Der Nationalrat – das tiefe Haus
Niveau. Die Rufe gegen die Abgeordnete Zadi´c sorgen für eine neue Debatte über den Ton im Parlament. Deftige Formulierungen von Abgeordneten gab es dort immer wieder.
Inzwischen ist klar, wer am Montag die Zwischenrufe während der Rede der Liste-Pilz-Abgeordneten Alma Zadic´ getätigt hat. „Sie sind nicht in Bosnien! Verwechseln Sie das nicht!“, hatte ÖVPMandatar Johann Rädler die bosnischstämmige Abgeordnete wissen lassen, als sie über Österreich als unsicheres Land sprach. „Alma, bei mir bist du sicher!“, rief FPÖMandatar Wolfgang Zanger.
Es ist nicht das erste Mal, dass im Nationalrat wenig respektvolle Äußerungen fallen. Legendär sind etwa die Worte des SPÖ-Nationalratspräsidenten Anton Benya, der die Abgeordneten im Jahr 1980 recht direkt wissen ließ: „Halts die Goschen da unten.“Benya dachte freilich, sein Mikrofon sei aus.
Nur vermeintlich poetischer war der frühere ÖVP-Abgeordnete Wolfgang Großruck unterwegs. Als im Jahr 2011 der einstige Chef des Internationalen Währungsfonds, Dominique Strauss-Kahn, nach Vergewaltigungsvorwürfen festgenommen worden war, dichtete Großruck: „Obwohl er schon ein reiferer Mann, zeigt Dominique Strauss, was er noch ,kahn‘.“
In die Nesseln setzte sich im Jahr 2015 Neos-Mandatar Sepp Schellhorn, als er in Richtung von Maria Fekter (ÖVP) launig über Verwaltungskosten sprechen wollte. „Was sagt Ihnen die Zahl 44–31–40? Das ist nicht Ihre Bikinifigur vor 30 Jahren, nein!“, sagte Schellhorn. Die Figurfrage war auch das Thema bei einer Wortmeldung des FPÖ-Staatssekretärs Karl Schweitzer im Jahr 2004: „Dass Sie mit Sport nicht viel am Hut haben, sieht man“, meinte er zur SPÖ-Abgeordneten Gabriele Binder.
Parlamentsprotokolle können Politiker auch Jahre später einholen. So machte während des HofburgWahlkampfs 2010 eine Äußerung von Heinz Fischer die Runde. Er rief laut Parlamentsprotokoll im Jahr 1989 „Sieg Heil“während der Rede eines FPÖ-Abgeordneten. Fischer erklärte, falsch zitiert worden zu sein. Er habe nur in Richtung der FPÖ gemeint, „dass schon fast eine Sieg-Heil-Mentalität“herrsche. Im Jahr 2002 wurde im Proto- koll ein „Sieg Heil“-Ruf des SPÖAbgeordneten Rudolf Edlinger vermerkt. Er erklärte darauf, vielmehr in Richtung FPÖ „Jetzt fehlt nur noch ,Sieg Heil‘“gerufen zu haben.
SPÖ-Abgeordneter Christian Faul entpuppte sich 2009 als Hobby-Astrologe und ließ den BZÖKollegen Gerald Grosz wissen: „Sie sind für mich im Sternzeichen ein Krokodil: eine große Pappn und ein kleines Hirn.“
Für einen großen Skandal sorgte 1993 ein Vorfall in einem parlamentarischen Ausschuss. „In den Mund nehmen und fest dran lutschen“, soll der ÖVP-Abgeordnete Paul Burgstaller der grünen Mandatarin Terezija Stoisits empfohlen haben, als sie zum Mikrofon griff. Infolge der Empörung soll Burgstaller sich zuerst gerechtfertigt haben, dass er an ein Eis gedacht habe. Später erklärte er, sich an die ihm vorgeworfene Äußerung nicht erinnern zu können.
Im aktuellen Fall will sich Rädler übrigens nicht bei Zadic´ entschuldigen, wie er dem „Kurier“sagte: „Da muss sich Frau Zadic´ entschuldigen, dass sie Österreich als unsicher bezeichnet.“