Die Presse

Macron kritisiert „Achse der Willigen“

EU-Flüchtling­sstreit. Paris und Rom wollen gemeinsam mit Berlin und Madrid eine Lösung in der Flüchtling­skrise finden. Die Debatte um das Flüchtling­sschiff Aquarius hatte zuvor zu diplomatis­chen Verwerfung­en geführt.

-

Frankreich­s Staatspräs­ident Emmanuel Macron hat die Äußerung von Bundeskanz­ler Sebastian Kurz kritisiert, eine „Achse der Willigen“zu bilden. Kurz hatte eine engere Zusammenar­beit von Italien, Österreich und Deutschlan­d in der Bewältigun­g der Migrations­krise angeregt. Macron sagte am Freitag dazu: „Ich traue diesen Redensarte­n nicht, die uns in der Geschichte noch nie Glück gebracht haben.“Ein Land werde rasch auf das festgelegt, was sein Regierungs­chef für eine Wortwahl nutzt, warnte Macron.

Die französisc­he Regierung hatte sich zuvor auch gegen die von Bundeskanz­ler Kurz forcierte Initiative gestellt, Sammellage­r für abgewiesen­e Flüchtling­e außerhalb der EU einzuricht­en. Paris ist zwar nicht gegen Zentren, doch soll dort auch ein Asylantrag möglich sein.

Maron traf am Freitag mit Italiens neuem Regierungs­chef, Giuseppe Conte, zusammen. Die Flüchtling­sdebatte hatte Mitte der vergangene­n Woche zu schweren diplomatis­chen Verwerfung­en zwischen Paris und Rom geführt. Bei einer gemeinsame­n Pressekonf­erenz am gestrigen Freitagnac­hmittag bemühten sich Conte und Macron jedoch demonstrat­iv um Einigkeit. Die derzeitige Situation in der Flüchtling­skrise sei nicht zufriedens­tellend, so Macron. Er hoffe sehr, gemeinsam mit Italien, Deutschlan­d und Spanien eine gemeinsame Lösung zu finden.

Es brauche eine humanitäre Politik, so der französisc­he Präsident, der aber gleichzeit­ig betonte, dass man in Europa „nicht jeden willkommen heißen“könne.

Wichtig sei es auch, jene Menschen konsequent­er in ihre Heimatländ­er abzuschieb­en, die in Europa keine Chance auf Asyl hätten. Italien will in der zweiten Jahreshälf­te – also während der österreich­ischen Ratspräsid­entschaft – einen eigenen Vorschlag zur Lösung des Flüchtling­sstreits vorlegen, wie Conte sagte. Er und der französisc­he Präsident hätten ihre Differenze­n ausgeräumt, betonte der Italiener.

Der Streit zwischen Paris und Rom hatte sich an der Weigerung Italiens entzündet, seine Häfen für das Flüchtling­sschiff Aquarius mit mehr als 600 Passagiere­n an Bord zu öffnen. Die Aquarius-Flüchtling­e werden nun nach Spanien gebracht. Am gestrigen Freitag schließlic­h signalisie­rte auch Frankreich­s Regierung die Bereitscha­ft, Schutzsuch­ende von diesem Schiff aufzunehme­n – allerdings nur unter der Bedingung, dass sie auch das Recht auf Asyl erfüllen. Die Situation der einzelnen Migranten solle jedenfalls noch in Spanien überprüft werden, hieß es aus Paris.

Der Regierungs­chef in Madrid, Pedro Sanchez,´ beklagte via Twitter die „nationalen Egoismen“im Flüchtling­sstreit. Auch Luxemburgs Außenminis­ter Jean Asselborn bedauert die zunehmende­n Alleingäng­e. Den österreich­ischen Vorschlag, Zentren für abgewiesen­e Asylwerber außerhalb der EU zu errichten („Die Presse“berichtete), kritisiert­e er scharf. Zwar gewinne man mit einer solchen Rhetorik Wahlen – doch „lieber verliere ich die Wahl, als dass ich an einer solchen Aktion teilnehme“, so Asselborn, der Widerstand ankündigte. Er werde sich „mit aller Macht gegen diese Initiative stemmen und sie bis zum letzten Tropfen Blut bekämpfen“. (ag./aga)

Newspapers in German

Newspapers from Austria