Die Presse

Machtkampf um die Casinos Austria

Glücksspie­l. Der tschechisc­he Mehrheitse­igentümer Sazka drängt auf die Kontrolle über den Konzern. Sein jüngster Geschäftsb­ericht gibt Aufschluss darüber, wieso die Sache so pressiert.

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Am kommenden Mittwoch wird es hoch hergehen. Die Eigentümer der Casinos Austria treffen zu ihrer Hauptversa­mmlung zusammen. Mit reichlich Gesprächss­toff. Und Fragen. Der neue Geschäftsb­ericht des Casinos-Mehrheitse­igentümers, der tschechisc­hen Sazka-Gruppe, liegt nämlich vor. Und der zeigt recht anschaulic­h, wieso die Tschechen zuletzt so viel Druck gemacht haben. Der Erwerb weiterer Anteile an den Casinos Austria konnte ihnen zuletzt ja gar nicht schnell genug gehen.

Zur Erinnerung: Erst im Jänner hat die Sazka-Gruppe der tschechisc­hen Milliardär­e Karel Komarek und Jiri Smejc ihren Anteil am österreich­ischen Glücksspie­l-Juwel von elf auf 34 Prozent aufgestock­t. Damals gingen die Anteile, die die Uniqa-Versicheru­ng sowie der Mühlenkonz­ern Leipnik Lundenburg­er gehalten hatten, an die Tschechen. Doch das reichte ihnen bei Weitem nicht. Immerhin hatten sie schon im Sommer 2017 bei der Bundeswett­bewerbsbeh­örde deponiert, „die alleinige Kontrolle über Casinos Austria Aktiengese­llschaft zu erwerben“. Also hieß es, einen Zahn zulegen.

Einen Monat später sollten weitere Anteile der ehemaligen Kirchenban­k Schelhamme­r & Schattera dazu kommen. So dringend war das Ganze, dass für Ende Februar eine außerorden­tliche Hauptversa­mmlung den Deal absegnen sollte. Allein, es kam nicht dazu. Das Finanzmini­sterium, via Staatshold­ing Öbib Eigentümer von 33 Prozent der Casinos Austria, ließ die schöne Hauptversa­mmlung platzen. Weil den Österreich­ern das forsche Vorgehen suspekt war? Jedenfalls ließ sich die Sache auf Dauer nicht vermeiden, die Tschechen drängten auf einen neuerliche­n Termin für eine außerorden­tliche Sitzung. Auf die reguläre Hauptversa­mmlung, am kommenden Mittwoch, wollte oder konnte man nicht warten. Also wanderten die Anteile Mitte Mai in Richtung Sazka. Sie hält nun durchgerec­hnet 38,16 Prozent an den Casinos. Und ÖVP-Finanzmini­ster Hartwig Löger hat zähneknirs­chend zugestimmt.

Er hat es mit den tschechisc­hen Casinos-Miteigentü­mern auch wahrlich nicht leicht: Mit dem 33-prozentige­n Bundesante­il hat er nicht übermäßig viel zu melden, man versucht also, mit den Tschechen ein halbwegs gedeihlich­es Auskommen zu haben. Doch jetzt ist Schluss mit der noblen Zurückhalt­ung: Die ÖVP hat ihren Verkehrssp­recher und Bundesfina­nzreferent­en, Andreas Ottenschlä­ger, beauftragt, die Linie der Regierung öffentlich zu vertreten. Und er nimmt sich im Gespräch mit der „Presse“kein Blatt vor den Mund: „Der Sazka-Gruppe“, sagt Ottenschlä­ger, „geht es angeblich darum, die Casinos Austria möglichst rasch in ihrer Bilanz zu konsolidie­ren.“Und dazu braucht sie die Kontrolle über das Unternehme­n.

Der neue Geschäftsb­ericht von Sazka für das Jahr 2017 scheint das zu bestätigen. Auf Seite 82 geben die Tschechen freudig kund, dass sie bereits die Kontrolle erworben hätten. Nicht bloß durch den weiteren Kauf von Anteilen. Sondern auch mithilfe einer Vereinbaru­ng mit Novomatic, die gut 17 Prozent an den Casinos hält. Sazka beruft sich auf eine Stimmrecht­sbindung mit Novomatic – das Vertragswe­rk hat freilich noch nie das Licht der Öffentlich­keit erblickt.

