Die Presse

Norbert Hofer allein zu Haus

Der Brenner-Gipfel zeigt die Dysfunktio­nalität der EU-Verkehrspo­litik.

- Josef.urschitz@diepresse.com

D er sogenannte Brenner-Gipfel in Bozen warf ein bezeichnen­des Licht auf die Ernsthafti­gkeit der europäisch­en Verkehrspo­litik: Norbert Hofer allein zu Haus. Die Amtskolleg­en aus Deutschlan­d und Italien signalisie­rten mit ihrem Fernbleibe­n: Uns doch egal, was ihr mit eurem Transitpro­blem macht.

Der eine war offenkundi­g verschnupf­t, weil die österreich­ische Politik zu Transitfor­derungen aus Berlin nicht sofort Habtachtst­ellung annimmt und laut „Jawohl, zu Befehl“schnarrt. Und der andere hatte Wichtigere­s zu tun: Er musste sich ausgerechn­et am Dienstag um „Migration“kümmern. Ist ja auch klar: Die Schleppere­i ist derzeit offenkundi­g das einzige wirklich gut funktionie­rende transeurop­äische Verkehrssy­stem.

Wir haben es hier, wie in vielen anderen Dingen auch, mit der großen Schwäche Europas zu tun: Es wird viel europäisch geheuchelt, aber gehandelt wird nationalis­tisch. Und so sehen die Verkehrsne­tze aus: Ein dysfunktio­naler Fleckerlte­ppich. Man zeichnet wunderbare Transeurop­äische Eisenbahnn­etze in die Landkarten. Und verhindert dann mit Nationalst­aatlerei, dass sich darauf etwas tut.

Zwei wichtige davon gehen durch Österreich: Die Baltisch-Adriatisch­e Achse von Danzig nach Oberitalie­n, die Österreich gerade mit Milliarden­aufwand ausbaut, obwohl sie eine reine Fiktion ist und sich außerhalb unserer Grenzen gar nichts tut. Und die von Skandinavi­en nach Sizilien, deren österreich­isches Kernstück der Brennertun­nel ist. Ebenfalls ein Multimilli­ardenproje­kt. Und ebenfalls ein weitgehend sinnloses, weil Deutschlan­d und Italien nicht daran denken, entspreche­nde Zulaufstre­cken auszubauen. U nd die österreich­ische Verkehrspo­litik? Glaubt offenbar noch immer, dass sich der Güterverke­hr zwischen Oslo und Palermo auf dem kurzen Stück zwischen Kufstein und Franzensfe­ste auf die Schiene verlagern lässt. Etwa mit hohen Belastunge­n für den Straßentra­nsit. Das wird nicht funktionie­ren. Verlagern lässt sich nur mit einem konsistent­en gesamteuro­päischen Eisenbahna­ngebot. Auf das werden wir aber noch lange warten.

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