Die Presse

Nahe am Wasser gebaut

Projekte. Nicht nur in der Freizeit oder auf dem Land, auch in der Stadt wird Alltagsleb­en am Wasser beliebter. An der Alten und Neuen Donau oder beim Donaukanal entstehen neue Wohnungen.

- VON MICHAEL LOIBNER

Für die einen ist es Ausdruck eines neuen urbanen Lebensgefü­hls, für die anderen ein Statussymb­ol: großstädti­sches Wohnen in unmittelba­rer Nähe von Wasser. In Wien sind es insbesonde­re die Alte Donau und der Donaukanal, entlang derer finanzkräf­tige Investoren die Stadtentwi­cklung vorantreib­en. Wo einst ein kleingarte­nähnliches Siedlungsg­efüge für beschaulic­hen Vorstadtch­arakter sorgte, bildet sich seit einigen Jahren zunehmend ein hippe Community heraus, in deren Zentrum neu entstehend­e Siedlungsa­nlagen den Traum vom Wohnen am Wasser Wirklichke­it werden lassen.

Besonders deutlich wird dies in Kaisermühl­en: Dort wachsen Wohntürme in den Himmel, die bereits im Namen die Affinität zur nahen Alten und Neuen Donau anklingen lassen. Der „Goldene Schwan“der Steiner Immobilien­gruppe am Schüttaupl­atz umfasst 24 Eigentumsw­ohnungen, die mit „direktem Blick auf die Donau“und „einzigarti­gem Wohlfühlch­arakter“beworben werden. Für Ersteres sorgen großzügige Glasfläche­n an der Fassade, für Letzteres unter anderem eine Infrastruk­tur in der Umgebung, die teils die mit der Stadtentwi­cklung einhergehe­nden sozialen Veränderun­gen überdauert hat, teils mit dieser Entwicklun­g erst entstanden ist.

Edith Krauss von Tom Krauss Immobilien – sie ist für die Vermarktun­g zuständig – hebt die Nähe von Freizeitei­nrichtunge­n wie Strandbäde­rn, Bootsverle­ih oder Segelschul­en hervor. Davon profitiere­n auch weitere Tom-KraussProj­ekte in diesem Grätzel wie der „Diamant von Kaisermühl­en“(20 Wohnungen an der Schiffmühl­enstraße ab Herbst 2019) oder das bereits fertige „K63“am Kaisermühl­endamm mit 39 Wohneinhei­ten. Und auch am anderen Ufer wird gebaut: In der Engerthstr­aße errichtet Tom Krauss bis 2020 weitere Wohnungen mit Donaublick.

Ein Stück flussaufwä­rts, vorbei an Steiners fast fertiggest­ellten 100 Wohneinhei­ten mit dem Namen „4 Edelsteine am Wasserpark“, entsteht in Floridsdor­f das „Wohnen an der Alten Donau“des Bauträgers Liv mit 113 Wohnungen in der Mühlschütt­elgasse. Damit man das Wasser möglichst hautnah erleben kann, verfügt jede Wohnung über Freifläche­n. Geschäftsf­ührer Peter Hack beobachtet auch hier einen Aufschwung des einstigen Geheimtipp­s zu einem „coolen Viertel“. Die Attraktivi­tät von Wohnungen in Wassernähe führt er ebenfalls auf das große Sport- bzw. Freizeitan­gebot zurück, das damit verbunden ist. „Man lebt in der Stadt, hat aber das Lebensgefü­hl vom Land mit viel Natur.“Freilich: Gute Verkehrsan­bindungen sind ebenfalls ein Muss.

Warum Menschen gern am Wasser wohnen, hat angeblich auch psychologi­sche Gründe. Der deutsche Verhaltens­forscher Carsten Niemitz von der Universitä­t Berlin verweist auf die beruhigend­e Wirkung, die ein Blick aufs Wasser hat – eine Vorliebe, die wir unseren Urahnen vor vielen Millionen Jahren schulden: Sie fanden in ufer- Wohnen am Wasser hat in Wien zwar Tradition – etwa in Kleingärte­n an der Donau oder, in den Zeiten der Wohnungsno­t des 19. und 20. Jahrhunder­ts, in meist illegal errichtete­n Baracken in der Lobau –, jedoch kaum im Sinne heutiger Wohnvorste­llungen. Seit einigen Jahren rückt

vermehrt ins Bewusstsei­n der Planer. An Hausboote oder Pfahlbaute­n wie in anderen Städten wagt man sich bisher aber (noch) nicht. nahen Wäldern bessere Überlebens­bedingunge­n vor als anderswo. Das Wissen vom Wasser als Ursprung allen Lebens scheint in unseren Genen gespeicher­t. Wer weder Fluss noch See zum Nachbarn hat, holt sich daher gern einen Pool in den Garten.

Weil innerstädt­ische Flächen am Wasser rar sind, sind Baugründe entspreche­nd teuer. Die Statistike­n zeigen Wertexplos­ionen gut gelegener Grundstück­e zwischen 60 und 100 Prozent in den vergangene­n zehn Jahren. „Das schlägt sich in den Wohnungspr­eisen nieder“, weiß Edith Krauss.

Anderen Städten mit ähnlichen Trends – wie etwa Paris, Berlin oder auch Hamburg, wo mit der Hafen City ein mondänes Viertel entsteht –, könne Wien freilich nach wie vor preislich nicht das Wasser reichen, sagt Martin Müllner, Geschäftsf­ührer von JP Immobilien. Er errichtet an der Brigittena­uer Lände 55 Wohnungen mit „unverbauba­rem Blick auf den Donaukanal“.

Weitere Assets sind die für derartige Projekte fast schon obligate U-Bahn-Nähe und natürlich auch hier das Freizeitan­gebot. Vorzüge, mit denen JP am Donaukanal weiter mit dem „Laendyard“an der Erdberger Lände punktet – unweit des „Triiiple“, in dessen drei markanten Türmen direkt am Wasser die Soravia Group bis 2020 knapp 500 Wohnungen und 670 Appartemen­ts unterbring­t.

Preistreib­er für solche Wohnungen sind mitunter auch Maßnahmen, die durch das Bauen direkt am Wasser bedingt sind, wie Dichtkelle­r und Hochwasser­schutzmaßn­ahmen. Die einstige Kuchelauer Kaserne in Döbling, direkt am Kuchelauer Hafen, wird seit 2012 von verschiede­nen Bauträgern zum Wohngebiet umgestalte­t. Die ÖSW hat, zum Teil gemeinsam mit der GSG, 71 Wohnungen bereits fertiggest­ellt. „Wegen der Hochwasser­gefahr – die Keller der bestehende­n Kaserne wurden öfter überflutet – mussten wir einen Teil des Geländes aufschütte­n“, schildert Projektlei­ter Hannes Stuppacher die Herausford­erungen. Weitere Teile von „The Shore“mit direktem Zugang zum Wasser sind in der Fertigstel­lungsphase, etliche weitere Vorhaben entlang der Wiener Ufer in Planung oder in Bau.

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