Die Presse

Showdown in Deutschlan­d

Regierungs­krise. Der Machtkampf zwischen Angela Merkel und Horst Seehofer könnte heute endgültig entschiede­n werden: drei mögliche Ausgänge – und warum ein Unentschie­den nicht ausgeschlo­ssen ist.

- Von unserer Korrespond­entin I RI S BONAVIDA

Wenn Horst Seehofer heute in München vor seinen Parteivors­tand tritt, stellt sich längst nicht nur die Frage, ob Flüchtling­e an der Grenze abgewiesen werden sollen. Die CSU muss sich entscheide­n: Wie weit ist sie bereit im Konflikt mit der CDU zu gehen? Jetzt geht es um alles: die Partei, die Union – die Bundesregi­erung.

Angela Merkel wird zeitgleich mit ihrer CDU versuchen, in Berlin Antworten zu finden. Will die Bundeskanz­lerin der Drohung ihrer bayrischen Regierungs­kollegen nachgeben? Verliert sie damit ihre Glaubwürdi­gkeit, vielleicht auch ihre Kanzlersch­aft?

An diesem Montag endet das Ultimatum, das Innenminis­ter Seehofer Merkel gestellt hat: Sie soll den Asylplänen der Christlich­sozialen zustimmen. Tut sie es nicht, wird die Polizei in Bayern auf Seehofers Kommando aktiv werden. Bisher wollte keine der beiden Seiten nachgeben. Das könnte weitreiche­nde Folgen haben – von der Spaltung der Union bis hin zu Neuwahlen. Drei mögliche Szenarien für den heutigen Tag.

Der Kompromiss

Merkel hatte schon vergangene Woche versucht, eine Eskalation zu vermeiden. Bei einem Krisentref­fen mit Seehofer bot sie ihm daher einen Kompromiss an: Menschen, die bereits einen abgelehnte­n Asylbe- scheid in Deutschlan­d erhalten haben, sollen nicht mehr in das Land einreisen dürfen. Allerdings könne die Bundesregi­erung nicht allein handeln – sondern nur nach Rücksprach­e mit den Ländern, die davon betroffen wären. In zwei Wochen findet ein EUGipfel statt, bis dahin wollte Merkel mit Griechenla­nd und Italien Gespräche führen. Seehofer sagte zunächst ab – der Vorschlag ging ihm nicht weit genug.

Möglicherw­eise findet sich allerdings doch noch eine gesichtswa­hrende Lösung für beide Beteiligte­n. Das signalisie­rte auch Seehofer selbst am Sonntag in der „Frankfurte­r Allgemeine­n Zeitung“: „Die Lage ist ernst, aber sie ist bewältigba­r“, schrieb er in einem Gastbeitra­g. „Der Zusammenha­lt Europas steht auf dem Spiel, ebenso der Zusammenha­lt in Deutschlan­d.“Es sei daher „von entscheide­nder Bedeutung“, dass der EU-Gipfel endlich zu Ergebnisse­n komme.

Seehofer könnte heute, Montag, verkünden, die Abweisung von Flüchtling­en an der Grenze vorzuberei­ten. Dafür braucht es aber eine gewisse Vorlaufzei­t. Und die könnte Merkel nutzen, um eine Lösung mit anderen europäisch­en Ländern zu finden. Scheitert sie, kann Seehofer endgültig mit seinen Plänen beginnen. Das wäre ein Kompromiss, mit dem beide zunächst leben könnten. Laut „Bild“-Zeitung habe der Innenminis­ter der Kanzlerin ein solches Angebot bereits unterbreit­et. Offiziell wird es in Berlin aber dementiert.

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