Angst vor Europa Zensurautomaten für das Internet
Macht das EU-Urheberrecht das Netz zum Werkzeug zur Überwachung?
Wer dachte, die EU hätte sich mit der Datenschutzgrundverordnung für heuer schon genug Feinde in der US-Internetwirtschaft gemacht, hat sich geschnitten. Am Mittwoch wird der Rechtsausschuss des EUParlaments über die Neufassung des Urheberrechtsgesetzes abstimmen, das nach der Lesart seiner Kritiker das Ende des freien Internets bedeuten würde. Über 70 Internetlegenden von WWW-Erfinder, Tim BernersLee, bis zum Wikipedia-Gründer, Jimmy Wales, warnten daher in einem offenen Brief vor einem „beispiellosen Schritt in Richtung Umbau des Internets von einer offenen Plattform für Teilen und Innovation zu einem Werkzeug für die automatische Überwachung seiner Nutzer“.
Das klingt höchst dramatisch, aber ist die Aufregung berechtigt? Konkret geht es den Kritikern um den Artikel 13 der geplanten Reform, die auch das von Verlagen gewünschte Leistungsschutzrecht bringen soll. Artikel 13 regelt, dass Internetplattformen wie YouTube oder Facebook künftig schon vorab prüfen müssen, ob ihre Nutzer urheberrechtlich geschützte Inhalte hochladen oder nicht. Entfernen die Betreiber derartige Inhalte nicht unverzüglich, sind sie selbst für die Taten ihrer Nutzer haftbar. Die Kritiker sehen die umstrittenen Upload-Filter als ersten Schritt zur totalen Überwachung der europäischen Bürger im digitalen Raum.
Doch die Filter stoßen an Grenzen – und spätestens da beginnt das Problem: Die Algorithmen sind zurzeit noch nicht treffsicher genug. Spielt ein Radio im Hintergrund, werden Videos rasch zu Unrecht aussortiert. Zudem hat die Software keine Chance zu erkennen, ob es sich um erlaubte Ausnahmen wie etwa Parodie handelt. Da die Ausnahmen in den einzelnen EU-Ländern zudem unterschiedlich geregelt sind, ist die Gefahr groß, dass auch jede Menge legaler Inhalt in den Filtern hängen bleiben wird. (auer)