vorteil Kims ist, dass er nicht zur Wahl steht – als Oberster Führer übt er diese Funktion auf Lebenszeit aus, ernennt persönlich Generäle oder die höchste Parteielite, die damit auch auf Gedeih und Verderb von der Gnade des Machthabers abhängig sind. Und dann kommt noch seine Jugend ins Spiel. Mit Anfang 30 hat Kim Jong-un noch mehrere Jahrzehnte auf dem nordkoreanischen Erb-Thron vor sich. Sein Vorbild ist sein Großvater, der Staatsgründer und Präsident auf Ewigkeit, Kim Il-sung. Ihm eifert er nach, er will dem Alten historisch mindestens ebenbürtig sein.
Ziel des Regimes ist ein Ende der internationalen Isolation
Dafür ist der Singapur-Gipfel ein ideales Spielfeld. Ein Treffen mit dem US-Präsidenten auf Augenhöhe und im Rampenlicht der Welt – Kim, der „Staatsmann“, hat schon mehr erreicht als seine beiden Vorgänger. Das primäre Ziel der nordkoreanischen Diplomatie ist spätestens seit dem Panmunjom-Gipfel mit Südkoreas Staatschef, Moon Jae-in, klar: eine Beendigung der internationalen Isolation. Dafür steht er seinen politischen Paten in Peking im Wort, die den US-Boykott, den sie ohnehin oft unterlaufen, lieber heute als morgen durchbrechen möchten. Kim ist also in gewisser Weise chinesisch ferngelenkt – er wird Trump nur soweit entgegenkommen, wie er unbedingt muss, also wenig.
Das nordkoreanische Atomprogramm als Ganzes steht für Kim trotz rhetorischer Zugeständnisse letztlich nicht zur Disposition. Die Nuklearwaffe ist das historische Vermächtnis der KimDynastie. Mit der permanenten Kriegsbedrohung und der zweitgrößten Armee Asiens (nach China) legitimiert diese ideologisch verbissene Clique ihren Machtanspruch. Wenn Trump also das Gespräch auf die Abschaffung der Nuklearraketen zuspitzt, wird Kim als kühler Stratege mit einer für die Amerikaner derzeit unerfüllbaren Gegenforderung kontern: der Forderung nach einem Friedensvertrag mit Sicherheitsgarantien für die Existenz des Regimes und einem Abzug der US-Truppen aus Südkorea. Und dann hätte Trump den schwarzen Peter.