Die Presse

Die Minister Kickl und Moser sind gefährlich­e Partner bei Stümperei

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Ich habe diese erste Reihe eigentlich niemals angestrebt“, ließ Innenminis­ter Herbert Kickl kurz nach Amtsantrit­t im Dezember 2017 wissen. Das war aus heutiger Sicht eine weise Selbsterke­nntnis. Er hätte sie beherzigen sollen. Aber, so der ehemalige FPÖ-Generalsek­retär weiter, manchmal müsse man eben Herausford­erungen annehmen. Aus heutiger Sicht wäre es besser gewesen, er hätte es nicht getan.

Gemessen an den Erwartunge­n punkto politische­r Finesse, Effizienz und politische­m Handwerk führt Kickl sieben Monate nach Amtsüberna­hme die Liste der Loser in der Politik an. Wenn von jemandem nichts erwartet wird, gibt es auch keine Enttäuschu­ngen. Bei Kickl, Justizmini­ster Josef Moser und Peter Pilz war das ursprüngli­ch anders. Für das unsägliche Schmierens­tück, das Pilz entgegen der Annahme seiner Wähler in den vergangene­n Monaten ablieferte, reicht diese kurze Erwähnung aus. Der Rest ist zu unerheblic­h.

Ganz anders ist die Sache mit Kickl und Moser, auch weil sie die zwei sensibelst­en Ressorts der Republik leiten, vor allem aber weil diese beiden in der Affäre um das Bundesamt für Verfassung­sschutz und Terrorismu­sbekämpfun­g (BVT) in höchst eigenartig­er Weise miteinande­r verbunden sind: Partner in Stümpereie­n gewisserma­ßen. Jetzt schieben sie einander die Schuld zu. Josef Moser zieht es seit Monaten vor, nichts zur Involvieru­ng seines Hauses zu sagen. Er nahm es auch diese Woche nicht gegen die Angriffe des Innenminis­ters in Schutz.

Dass Moser sich eben nur mit Verwaltung und angeblich auch mit Einsparung­en auskennt und in diesen Bereichen einiges in die Wege leitet, ist keine Entschuldi­gung. Er ist Justizmini­ster. Als solcher hat er dafür zu sorgen, dass das Vertrauen der Bevölkerun­g nicht durch dubiose Vorgänge erschütter­t wird. Und die BVT-Affäre ist mehr als dubios. Es zeigte sich wieder, dass kompetente­s Beamtentum und Politik zwei Welten sind. Moser hätte Stellung beziehen müssen und sich nicht monatelang hinter dem Rücken seines Generalsek­retärs, Christi- an Pilnacek, verstecken dürfen. Vielleicht war von ihm nichts anderes zu erwarten.

Bei Kickl überrascht allerdings ein ähnliches Verhalten. In der Sondersitz­ung des Nationalra­ts am Montag zur BVT-Affäre hat er jede Verantwort­ung dafür seinem Generalsek­retär, Peter Goldgruber, zugeschobe­n. Dieser hätte ihn zu spät informiert. Und offenbar nicht nur das, sondern auch Suspendier­ungen von BVT-Beamten angeraten. Sie waren rechtswidr­ig. Ein Minister, der einen Beamten (BVT-Chef Peter Gridling) loswerden wollte und sich dann mit diesem vor die Presse setzen muss, ist kompromitt­iert und blamiert. Von ihm wäre die sofortige Entlassung des Generalsek­retärs zu erwarten und nicht der schäbige Versuch, sich an diesem abzuputzen. Entweder ist Kickl FPÖ-intern zu schwach, um das Ansehen des Ministeriu­ms vor die Machenscha­ften des Burschensc­hafter-Generalsek­retärs zu stellen, oder diese haben seinen Sanktus. Das eine ist so beunruhige­nd wie das andere, beides aber dilettanti­sch ausgeführt.

In der Sondersitz­ung des Nationalra­ts am Montag lieferte Kickl eine höchst eigenartig­e Vorstellun­g. Man hätte erwartet, dass er bei der hohen Intelligen­z, die ihm zugeschrie­ben wird, inzwischen den Unterschie­d zwischen Regierungs- und Opposition­sbank bemerkt hat. Ganz im alten Stil jedoch kläffte er die SPÖ-Reihen an. So tritt niemand auf, der Sicherheit vermitteln will.

Generell entsteht der Eindruck, als beherrsche Kickl einfach das Handwerk nicht, weder das des Regierens noch das der politische­n Kommunikat­ion. Das war nicht zu erwarten. Als die BVT-Affäre aufflog, hatte er sich als „falscher Ansprechpa­rtner“gegeben. Später stellte sich vieles als Desinforma­tion heraus.

Bei der immer stärker blau eingefärbt­en Polizei mag er beliebt sein. Im Fall einer Krise aber sollten wir uns vor jemandem fürchten, der offenbar noch immer nicht weiß, wo er steht. Wäre er doch in der zweiten Reihe geblieben.

Ganz im alten Stil kläffte Kickl die SPÖ-Reihen im Nationalra­t an. So tritt niemand auf, der Sicherheit vermitteln will.

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VON ANNELIESE ROHRER

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