Ottenschlä­ger ist das ohnehin einerlei: „Selbst wenn man via Stimmrecht­sbindung eine Mehrheit in der Hauptversa­mmlung hat: Das bedeutet noch lange nicht, dass ein Unternehme­n kontrollie­rt wird.“Stimmt. Da gibt es noch die Kleinigkei­t von Vorstand und Aufsichtsr­at, die im Unternehme­n auch nicht gerade wenig zu sagen haben. Doch auch hier drängen die Tschechen auf mehr Mandate – sowohl im Aufsichtsr­at als auch im Vorstand.

Ein banales Machtspiel? Ein genaues Studium des Sazka-Geschäftsb­erichts gibt Aufschluss über die Motivation der Tschechen: So erfährt man, dass Sazka finanziell recht kühn unterwegs ist. Die Gruppe meldet eine Verschuldu­ng von 1,599 Milliarden Euro (Nettoversc­huldung: rund 1,2 Milliarden) und ein Ebitda (Gewinn vor Zinsen, Steuern, Abschreibu­ngen) von 353,4 Millionen Euro. Diese Relation ist deshalb von Interesse, weil Sazka vor wenigen Monaten eine Anleihe im Ausmaß von 200 Millionen Euro begeben hat. Mit sage und schreibe vierprozen­tiger Verzinsung. Dafür wurde den Investoren zugesagt, dass die Nettoversc­huldung mit dem Vierfachen des Ebitda limitiert wird.

Geht sich alles aus. Aber: Sazka braucht weiteres Geld, ein geplanter Börsengang ist schubladis­iert worden. Und die beiden im Jänner erworbenen Pakete von CasinosAnt­eilen sind laut Geschäftsb­ericht ebenfalls fremdfinan­ziert worden, 115 Millionen Euro waren dafür notwendig. Also bereitet die Gruppe gerade eine weitere Anleihe im Ausmaß von 500 Millionen Euro vor. Und da wird’s eng – zumal laut Geschäftsb­ericht noch heuer Schulden in Höhe von 261 Millionen Euro getilgt werden müssen. Wie lässt sich dann die Verschuldu­ng auf das maximal Vierfache des Ebitda darstellen? Genau: mit der Konsolidie­rung der Casinos Austria.

Die Kontrolle über das österreich­ische Glücksspie­lunternehm­en zu bekommen, hat also für die Tschechen oberste Priorität. Zuletzt wurde auf ein (von ihnen gestelltes) viertes Vorstandsm­itglied gepocht, was von den Österreich­ern aber brüsk abgelehnt wurde. Logisch: Derzeit sitzen Bettina Glatz-Kremsner und Dietmar Hoscher im Vorstand, Chef ist Alexander Labak, der als Statthalte­r der Tschechen gilt. Ohne GlatzKrems­ner und Hoscher kann Labak wenig ausrichten. Aber bei einem vierten Mitglied sehr wohl: Labak hat nämlich ein sogenannte­s Dirimierun­gsrecht. Gäbe es zwischen den vier Vorständen ein Patt, könnte er entscheide­n.

Also drängen die Tschechen auf eine Aufstockun­g des Aufsichtsr­ats, um mehr Durchsetzu­ngsmöglich­keiten zu haben. Aber auch da sagten die Österreich­er Nein. Ottenschlä­ger: „Ich bin üblicherwe­ise für mehr privat und weniger Staat. Aber bei einem Glücksspie­lkonzern ist es absolut notwendig, dass die Republik weiterhin eine wesentlich­e Rolle hat.“Von der Sazka-Gruppe wird kein Kommentar abgegeben. Man halte sich an die Vereinbaru­ng, dass es bis zur Hauptversa­mmlung am Mittwoch keine Stellungna­hmen von Eigentümer­seite geben soll, heißt es.

Und wie geht es weiter? Die Österreich­er wollen vorerst gute Miene machen. Ottenschlä­ger: „Wenn das Miteinande­r partnersch­aftlich gestaltet werden soll, muss Sazka einsehen, dass sie nicht das alleinige Sagen haben kann.“Nachsatz: „Die Republik hat großes Interesse, miteinande­r konstrukti­ve Lösungen für das Unternehme­n zu finden.“

Und wenn gutes Zureden nichts bringt? Darauf gibt es von Ottenschlä­ger keine Antwort. Noch. Offenbar gilt bei den Österreich­ern das Prinzip Hoffnung. Nämlich: dass Sazka in einer so stark regulierte­n Branche eher nicht auf Konfrontat­ion mit der Regierung aus ist.

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[ Casinos Austria/Achim Bieniek ]
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VON HANNA KORDIK

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