Wetten auf US-Politik
Politische Börse. Manche Anlagegruppen profitieren von wirtschaftspolitischer Unsicherheit, andere von Stabilität. Anleger haben die Wahl. Sie müssen sich lediglich entscheiden, ob sie an Trumps außenpolitischen Erfolg oder Scheitern glauben.
Manche Anlagegruppen profitieren von der wirtschaftlichen Unsicherheit durch die USAußenpolitik.
Man kann lange darüber diskutieren, ob es auf der Welt heute sicherer zugeht als vor einem, zwei oder zehn Jahren. Eine Antwort darauf versuchen die Ökonomen mehrerer renommierter US-Universitäten zu geben. Zusammen haben sie den sogenannten Economic Policy Uncertainty Index entworfen. Dieser gilt weltweit als Maßstab für wirtschaftspolitische Unsicherheit. Was er zuletzt zeigte, war alles andere als erfreulich. Er ist auf den höchsten Stand seit einem Jahr gestiegen.
Die Kennzahl wird stets per Monatsende berechnet. Der aktuelle Wert von 181 Punkten bezieht sich auf Ende Mai, weshalb sein Anstieg vor allem dem globalen Handelsdisput geschuldet ist. Der Streit der G7-Staatschefs sowie das reibungslose Treffen in Singapur zwischen Donald Trump und Kim Jong-un fanden ja erst im Juni statt und sind daher noch nicht berücksichtigt. Die streitbaren Politiker des Westens werden die Unsicherheit also wohl erhöht haben, der vorerst auf Eis gelegte Atomstreit mit Nordkorea wiederum dürfte das Gegenteil bewirkt haben.
Die Folgen der Unsicherheit
Nun mag man einwerfen: Schön zu wissen, aber wie beeinflusst das meine Anlageentscheidung? Also: Es gibt sehr konkrete Produktgruppen, die in der Regel zulegen, wenn die geopolitische Unsicherheit steigt. Waffen und Landesverteidigung sind dabei wenig überraschend die wichtigste Kategorie. Der US Select Aerospace & Defense Index fasst die wichtigsten Unternehmensaktien dieses Bereichs zusammen. In den vergangenen zwölf Monaten ist er Hand in Hand mit dem Unsicherheitsindex nach oben geklettert und hat ganze 30 Prozent gewonnen.
Zum Vergleich: Der allgemeine Dow Jones legte im selben Zeitraum knapp 20 Prozent zu, der S&P 500 nur 15 Prozent. Wer also davon überzeugt ist, dass die Außenpolitik des US-Präsidenten die Welt näher an einen Krieg mit dem Iran oder einen Atomkrieg mit Nordkorea bringt, kann entsprechend investieren. Die größten Anbieter von Indexfonds legen ETFs auf den US Select Aerospace & Defense Index auf. Sie bilden den zugrunde liegenden Index kostengünstig nach und werfen nahezu den gleichen Gewinn oder Verlust ab.
Vorsicht bei Währungen
Auch Währungen wie der Schweizer Franken sowie der US-Dollar oder Rohstoffe werden gerne als Investmentmöglichkeiten in politisch unsicheren Zeiten genannt. Das stimmt grundsätzlich, wobei hier auch andere Faktoren entscheidende Rollen spielen. Deshalb ist Vorsicht geboten. Der Kurs des Schweizer Franken hängt mehr von dessen Nationalbank ab als von einem Handelskrieg zwischen den USA und China. Entsprechend sollte man die Währung nicht automatisch kaufen, wenn man eine Eskalation des Handelsstreits erwartet, kann das aber sehr wohl tun, wenn die Aktionen der Schweizerischen Nationalbank nicht dagegen sprechen.
Rohstoffe
Bei Rohstoffen ist die Sache noch komplizierter, weil die Zahl der Faktoren, die den Preis beeinflussen, noch unüberschaubarer ist. Die Faustregel, wonach etwa Öl oder Gold bei globalen Konflikten zule- gen, gilt jedoch durchaus. Der Goldman Sachs Commodity Index, das wichtigste Barometer für Rohstoffe, hat seit Jahresbeginn sieben Prozent gewonnen und im Jahresvergleich um knapp ein Drittel zugelegt. Hauptverantwortlich dafür sind die Preisanstiege für Öl und Aluminium. Zumindest bei Aluminium besteht wegen der eingeführten Importzölle ein direkter Konnex zu Trumps Politik.
Apropos Rohstoffe: Goldman Sachs prophezeite Mitte April einen zehnprozentigen Anstieg dieser Produktklasse innerhalb eines Jahres. Zugelegt hat der Commodity Index seitdem nur sehr wenig. Behält Goldman mit seiner Prognose Recht, gibt es also viel Potenzial. Warren Buffett wird freilich trotzdem nicht zuschlagen. Der Starinvestor hütet sich vor Rohstoffen. Diese, so sein Argument, leisten im Gegensatz zu Unternehmen nichts, und auch da ist was dran. Die meisten Experten empfehlen einen Anteil von alternativen Investments, zu denen Rohstoffe zählen, von maximal zehn bis 20 Prozent des Portfolios.
Und wenn Trump Erfolg hat?
Bleibt die Frage, was jene tun sollen, die Trumps Außenpolitik von Erfolg gekrönt sehen und auf eine globale Reduktion der Unsicherheit wetten wollen. Es bietet sich der herkömmliche Aktienmarkt an, etwa ein weltweiter Indexfonds auf den MSCI World, der die Industrienationen umfasst. Oder aber ein US-Indexfonds auf den S&P 500, wiewohl die hohe Bewertung sowie das Risiko im Zuge der immer restriktiveren Geldpolitik nicht unterschätzt werden dürfen. Die US-Zentralbank Federal Reserve hat vergangene Woche ihre Prognose für das Wirtschaftswachstum in den USA für 2018 von 2,7 auf 2,8 Prozent angehoben. Sie will die Leitzinsen heuer noch zweimal erhöhen, um die Inflation anzutreiben und einer Überhitzung der Konjunktur vorzubeugen. Laut Lehrbuch schichten Investoren bei höheren Zinsen Kapital vom Aktienmarkt in sichere Kategorien um. Das könnte zu Kursverlusten führen. Historisch betrachtet ist die aktuelle politische Unsicherheit übrigens trotz des zuletzt registrierten Anstiegs des Uncertainty Index überschaubar geblieben. Der Wert war etwa zum Amtsantritt von Donald Trump vor eineinhalb Jahren, während der Eurokrise 2012 oder auch nach dem Lehman-Kollaps 2008 deutlich höher.