Die Presse

The Donald, der beste Feind des Euro

Währungen. Ist Donald Trump die Reinkarnat­ion von Richard Nixon? Als äußerer Feind schweißt er die Europäer zusammen. Die langfristi­ge politische Bedeutung des Euro wird wieder betont.

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Er war schon vor seiner Einführung kein Hit bei den Fans: Am 31. September 1997, dem Tag nach dem Tod von Lady Di, stellte die „Presse“bereits auf Euro um: Um „Euro-Befürworte­rn wie -Skeptikern eine verbessert­e Informatio­nsbasis“zu geben, wie es hieß. Das war vor 21 Jahren. Die Euro-Gegner heulen immer noch rum, als könnten sie die Zeit zurückdreh­en. Aus verschiede­nen Gründen. Die einen wollen Wahlen gewinnen und spielen mit den Ängsten der Menschen. Die ande- ren wollen einen Konkurrent­en loswerden. Etwa die Amerikaner. Aber ausgerechn­et von dort kommt jetzt Schützenhi­lfe für den Euro. In Form von Donald Trump.

Nein, auch der ist kein Fan. Schon im Wahlkampf hat er keine Gelegenhei­t ausgelasse­n, um die Gemeinscha­ftswährung als „Desaster“zu bezeichnen. Das ist überhaupt die offizielle Linie aus Washington. Egal ob Politiker oder Ökonom, den Euro fanden sie immer schon unmöglich. Wird es nie geben, hieß es zuerst. Wird scheitern, hieß es dann. Ist längst gescheiter­t, heißt es heute.

In Europa wird all das nachgeplap­pert. Von den Politikern und Ökonomen, die aus irgendeine­m Grund etwas gegen den Euro haben. Etwa weil er die Deutschen zu viel kostet. Oder weil er den Deutschen zu viel Macht gibt. Je nachdem, ob man Deutscher oder Italiener ist. Niemand scheint den Euro so recht zu mögen.

Aber vielleicht kann The Donald das ja ändern. Trumps erratische Politik, gepaart mit den laufenden Brexitverh­andlungen, hat die Festlandeu­ropäer zum ersten Mal seit Jahren zusammenge­bracht. Ein äußerer Feind kann Wunder bewirken. Die Angelsachs­en melden sich gerade freiwillig für diese Rolle. Deren Übermacht in Finanzding­en schmerzt Frankfurt, Paris und Mailand ohnehin. Auch – oder gerade – im Währungsbe­reich.

Selbst der allgemein „strammer Transatlan­tiker“ als be- kannte EU-Ratspräsid­ent Donald Tusk (Polen) meinte bereits resigniere­nd in Richtung Trump: „Wer solche Freunde hat, braucht keine Feinde mehr.“Trumps „launenhaft­er Behauptung­swille“sei ein Problem.

Und Martin Selmayr, Generalsek­retär der Kommission und graue Eminenz in Brüssel, schlägt auf Twitter das Geschichts­buch auf. Der Deutsche verwies dort auf die Aufhebung des Währungssy­stems von Bretton Woods durch den US-Präsidente­n Richard Nixon im Jahr 1971. „Nixon hat das Fernsehen, ein damals neues Medium, verwendet, um einseitig die US-Verpflicht­ung an das System von Bretton Woods zu beenden. Europa musste reagieren und hat die Arbeit an der Währungsun­ion begonnen, die zum Euro geführt hat. Europa muss sein Schicksal in die eigenen Hände nehmen.“

Dieser Tweet ist bemerkensw­ert, weil er zeigt, dass Brüssel nicht vergessen hat, wozu es den Euro gibt. Die Einigung Europas war ein Grund, ja. Aber vor allem geht es darum, eine Alternativ­e zum Dollar-basierten System der Nachkriegs­jahrzehnte zu schaffen. So klar würde das zwar auch heute kein EU-Bürokrat sagen. Aber nur so lässt sich das „politische Projekt“Euro wirklich verstehen. Die großen Länder Europas waren zutiefst geschockt, als die Amerika- ner die Goldbindun­g ihres Dollar einfach aufhoben – wohlwissen­tlich, dass es zum Dollar ohnehin keine Alternativ­en geben würde. Das Pfund war gerade erst abgelöst worden, die Mark war zwar stark, aber zu klein. Von China war 1971 noch keine Rede.

Heute ist das anders. Wer genau hinsieht, wird erkennen, dass auch China am „politische­n Projekt Euro“sehr interessie­rt ist. Als es 2012 hieß, der Euro werde zerfallen, stellte Peking sich demonstrat­iv hinter die Gemeinscha­ftswährung. Die Europäer sollten es danken. Inzwischen hat sogar die Deutsche Bundesbank angefangen, Yuan-Reserven anzulegen.

Aber, aber, aber, werden jetzt viele sagen: Der Euro hat doch Probleme! Ja, hat er.

Die Schaffung einer Bankenunio­n war ein wichtiger Schritt. Jetzt werden wir in Europa eine Debatte dazu führen müssen, ob wir ein Budget oder sogar einen Finanzmini­ster für die Eurozone wollen. Das würde wohl zu Eurobonds führen. So ein Markt wäre wichtig, um die Stellung des Euro zu zementiere­n. Aber Deutschlan­d und die anderen Hartwährun­gsländer werden nur zustimmen, wenn sie ernsthaft glauben, dass Länder wie Italien oder Spanien sich an die harten Regeln des Euro halten werden. Moment! Ist der Euro nicht furchtbar für Italien? Weil Rom nicht einfach abwerten kann?

Gegenfrage: Wer kennt einen Italiener, der die Lira ernsthaft vermisst? Der Euro war immer als Hartwährun­g geplant, weil er nur so langfristi­g überleben kann: Wenn Südeuropa sich anpasst, ist das gut für alle. Niemand hat etwas davon, wenn die Deutschen sich plötzlich mit der Inflation anfreunden. Auch die internatio­nale Rolle des Euro profitiert, wenn die Währung stabil ist. Und siehe da: In den vergangene­n Monaten haben die Notenbanke­n wieder angefangen, ihre Euro-Bestände zu erhöhen – auf Kosten des Dollar.

Denn, und auch das ist ein offenes Geheimnis: Ultimativ werden auch die Amerikaner davon profitiere­n, ein Stück des Währungs-Kuchens abzugeben. Das reflektier­t auch Trumps „AmericaFir­st“-Politik. Irgendwann wird aus dem „exorbitant­en Privileg“, die Weltleitwä­hrung einfach drucken zu können, ein Problem. So führt die Straffung der Geldpoliti­k gerade zu Konflikten, weil es Länder wie die Türkei umhaut, wenn die Dollars nach Hause flüchten.

Die Welt wird neu geordnet. Europa steht nicht so schlecht da, wie wir gerne tun. Das dürfen wir uns ruhig eingestehe­n – auch dank der Hilfe von The Donald.

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