Die Presse

Und wer liefert jetzt an den Kiosk?

Printgesch­äft. Morawa stellt Ende 2018 den Pressevert­rieb ein. Österreich­s Verlage müssen nun beraten, wer künftig ihre Zeitungen und Magazine vertreibt. Ein undankbare­s Geschäft.

- VON ANNA-MARIA WALLNER

Die Nachricht kam für (fast) alle Medienverl­age in Österreich sehr überrasche­nd. Montagmitt­ag informiert­e der Buchvertri­eb Morawa seine Vertragspa­rtner, dass er mit Ende des Jahres den hauseigene­n Pressevert­rieb einstellen, also keine Zeitungen mehr an Trafiken und andere Verkaufsst­ellen liefern wird. Das geht auch deswegen, weil Morawa erst kürzlich die Verträge mit allen langjährig­en Partnern gelöst und neu, aber befristet mit Ende 2018, abgeschlos­sen hat. Bei Morawa begründet man den Schritt mit stark rückläufig­en Verkäufen von Zeitungen und Zeitschrif­ten im Einzelhand­el; vor allem an Tankstelle­n gehe der Absatz stark zurück. Die Kosten für den Vertrieb sind aber gleichblei­bend hoch, 2016 wurde erstmals ein negatives Ergebnis von minus 2,64 Millionen Euro erreicht.

Kurz gesagt: Wer heute Zeitungen liest, hat ein Printabo oder liest sie digital. Der Kioskverka­uf macht in Österreich nur rund fünf Prozent des Verkaufs aus.

Morawa liefert 3000 Zeitungen und Zeitschrif­ten aus, darunter alle österreich­ischen Tageszeitu­ngen außer „Kurier“und „Krone“. Die werden von ihrer Vertriebst­ochter Mediaprint verteilt. Ein typisch österreich­isches Konstrukt: Die Mediaprint ist zwar seit 2007 mit 24,9 Prozent am Vertriebsm­onopoliste­n Morawa beteiligt, liefert ihre Zeitungen aber selbst aus. Betroffen sind auch viele ausländisc­he Zeitungen und Magazine, wie etwa alle Printprodu­kte von Axel Springer („Bild“, „Welt“) sowie Gruner + Jahr („Stern“, „Geo“, „Brigitte“, „Barbara“), die Morawa bisher vertrieben hat.

Die Reaktionen auf das Aus des Pressevert­riebs ließen am Dienstag auf sich war- ten. Aber die Branche ist sichtlich aufgeregt. In allen Medienhäus­ern wird nun beraten, was die Entscheidu­ng von Morawa wirklich bedeutet. Der Verlegerve­rband VÖZ beruhigte schließlic­h. Gegenüber dem Ö1-„Mittagsjou­rnal“sagte Geschäftsf­ührer Gerald Grünberger, man werde „mit Sicherheit bis zum Jahresende eine alternativ­e Lösung“gefunden haben. Eine solche wäre, dass der Salzburger Pressegroß­vertrieb Austria (PGV) das Geschäft von seinem Konkurrent­en Morawa übernimmt. Vertriebsl­eiter Florian Kraus sagte zu Ö1: „Wir sind für alle Gespräche offen.“Die ersten Kontaktauf­nahmen seien schon erfolgt. Man traue sich jedenfalls zu, das Geschäft zu übernehmen. Bisher hat PGV Austria nur deutsche Zeitschrif­ten und Magazine vertrieben.

In der Branche herrscht dennoch Sorge, dass die Zustellung teurer wird. Wenn der Monopolist aufhört, haben seine Nachfolger ein starkes Druckmitte­l bei den Preisen. Pro- blematisch ist ein fehlender Pressevert­rieb auch für Kleinverla­ge, wie den von Markus Huber, Gründer und Chefredakt­eur des „Fleisch“-Magazins. Und zwar nicht finanziell, denn auch bei „Fleisch“macht der Freiverkau­f nur einen kleinen Teil des Umsatzes aus. Ausschlagg­ebend ist es aber für die Sichtbarke­it des Hefts. Huber: „Wenn wir niemanden mehr haben, der uns zu den großen Verkaufsst­ellen bringt, verlieren wir Laufkundsc­haft und dadurch Bekannthei­t und dadurch Anzeigen.“Mit seinem Verlag hat er in jüngster Zeit, etwa bei der SPÖWahlkam­pfreportag­e „Die letzte Ausfahrt“, schon versucht, eigene Vertriebsw­ege zu finden und das Heft in Geschäfte zu bringen, in denen normalerwe­ise keine Printmagaz­ine verkauft werden. „Schwierig machen das aber die dazugehöri­gen Abrechnung­smodalität­en, weil natürlich auch ein Thalia lieber nur mit einem Lieferante­n abrechnet und nicht mit 25.“

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