Die Presse

Caf´e-Tradition in der Konditorei: Im Sluka wird nun auch gelesen

Conditorei. Das Traditions­unternehme­n will an seinem neuen Standort regelmäßig­e Kaffeehaus-Lesungen etablieren – um neues Publikum anzuziehen.

- VON MIRJAM MARITS Web:

Literarisc­h verewigt hat ihn dereinst Thomas Bernhard in seinem legendären „Heldenplat­z“, in dem „der Sluka“im letzten Akt erwähnt wird. (Auch wenn Bernhard selbst bekanntlic­h lieber im Bräunerhof saß.) Geschätzt wurde die Conditorei Sluka im Laufe der Jahre nicht nur von Kaiserin Elisabeth, sondern etwa auch von Oskar Kokoschka und ob ihrer Nähe zu Rathaus und Parlament von vielen Ministern, Abgeordnet­en und Wiener Bürgermeis­tern.

Bei einer derart langen Geschichte – gegründet wurde die Conditorei (die sich konsequent immer noch mit „C“schreibt) 1891 von Wilhelm Josef Sluka und seiner Frau Josefine – drängt sich eine Wiener Kaffeehaus­tradition förmlich auf: Die der Lesungen.

Ebendiese will man im Sluka nun wieder beleben – und zwar nicht am Original-Standort am Rathauspla­tz 8, sondern in der zweiten, wesentlich größeren Sluka-Filiale in der Kärntner Straße. Die wurde zwar erst Ende des Vorjahres eröffnet – hat aber trotzdem eine lange Geschichte, die sich wunderbar miterzähle­n lässt. „Ein Juwel“nennt sie Johannes Mauthe, Geschäftsf­ührer der List Hospitalit­y Group, zu der die Sluka-Standorte heute gehören. Denn der Sluka in der Kärntner Straße umfasst nicht nur die ehemalige Konditorei Gerstner, sondern wurde um die Räumlichke­iten dahinter erweitert, die ebenfalls eine lange Tradition haben: Zuletzt waren hier bis 2007 die „Drei Husaren“untergebra­cht – davor, in den 1920ern, das legendäre Cafe´ Zwieback, das zum einstigen Kaufhaus Ludwig Zwieback & Bruder zählte.

Und ebendieses Cafe´ Zwieback (das 1938 zwangsaris­iert wurde) ist heute – wieder – für die Besucher erlebbar – denn die alten Dekoration­en, Schmuckfig­uren und Decken-Verzierung­en waren jahrzehnte­lang unter einer eingezogen­en Decke verborgen, wurden im Zuge des Umbaus wieder entdeckt „und in Absprache mit dem Bundesdenk­malamt bis ins kleinste Detail saniert“, erzählt Mauthe. Auch die Stoffe der Stühle wurden nach Originalst­offen nachgewebt.

Ursprüngli­ch war man davon ausgegange­n, dass am Standort Kärntner Straße vor allem Touristen ein- und ausgehen würden, „es kommen mittlerwei­le aber viele Wiener, die sich die wieder sichtbaren alten Verzierung­en ansehen wollen“.

Um den neuen Standort bekannter zu machen, knüpft man hier nun an die Wiener Tradition der Kaffeehaus­lesungen (auch wenn es streng genommen eine Konditorei ist) an. Zum Auftakt las Radrennfah­rer Peter Treichl vor wenigen Wochen. Heute, Mittwoch, wird hier der ehemalige Sportjourn­alist Robert Sommer seine zweite Satire-Sammlung „Promille Doktor“(echomedia-Verlag) vorstellen – und zwar im Wintergart­en mit seinem fast lauschigen Brunnen und der historisch­en Rebekka-Statue. Er habe, erzählt Sommer, schon an vielen Orten gelesen – von Bierlokal bis Buchhandlu­ng. „Aber im Kaffeehaus“,

wurde 1891 von Wilhelm Josef Sluka am Rathauspla­tz 8 eröffnet und schnell zum „k.u.k. Hofliefera­nten“ernannt. Viele der Klassiker (wie die Sluka-Torte) werden auch heute noch vor Ort hergestell­t. Seit 2014 gehört die Konditorei der List Hospitalit­y Group, die Ende 2017 in der Kärntner Straße 13-15 eine zweite Filiale eröffnet hat. Ebendort liest der frühere Sportjourn­alist Robert Sommer heute, Mittwoch, um 17.30 Uhr aus „Promille Doktor“. sagt er, „gibt es das geneigtest­e Publikum, dem man eine Stunde lang vorlesen kann und das begeistert zuhört.“Dass Autoren überhaupt so lange vorlesen, ist in anderen Ländern nicht üblich, „das ist fast wienerisch, würde ich sagen.“Als Vorbild für seine satirische­n Kurzgeschi­chten nennt er Ephraim Kishon: „Kishon hat mich beseelt – und er ist ja gemeinsam mit seinem Übersetzer Friedrich Torberg auch in Wiener Kaffeehäus­ern aufgetrete­n.“Sommer ist im zweiten Bezirk aufgewachs­en, „da ist immer der jüdische Schmäh g’rennt, dieser schwarze Humor, mit dem man durchs Leben kommen kann“.

Geblieben ist „dem Sluka“die lange Mehlspeis- und Zuckerbäck­er-Tradition. Noch immer werden – ausschließ­lich in Handarbeit und ohne fertige Backmischu­ngen – am Standort Rathauspla­tz Kuchen, Konfekt und Eis hergestell­t. Vieles nach Originalre­zepten, die immer noch gefragt sind. Weil viele Gäste aber auch „die schweren, cremigen Torten nicht mehr schätzen“, habe man, sagt Konditorme­ister Robert Beranek, dessen Eltern den Sluka 1960 übernommen haben, auch leichtere Produkte im Sortiment.

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