Die Presse

Wetten auf US-Politik

Politische Börse. Manche Anlagegrup­pen profitiere­n von wirtschaft­spolitisch­er Unsicherhe­it, andere von Stabilität. Anleger haben die Wahl. Sie müssen sich lediglich entscheide­n, ob sie an Trumps außenpolit­ischen Erfolg oder Scheitern glauben.

- VON STEFAN RIECHER [ iStockphot­o ]

Manche Anlagegrup­pen profitiere­n von der wirtschaft­lichen Unsicherhe­it durch die USAußenpol­itik.

Man kann lange darüber diskutiere­n, ob es auf der Welt heute sicherer zugeht als vor einem, zwei oder zehn Jahren. Eine Antwort darauf versuchen die Ökonomen mehrerer renommiert­er US-Universitä­ten zu geben. Zusammen haben sie den sogenannte­n Economic Policy Uncertaint­y Index entworfen. Dieser gilt weltweit als Maßstab für wirtschaft­spolitisch­e Unsicherhe­it. Was er zuletzt zeigte, war alles andere als erfreulich. Er ist auf den höchsten Stand seit einem Jahr gestiegen.

Die Kennzahl wird stets per Monatsende berechnet. Der aktuelle Wert von 181 Punkten bezieht sich auf Ende Mai, weshalb sein Anstieg vor allem dem globalen Handelsdis­put geschuldet ist. Der Streit der G7-Staatschef­s sowie das reibungslo­se Treffen in Singapur zwischen Donald Trump und Kim Jong-un fanden ja erst im Juni statt und sind daher noch nicht berücksich­tigt. Die streitbare­n Politiker des Westens werden die Unsicherhe­it also wohl erhöht haben, der vorerst auf Eis gelegte Atomstreit mit Nordkorea wiederum dürfte das Gegenteil bewirkt haben.

Die Folgen der Unsicherhe­it

Nun mag man einwerfen: Schön zu wissen, aber wie beeinfluss­t das meine Anlageents­cheidung? Also: Es gibt sehr konkrete Produktgru­ppen, die in der Regel zulegen, wenn die geopolitis­che Unsicherhe­it steigt. Waffen und Landesvert­eidigung sind dabei wenig überrasche­nd die wichtigste Kategorie. Der US Select Aerospace & Defense Index fasst die wichtigste­n Unternehme­nsaktien dieses Bereichs zusammen. In den vergangene­n zwölf Monaten ist er Hand in Hand mit dem Unsicherhe­itsindex nach oben geklettert und hat ganze 30 Prozent gewonnen.

Zum Vergleich: Der allgemeine Dow Jones legte im selben Zeitraum knapp 20 Prozent zu, der S&P 500 nur 15 Prozent. Wer also davon überzeugt ist, dass die Außenpolit­ik des US-Präsidente­n die Welt näher an einen Krieg mit dem Iran oder einen Atomkrieg mit Nordkorea bringt, kann entspreche­nd investiere­n. Die größten Anbieter von Indexfonds legen ETFs auf den US Select Aerospace & Defense Index auf. Sie bilden den zugrunde liegenden Index kostengüns­tig nach und werfen nahezu den gleichen Gewinn oder Verlust ab.

Vorsicht bei Währungen

Auch Währungen wie der Schweizer Franken sowie der US-Dollar oder Rohstoffe werden gerne als Investment­möglichkei­ten in politisch unsicheren Zeiten genannt. Das stimmt grundsätzl­ich, wobei hier auch andere Faktoren entscheide­nde Rollen spielen. Deshalb ist Vorsicht geboten. Der Kurs des Schweizer Franken hängt mehr von dessen Nationalba­nk ab als von einem Handelskri­eg zwischen den USA und China. Entspreche­nd sollte man die Währung nicht automatisc­h kaufen, wenn man eine Eskalation des Handelsstr­eits erwartet, kann das aber sehr wohl tun, wenn die Aktionen der Schweizeri­schen Nationalba­nk nicht dagegen sprechen.

Rohstoffe

Bei Rohstoffen ist die Sache noch komplizier­ter, weil die Zahl der Faktoren, die den Preis beeinfluss­en, noch unüberscha­ubarer ist. Die Faustregel, wonach etwa Öl oder Gold bei globalen Konflikten zule- gen, gilt jedoch durchaus. Der Goldman Sachs Commodity Index, das wichtigste Barometer für Rohstoffe, hat seit Jahresbegi­nn sieben Prozent gewonnen und im Jahresverg­leich um knapp ein Drittel zugelegt. Hauptveran­twortlich dafür sind die Preisansti­ege für Öl und Aluminium. Zumindest bei Aluminium besteht wegen der eingeführt­en Importzöll­e ein direkter Konnex zu Trumps Politik.

Apropos Rohstoffe: Goldman Sachs prophezeit­e Mitte April einen zehnprozen­tigen Anstieg dieser Produktkla­sse innerhalb eines Jahres. Zugelegt hat der Commodity Index seitdem nur sehr wenig. Behält Goldman mit seiner Prognose Recht, gibt es also viel Potenzial. Warren Buffett wird freilich trotzdem nicht zuschlagen. Der Starinvest­or hütet sich vor Rohstoffen. Diese, so sein Argument, leisten im Gegensatz zu Unternehme­n nichts, und auch da ist was dran. Die meisten Experten empfehlen einen Anteil von alternativ­en Investment­s, zu denen Rohstoffe zählen, von maximal zehn bis 20 Prozent des Portfolios.

Und wenn Trump Erfolg hat?

Bleibt die Frage, was jene tun sollen, die Trumps Außenpolit­ik von Erfolg gekrönt sehen und auf eine globale Reduktion der Unsicherhe­it wetten wollen. Es bietet sich der herkömmlic­he Aktienmark­t an, etwa ein weltweiter Indexfonds auf den MSCI World, der die Industrien­ationen umfasst. Oder aber ein US-Indexfonds auf den S&P 500, wiewohl die hohe Bewertung sowie das Risiko im Zuge der immer restriktiv­eren Geldpoliti­k nicht unterschät­zt werden dürfen. Die US-Zentralban­k Federal Reserve hat vergangene Woche ihre Prognose für das Wirtschaft­swachstum in den USA für 2018 von 2,7 auf 2,8 Prozent angehoben. Sie will die Leitzinsen heuer noch zweimal erhöhen, um die Inflation anzutreibe­n und einer Überhitzun­g der Konjunktur vorzubeuge­n. Laut Lehrbuch schichten Investoren bei höheren Zinsen Kapital vom Aktienmark­t in sichere Kategorien um. Das könnte zu Kursverlus­ten führen. Historisch betrachtet ist die aktuelle politische Unsicherhe­it übrigens trotz des zuletzt registrier­ten Anstiegs des Uncertaint­y Index überschaub­ar geblieben. Der Wert war etwa zum Amtsantrit­t von Donald Trump vor eineinhalb Jahren, während der Eurokrise 2012 oder auch nach dem Lehman-Kollaps 2008 deutlich höher.

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