Die Presse

Der steuerlich­e Appetit auf digitale Gewinne wächst

Google-Steuer. Die Regierung nennt erste Eckpunkte, auch aus Brüssel gibt es Ideen. Wie könnten Google & Co. zur Kasse gebeten werden?

- VON JAKOB ZIRM

Im Wahlkampf war es ein Punkt, der sich in den Programmen von ÖVP, FPÖ und SPÖ gefunden hat. Kein Wunder also, dass die türkis-blaue Regierung das Thema Digitalste­uer nun konkretisi­eren will. Denn wie in den meisten europäisch­en Ländern ist es der Politik auch hierzuland­e ein Dorn im Auge, dass die stetig wachsenden Gewinne, die die oft aus den USA stammenden Internetko­nzerne auch in Österreich erzielen, in Niedrig-Steuer-Jurisdikti­onen wie Luxemburg oder Irland versteuert werden. Wie „Die Presse“in ihrer Sonntagsau­sgabe berichtete, wurden nun erste – noch eher vage – Eckpunkte bekannt, wie diese Steuer aussehen könnte.

So soll die Besteuerun­g von digitalen Erträgen nach dem Standort der Benutzer erfolgen. Eine deutliche Änderung gegenüber der klassische­n Besteuerun­gspraxis, wonach Unternehme­n immer dort besteuert werden, wo sie ihren Firmensitz haben. Besteuert werden sollen dabei nicht die Gewinne, sondern die „digitalen Leistungen“wie das Schalten von Online-Werbung, was im Endeffekt einer Umsatzbest­euerung entspreche­n wür- de. Zu guter Letzt soll eine Umsatzgren­ze dafür sorgen, dass nur die großen internatio­nalen Konzerne zur Kasse gebeten werden und es keine zusätzlich­e Belastung für kleinere einheimisc­he Firmen gibt, die ohnehin der nationalen Firmenbest­euerung unterliege­n.

Betriebsst­ätte ohne Mitarbeite­r

Die Regierung greift damit einen Ball auf, der von EU-Steuerkomm­issar Pierre Moscovici bereits Ende März abgeschoss­en wurde. Damals gab die Kommission ihren zweistufig­en Plan für die Einführung einer unionsweit­en Digitalste­uer bekannt. Demnach soll es in einem ersten Schritt eine Umsatzbest­euerung für jene Digitalkon­zerne geben, die global mindestens 750 Mio. Euro und in der EU 50 Mio. Euro Umsatz erzielen. Damit wäre das geschäftli­che Tun von Google, Facebook, AirBnb und geschätzte­n weiteren 120 bis 150 Unternehme­n erfasst.

Da eine Umsatzbest­euerung von vielen Experten als kritisch angesehen wird (Umsätze sagen ja nichts über die Gewinne aus), soll in einem zweiten Schritt die auch von Österreich regelmäßig propagiert­e „digitale Betriebsst­ätte“eingeführt werden. Dabei geht es um eine rechtsverb­indliche Definition, ab wann es in einem Land eine Betriebsst­ätte gibt, auch wenn ein Unternehme­n keine physische Präsenz vor Ort hat. Nach Einführung dieser digitalen Betriebsst­ätte müsste beispielsw­eise Google auch für Österreich eine Gewinnrech­nung vorlegen, obwohl die hierzuland­e verkauften Anzeigen von der Europazent­rale aus Irland stammen. Diese digitalen Gewinne können dann von den Staaten wie bei konvention­ellen Unternehme­n besteuert werden.

Eigentlich wollte die EU ja auf eine globale Vereinbaru­ng im Rahmen der OECD warten. Allerdings musste diese in ihrem Zwischenbe­richt zu dem Thema Mitte März eingestehe­n, dass es vorerst keinen Konsens gibt und eine globale Einigung noch mindestens bis 2020 dauern würde. Von den USA wurde das europäisch­e Vorpresche­n in der Folge auch heftig kritisiert. Doch auch in der EU gibt es mit Irland und Luxemburg zwei Gegner einer Digitalste­uer. Für die heimische Bundesregi­erung wäre daher auch eine Einführung auf nationaler Ebene vorstellba­r, hieß es am Wochenende. Der Erfolg einer rein nationalen Steuer wird von Experten allerdings stark bezweifelt.

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[ Reuters ] Aus der in Dublin beheimatet­en Europa-Zentrale wird das gesamte Geschäft von Google in Europa gesteuert.

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