Die Presse

Feines Ohr fürs beste Holz

Das Tiroler Geigenbaue­rgenie Jakob Stainer wird 400 Jahre alt: Die Innsbrucke­r Festwochen der Alten Musik erweisen ihm ihre Reverenz – mit großer Musik, zum Teil gespielt auf seinen originalen Instrument­en.

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Wenn „gefällte Stämme, wie es im Gebirge so häufig geschieht, von ihrem hohen Standorte über die jähen Berghänge in’s Thal hinabgerol­lt wurden“, dann saß um 1640 ein merkwürdig­er junger Mann „seitwärts auf irgend einem Felsblock und lauschte mit gespannter Aufmerksam­keit auf die Töne, welche solche Stämme im Stürzen von sich gaben . . . Diejenigen Stämme, von welchen ein besonders auffallend­es Singen her schwirrte, merkte er sich, wählte sie aus und erstand sie von den Herren des Waldes.“So wird es über den jungen Jakob (Jacobus) Stainer aus Absam berichtet. Mag die Geschichte auch nicht wahr sein, ist sie doch gut erfunden: Stainer, einer der bedeutends­ten Geigenbaue­r der Musikgesch­ichte und jedenfalls der größte außerhalb Italiens, muss ein besonderes Ohr für Holz gehabt haben. Nicht umsonst war er zu seiner Zeit berühmter als etwa der eine Generation jüngere Stradivari – und seine klangvolle­n kleineren Instrument­e für die frühe Barockmusi­k sogar noch besser geeignet.

Das wussten nicht nur Komponiste­n wie Biber, Bach, Leopold Mozart oder Haydn und nützten Stainers Erzeugniss­e, auch Vivaldi und Corelli schätzten Geigen seines Bautyps. Rund 400 Jahre nach Stainers Geburt feiern die Festwochen den Tiroler Meister mit einem reichhalti­gen Konzertsch­werpunkt nebst Kinderwork­shops und Vor- trägen. Die famose Geigerin, Blockflöti­stin und Dirigentin Anna Fusek macht mit dem Ensemble Kavka die Musik des Innsbrucke­r Hofgeigers G. A. Pandolfi Mealli lebendig, der sich auf die Instrument­e des „erzfürstli­chen Dieners“Stainer verlassen konnte; die Geigerin Leila Schayegh erkundet mit Jörg Halubek an Cembalo und Truhenorge­l je vier von Bibers „Rosenkranz-Sonaten“und Bachs Duosonaten. Und das Zürcher Casal Quartett führt auf originalen Stainer-Instrument­en die Geschichte des Streichqua­rtetts vor – beginnend mit Barockmusi­k „a quattro“über Boccherini bis zur Wiener Klassik. (wawe)

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[ Mona Lisa]

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