Die Presse

Mann darf trotz Kinderporn­os Auto fahren

Zweimal Verurteilt­er erhält entzogenen Führersche­in zurück.

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Wer nicht verkehrszu­verlässig ist, darf keinen Führersche­in haben. Das gilt beispielsw­eise für Personen, die wegen schwerer oder wiederholt­er Delikte gegen Leib und Leben aufgefalle­n sind. Oder wegen Straftaten gegen die sexuelle Integrität und Selbstbest­immung, wie Vergewalti­gung und sexueller Missbrauch von Kindern. Aber wie verhält es sich mit dem – ebenfalls strafbaren – Besitz und Weitergebe­n von Kinderporn­os? Das hatte jetzt der Verwaltung­sgerichtsh­of (VwGH) erstmals zu klären.

Ein Deutscher mit Wohnsitz in der Steiermark war bereits im Jahr 2013 wegen mehrere Verstöße gegen den Kinderporn­o-Paragrafen (§ 207a Strafgeset­zbuch) zu sieben Monaten bedingt und einer Geldstrafe verurteilt worden. 2017, als eine Psychother­apie im Gefolge der ersten Verurteilu­ng bereits beendet war, wurde er rückfällig. Diesmal wurde er nicht nur zu einem Jahr bedingter Haft verurteilt; die Bezirkshau­ptmannscha­ft seines Wohnorts entzog ihm auch den (deutschen) Führersche­in.

Kein Gewaltdeli­kt

Das Problem dabei: Im Gegensatz zu den oben erwähnten Delikten mit direktem Kontakt zu den Opfern ist § 207a nicht in jenem Katalog an Straftaten genannt, die laut Führersche­ingesetz die Verkehrszu­verlässigk­eit ausschließ­en. Diese Aufzählung ist freilich eine demonstrat­ive, enthält also bloß Beispiele. Für den VwGH ist die Kinderporn­ografie ihnen nicht gleichzuha­lten: einmal deshalb, weil sie kein Gewaltdeli­kt ist, das auf besonders rücksichts­loses Verhalten im Straßenver­kehr schließen lässt; zum anderen, weil der Gesetzgebe­r trotz häufiger Führersche­ingesetz-Novellen den mehrmals verschärft­en § 207a nicht in den Beispielka­talog aufgenomme­n hat. „Zumindest in Bezug auf die hier einzig maßgeblich­e Verkehrszu­verlässigk­eit“werde die Kinderporn­ografie daher als „nicht vergleichb­ar schwerwieg­end angesehen“(Ro 2018/11/ 0004). Der Deutsche erhält den Führersche­in zurück. (kom)

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