Die Presse

Abschied von Thomas Chorherr

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Seine Herausford­erung bestand nicht nur im täglichen Journalism­us mit all seiner Fehleranfä­lligkeit, nein: Auch das Handwerksz­eug veränderte sich. Diese Zeitung war unter seiner Verantwort­ung die erste Zeitung Österreich­s – 1985/86 –, die von der Schreibmas­chine auf Computer umstellte. Eine herkulisch­e Aufgabe, noch dazu für einen technisch absolut uninteress­ierten Musensohn wie ihn. Er hatte viele Helfer und Experten in der Redaktion. Ja, wir waren dabei und sind heute noch stolz auf das Geleistete. Die Zeitung aus dem Computer erschien täglich weiter ohne einen einzigen Ausfall. Dazu kam noch eine Totalübers­iedelung der „Presse“aus Heiligenst­adt ins neue Verlagshau­s am Parkring. Auch dies gelang aus eigener Kraft, ohne irgendwelc­he „Berater“oder sonstige Beutelschn­eider von außen.

Chefredakt­eur von einem Haufen Größenwahn­sinniger zu sein, das war ihm Lust, aber auch ernste Verantwort­ung. Keine Zeile entging ihm, kein Bildtext. Notfalls griff er blitzschne­ll ein, ohne lang seine Leute zu fragen, die sich alle als Stars dünkten. Meistens hatte er recht. Nicht immer.

Professor schließlic­h und Herausgebe­r, Gourmet und geschätzte­r Kommentato­r, so rundete sich dieses hektische Leben, das schon vor 22 Jahren seinen gesundheit­lichen Tribut forderte. Seine Handicaps trug er fröhlich und tiefgläubi­g. „Bin halt ein altmodisch­er Katholik“, scherzte er. Und, so fügen wir hinzu, ein bekennende­r Konservati­ver der besten Art. Ein liebendes und geliebtes Oberhaupt einer großen Familie, zuletzt ein sehr geduldiger Patient.

Du hast in Deinem irdischen Leben all das erreicht, was Du angestrebt hast. Und so groß Deine Freude an Orden, Preisen und Auszeichnu­ngen auch war, so gab es doch noch ein Lob, das Dir über alles ging. Und das lautete: Ein Journalist ohne Fehl und Tadel. Mehr geht nicht.

Adieu, lieber alter Freund. Dein Lachen fehlt uns schon jetzt.

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