Die „Aida“-Probe, von der niemand weiß
Selten wagt sich das zeitgenössische Musiktheater an Komödiantisches – zwei rare Versuche sind jetzt in Wien zu erleben.
Einen abstrusen Opernabend verspricht die Neue Oper Wien ihren Besuchern. Walter Kobera´ dirigiert im „Werk X“in der Oswaldgasse in Favoriten „Radames“von Peter Eötvös und „Der Ficus spricht“von Gerhard Schedl, zwei der raren Versuche, das zeitgenössische Musiktheater komödiantischen Aspekten zu öffnen. Bis dato waren die Versuche, die Buffonerie ins aktuelle Opernleben zurückzuholen, nicht gerade von Erfolg gekrönt. Seit der Heraufkunft der Avantgarde am Beginn des vorigen Jahrhunderts scheint nicht nur dem Publikum das Lachen vergangen zu sein. Wann immer bedeutende Komponisten es wagten, komödiantische Elemente in ihr Schaffen einzubringen, ging das schief. Einen unglücklicheren Versuch, als ihn Arnold Schönberg mit dem Einakter „Von heute auf morgen“unternommen hat, gibt es wohl in der ganzen Musikgeschichte nicht. Die Bezeichnung „Komische Oper“gewinnt unter dem zwölftönigen Aspekt einen neuen Wortsinn.
Umso spannender, wenn Komponisten in der Ära der Postmoderne, in der man ja auch unverkrampft wieder auf bewährtes musikalisches Vokabular – und vielleicht auch taugliche humoristische Effekte, die als solche zu dechiffrieren sind – zurückgreifen darf, sich an Komödien wagen. Wenn etwa Gerhard Schedl, der tragisch Frühverstorbene, in seinem Werk „Umwelt und Gesellschaft aus einer vollkommen absurden Perspektive“betrachtet, wie es im Einführungstext heißt, „in dem Bestreben, Erfahrung und kritische Distanz zu bündeln“.
Das absurde Theater streift auch Eötvös’ „Radames“, der sich zu einer Opernprobe einfindet, um draufzukommen, dass niemand außer ihm selbst erwartet, dass heute Verdis „Aida“auf dem Probenplan steht. Allein diese Anmutung verspricht vergnügliche Augenblicke für Melomanen mit Interesse an ausgefransten Sujets.
Für alle, denen die Auseinandersetzung mit Zeitgenössischem zu mühsam scheint, ein nicht minder absurder Alternativ-Vorschlag: Am 16. Juni bittet Tenor-Liebling Juan Diego Florez´ im Musikverein wieder einmal zu einem Benefizkonzert für seine „Sinfon´ıa por el Peru´“– und bietet diesmal ein Riesen-Ensemble von jun- gen Sängerkollegen für eine Aufführung von Rossinis „Viaggio a Reims“auf. Dieses surrealistische Spektakel, das Rossini zur letzten französischen Königskrönung komponiert hat, versammelt eine illustre Pilgerschar auf dem Weg nach Reims in einem Landhotel. Da keine Pferde für die Weiterreise aufzutreiben sind, sucht man nach einem Zeitvertreib: Man gibt ein Fest, bei dem die Vertreter der verschiedensten Länder ihren folkloristischen Eigenheiten frönen.
Ein Spaß, der einst die Staatsoper wegen der immensen Kosten für die Solistenriege in eine Krise zu stürzen drohte, doch fanden jüngst die Grazer Opernbesucher sogar an einer szenischen Produktion des ungewöhnlichen Stücks ihr Vergnügen . . .