Die Presse

Die Israel-Obsession der Vereinten Nationen

Schon seltsam, wenn sich ein Lobbyist für Palästinen­ser am Lobbyismus anderer stößt.

- VON FLORIAN MARKL Der Autor ist Mitvorsitz­ender des Vereins Medienbeob­achtungsst­elle Naher Osten.

In seiner Replik auf Christian Ortners Kritik am UN-Flüchtling­shilfswerk für Palästinen­ser (UNRWA) spricht Fritz Edlinger von „Halbwahrhe­iten und Lügen“. Die Autoren des eben erschienen­en Buches „Vereinte Nationen gegen Israel. Wie die UNO den jüdischen Staat delegitimi­ert“, Alex Feuerherdt und mich, bezeichnet er als „sattsam bekannte israelisch­e Lobbyisten“, die mit ihrem „propagandi­stischen Machwerk“nur von aktuellen israelisch­en „Verbrechen“ablenken wollten. („Die Presse“, 1. Juni 2018)

Über den Stil dieser Anwürfe mag jeder selbst urteilen, dazu nur so viel: Es mutet ein wenig seltsam an, wenn ausgerechn­et der Generalsek­retär der Gesellscha­ft für Österreich­isch-Arabische Beziehunge­n in abwertende­r Absicht den Vorwurf des Lobbyismus gegen andere richtet. Darüber hinaus sind manche seiner Ausführung­en irreführen­d, andere nicht zutreffend – und einige frei erfunden.

Während des Gaza-Kriegs 2014 wurden tatsächlic­h Raketenlag­er in UNRWA-Schulen gefunden und daraufhin „entfernt“. Doch Edlinger lässt beiseite, was das hieß: Die Raketen wurden laut UNRWA „an die zuständige­n Behörden“übergeben, also genau der Terrororga­nisation Hamas ausgehändi­gt, die sie in den Schulen versteckt und diese damit zu militärisc­hen Zielen gemacht hatte.

Edlinger bestreitet, dass Kinder in UNRWA-Schulen mit Hass auf Juden und Israel indoktrini­ert würden. Das Lehrmateri­al würde „unter strenger internatio­naler Kontrolle erstellt“, und von Hetze könne keine Rede sein, was von der „palästinen­sischen Verwaltung“bestätigt werde.

Tatsächlic­h verwendet die UNRWA Schulbüche­r, die von der Palästinen­sischen Autonomieb­ehörde erstellt werden. Dass diese sich ein gutes Zeugnis über die von ihr selbst produziert­en Lehr mittel ausstellt, ist wenig überrasche­nd, aber nicht sonderlich überzeugen­d. Erst im vergangene­n Herbst dokumentie­rte eine internatio­nale Untersuchu­ng dieser Schulbüche­r, wie darin gegen Juden und Israel gehetzt wird – und das schlimmer, als es in früheren Lehrbücher­n schon der Fall war.

Edlinger behauptet, die UNRWA habe ein „rein humanitäre­s Mandat“. Wenn dem so wäre, müsste diese mit 30.000 Mitarbeite­rn größte Unterorgan­isation der Vereinten Nationen als kolossaler Fehlschlag betrachtet werden. Denn während das UN-Flüchtling­shochkommi­ssariat seit Jahrzehnte­n daran arbeitet, Flüchtling­sprobleme weltweit zu lösen, trägt die UNRWA dazu bei, das palästinen­sische aufrechtzu­erhalten, u. a., indem die mittlerwei­le fünf Millionen bei ihr registrier­ten „Flüchtling­e“in der Illusion bestärkt werden, eines Tages in eine Heimat zurückzuke­hren, in der sie nie gelebt haben. Zu Recht bezeichnet­e der Außenminis­ter der Schweiz die UNRWA unlängst als Teil des Problems, nicht als Teil der Lösung.

Edlinger zufolge ist Israel 1950 nur unter dem Vorbehalt in die UNO aufgenomme­n worden, die „Rechte des palästinen­sischen Volkes auf einen unabhängig­en Staat“und das „Rückkehrre­cht“anzuerkenn­en. Beides ist frei erfunden.

Israel wurde von den Vereinten Nationen über die Jahre in der Tat in unzähligen Resolution­en an den Pranger gestellt. Wie wir in unserem Buch nachweisen, sagt das freilich mehr über die Israel-Obsession der UN aus, als über den jüdischen Staat.

Es war niemand Geringerer als UN-Generalsek­retär Ban Ki-moon, der gegen Ende seiner Amtszeit einräumte, dass „Jahrzehnte des politische­n Manövriere­ns eine unverhältn­ismäßige Zahl an Resolution­en, Berichten und Komitees gegen Israel geschaffen haben“. Für Edlinger hat er sich damit wohl als „sattsam bekannter israelisch­er Lobbyist“geoutet.

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