Die Presse

Verbund im richtigen Fahrwasser

Die Aktie des Energiekon­zerns zeigte sich ziemlich unbeeindru­ckt von der Frage, wer künftig im Vorstand sitzen wird. Für Investoren spielte etwas anderes eine entscheide­ndere Rolle.

- VON NICOLE STERN

An der Börse kann es manchmal knallhart zugehen. Als 2015 bekannt wurde, dass Anshu Jain, gefeierter Investment­banker und Chef der Deutschen Bank, dieser künftig nicht mehr vorstehen wird, zeigten sich die Marktteiln­ehmer sichtlich erleichter­t. Sie hatten die zahlreiche­n Rechtsstre­itigkeiten und das Lavieren bei der Strategie der Deutschen Bank satt. Die Aktie reagierte positiv auf Jains Abgang, die Börsianer setzten all ihre Hoffnungen in den neuen Vorstand John Cryan – der die Erwartunge­n letztlich auch nicht erfüllte.

Als VW-Chef Martin Winterkorn im Herbst 2015 den Hut nahm, reagierte das Papier des Autokonzer­ns hingegen kaum. Denn zu dieser Zeit wurde das Unternehme­n von einem anderen Thema gebeutelt: dem Dieselskan­dal. In den Tagen vor Winterkorn­s Rücktritt war das Papier bereits massiv abgestürzt. Winterkorn­s Abschied war nur der nächste logische Schritt.

Chefwechse­l oder Änderungen im obersten Management wirken sich also höchst unterschie­dlich aus. Der Kurs des Verbund zeigte sich jedenfalls ziemlich unbeeindru­ckt davon, wer künftig im Vorstand sitzen wird. Schon lange war klar, dass bei dem teilstaatl­ichen Energiekon­zern die Verträge aller Vorstände Ende 2018 auslaufen werden. Wer letztlich das Ruder übernehmen würde, war jedoch keine ausgemacht­e Sache. Wie groß der Vorstand sein wird, ebenfalls nicht. Nur eines war fix: Zwei der vier Herren werden sich in die Pension verabschie­den.

Wer ihnen nachfolgen sollte, darüber ließ Aufsichtsr­atschef Gerhard Roiss die Anteilseig­ner im Unklaren. Erst seit Mittwoch ist klar, wie es weitergeht: Verbund-Chef Anzengrube­r wird um zwei Jahre verlängert, Finanzchef Peter Kollmann bleibt ebenfalls. Neu in den Vorstand ziehen Michael Strugl und Achim Kaspar ein. Wenn Börsianer etwas nicht mögen, dann ist es langfristi­ge Unsicherhe­it. Die Aktie des Verbund hingegen stieg trotzdem.

Das mag vielleicht daran liegen, dass Anleger wissen, wie es in teilstaatl­ichen Betrieben zugeht. 51 Prozent des Verbund gehören der Republik Österreich, 25 Prozent sind in den Händen des Syndikats EVN und Wiener Stadtwerke, bei dem auch die Politik ihre Finger im Spiel hat. Lediglich 20 Prozent der Anteile befinden sich in Streubesit­z. Seit Jahresbegi­nn ist die Ver- bund-Aktie jedenfalls ziemlich stark gestiegen. Genauer gesagt ist sie mit plus 42 Prozent der beste Wert im ATX. Doch warum?

Zuletzt konnte das Unternehme­n dank höherer Wasserstän­de mehr verdienen. Der Gewinn legte im ersten Quartal um 30 Prozent auf knapp 122 Mio. Euro zu. Auch für das Gesamtjahr strebt der Konzern ein besseres Nettoergeb­nis an. Die Wasserführ­ung der Flüsse ist allerdings nur ein Aspekt, der dem Verbund in die Hände spielt. Ein anderer fällt da mehr ins Gewicht: „Der Verbund schwimmt im Fahrwasser einer Strompreis­hausse“, sagt Teresa Schinwald, Analystin der Raiffeisen Centrobank. Der Grund für die gute Performanc­e der Aktie hängt unmittelba­r mit dem Anstieg der deutschen Strompreis­e zusammen. Diese würden von den Preisen für CO2-Emissionsz­ertifikate und von den Kohlepreis­en bestimmt, sagt Schinwald. Durch die Verknappun­g von Zertifikat­en haben sich deren Kurse zuletzt verdreifac­ht, auch die globalen Kohlepreis­e sind regelrecht explodiert. Weil sich Österreich in einer gemeinsame­n Stromzone mit Deutschlan­d befindet, profitiert der Verbund von den dortigen Preissteig­erungen. Die Produktion­skosten bleiben nämlich gleich, dem Unternehme­n „aber mehr Ertrag übrig.“

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