Die Presse

Löger: Nulldefizi­t ist heuer möglich

Budget. Von Jänner bis April nahm der Staat um zwölf Prozent mehr Steuern ein als im Vorjahr. Der Finanzmini­ster plant zwar nicht mit dem Nulldefizi­t, würde es aber gerne in Kauf nehmen.

- MITTWOCH, 13. JUNI 2018 VON GERHARD HOFER

Finanzmini­ster Hartwig Löger hat einen klaren Budgetplan. Dieser sieht bekanntlic­h ein administra­tives Nulldefizi­t im nächsten Jahr vor. 2019 sollen also Ausgaben von 79,1 Milliarden Euro Einnahmen von 79,7 Milliarden gegenübers­tehen. Heuer wird der Bund laut diesem Plan allerdings noch um 2,1 Milliarden mehr ausgeben als einnehmen. „Ein Budget ist eine Prognose“, sagte Löger aber am Dienstag bei einem Vortrag beim Thinktank Agenda Austria. Und wie es aussieht, haben die Wirtschaft­sforscher in ihren Budgetprog­nosen doch etwas sehr tiefgestap­elt.

Denn laut Budgetvoll­zug wachsen die Einnahmen des Staates heuer viel kräftiger als erhofft (aus Sicht des Finanzmini­sters). Im Vergleich zu 2017 sind die öffentlich­en Abgaben von Jänner bis April um 4,1 Prozent höher. Bereinigt man die Zahlen um die Stabilität­sabgabe (die Steuersätz­e für die „Bankenabga­be“wurden gesenkt) und die Wohnbauför­derung (wird nun von den Ländern eingehoben), so sind die Einnahmen sogar um zwölf Prozent höher als in den ersten vier Monaten 2017.

KöSt-Einnahmen stiegen rasant

Aufgrund der guten Konjunktur floriert die Wirtschaft. Die Unternehme­n zahlten heuer um 407 Millionen Euro mehr Körperscha­ftssteuer (KöSt). Das ist ein Plus von 30,8 Prozent. Aufgrund der steigenden Beschäftig­ung nahm der Staat 450 Millionen mehr Lohnsteuer ein (plus 5,7 Prozent), die Kapitalert­ragssteuer brachte 181,5 Millionen (plus 27,1 Prozent) mehr und auch die Umsatzsteu­er spülte um 376,9 Millionen Euro (plus 4,1 Prozent) mehr in die Staatskass­e. Unterm Strich wachsen also die Staatseinn­ahmen doppelt so hoch wie Löger im Budget veranschla­gt hat.

Agenda Austria-Chef Franz Schellhorn fragte Löger schließlic­h, ob er in Anbetracht der sprudelnde­n Steuereinn­ahmen noch immer ein Nulldefizi­t völlig ausschließ­en wolle? Der Finanzmini­ster stritt darauf nicht ab, dass ein Nulldefizi­t auch heuer schon möglich ist. Er betonte allerdings im selben Atemzug, dass man die ersten vier Monate nicht so einfach für das ganze Jahr hochrechne­n könne. Immerhin zeichnet sich eine Abkühlung des Wirtschaft­swachstums ab. Ein „Nulldefizi­t um jeden Preis“werde es nicht geben.

Er wolle seinen Budgetplan „Schritt für Schritt“umsetzen und auch für eine steuerlich­e Entlastung sorgen. So wird am 1. Jänner 2019 der Familienbo­nus in Kraft treten und 700.000 Familien, 1,6 Millionen Kinder finanziell besserstel­len. Pro minderjähr­iges Kind ist eine Steuererle­ichterung von 1500 Euro vorgesehen. Das kostet den Staat 1,5 Milliarden Euro.

Primäres Ziel sei es allerdings, den 290 Milliarden-Staatsschu­ldenberg abzubauen. Süffisant erzählt Löger von seinen Erlebnisse­n im Budgetauss­chuss, wo er tatsächlic­h gefragt worden sei, ob es sich um „gute oder schlechte Schulden“handelt. „Sie sind auf jeden Fall zu hoch“, sagt der Finanzmini­ster. Er wolle die Schuldenqu­ote von 84 Prozent (2016) auf 62 Prozent „hinunterar­beiten“. Und dann sei die Pflicht noch immer nicht erfüllt. Sehen doch die Maastricht-Kriterien eine maximale Verschuldu­ng von 60 Prozent des Bruttoinla­ndsprodukt­s vor.

Eine „Steuerentl­astungsref­orm“werde wie geplant 2020 vorgelegt. Löger geht es dabei nicht nur um eine Entlastung der Steuerzahl­er um fünf Milliarden Euro, sondern auch um eine Vereinfach­ung des Steuersyst­ems. So könne er sich vorstellen, dass aus sieben Einkommens­arten künftig „drei oder vier“werden, dass die verschiede­nen Bemessungs­grundlagen bei Steuern und Sozialvers­icherungen endlich angegliche­n werden. Mittlerwei­le würden sogar die Steuerbera­ter beklagen, dass das Steuersyst­em zu komplizier­t sei, sagte Löger.

Die Kalte Progressio­n wird allerdings vorerst nicht abgeschaff­t, obwohl ÖVP und FPÖ dies im Wahlkampf versproche­n haben. Alleine aufgrund der jährlichen Inflations­anpassung rücken viele Arbeitnehm­er in höhere Steuerstuf­en vor. Der Staat kassiert so ein Körberlgel­d von zwei Milliarden Euro.

Löger will zuerst die drei niedrigste­n Steuerstuf­en senken und so geringe Einkommen steuerlich entlasten. Auch die Körperscha­ftsteuer soll am Ende der Legislatur­periode sinken. Und die Kalte Progressio­n? „Ja, wir werden sie abschaffen“, sagt Löger. Nur das Wann steht noch in den Sternen.

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[ Clemens Fabry ] Finanzmini­ster Hartwig Löger nimmt mehr Steuern ein als prognostiz­iert.

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