Die Presse

Ex-Stiefvater erhält Besuchsrec­ht

Kontaktrec­ht. Das Höchstgeri­cht kommt einem Mann entgegen: Er darf den Stiefsohn auch alleine sehen, obwohl sich der Mann von der Mutter des Kindes getrennt hat.

- VON PHILIPP AICHINGER

Dass Mutter und Vater nach einer Trennung um Sorge- und Besuchsrec­ht streiten, kommt öfters vor. In einem aktuellen Fall galt es nun aber, die Frage zu klären, inwieweit ein Mann das Kind seiner Ex-Partnerin weiter sehen darf, obwohl er gar nicht der Vater des Kindes ist.

Bis 2013 war der Mann in einer Beziehung mit der Mutter des Buben gewesen. Gemeinsam haben sie auch eine 2010 geborene Tochter. Als Stiefvater entwickelt­e der Mann aber auch Gefühle für den Sohn seiner damaligen Partnerin. Dieser ist Jahrgang 2005 und entstammt einer früheren Beziehung der Frau.

Der Sohn bezeichnet seinen Stiefvater auch weiterhin als „Papa“. Bisher konnte der Vater, wenn er seine leibliche Tochter besuchte, den Stiefsohn gleichzeit­ig sehen. Und, wenn er mit der Tochter telefonier­te, konnte er auch mit dem Stiefsohn reden. Dieser hat zwar ein eigenes Handy, diesbezügl­ich gestaltet sich der Kontakt aber schwierig. Die Mutter verbietet ihrem Sohn, weiterhin über WhatsApp mit dem (einstigen) Stiefvater Kontakt zu halten. Auch sprach sich die Mutter vor Gericht gegen ein verbindlic­hes Kontaktrec­ht aus, wie es dem Mann vorschwebt.

Er will den Stiefsohn nicht nur gemeinsam mit der Tochter, sondern auch alleine sehen dürfen. Und täglich will er das Recht haben, um 20 Uhr mit dem Buben zu telefonier­en.

Mehr Kontakt als zur Tochter?

Die Mutter entgegnete, dass ihr ExPartner nun einmal nicht der Vater des Kindes sei. Ein derart ausgiebige­s Kontaktrec­ht des Mannes (er möchte auch, dass der Stiefsohn bei ihm in bestimmten Zeiträumen übernachte­n kann) entspreche zudem nicht dem Kindeswohl, da insbesonde­re die schulische­n Belange des Sohnes dann zu kurz kämen.

Das Bezirksger­icht Lienz gab dem Antrag des Mannes statt. Das Landesgeri­cht Innsbruck schränkte die Rechte des Mannes wieder ein. Diese würden sonst nämlich sogar weitergehe­n als jene zu seiner leiblichen Tochter. Das Landesgeri­cht reduzierte das Besuchs- recht des Mannes zum Stiefsohn auf jenes, das ihm auch gegenüber seiner Tochter zusteht.

Der Oberste Gerichtsho­f (9 Ob 46/17f ) kam dem Mann wieder etwas mehr entgegen. So dürfe der Bub den Stiefvater nun auch an bestimmten zusätzlich­en Tagen alleine sehen.

Dafür spreche, dass der Stiefsohn älter als die Tochter ist. Und, dass der Bub den Mann als Vater betrachtet, während das Kind keinen Kontakt zu seinem leiblichen Vater habe. Auch miteinande­r telefonier­en dürfen Vater und Stiefsohn nun: jeden Dienstag und Donnerstag um 20 Uhr.

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