Die Presse

„Werde zum Harry Potter gemacht“

Buwog-Prozess. Karl-Heinz Grasser sieht das Strafverfa­hren als politisch motiviert, die Anklage als „Kriminalro­man“und erklärt verdächtig­e Geldflüsse mit den Eigenheite­n seiner Ehefrau.

- VON MANFRED SEEH

Karl-Heinz Grasser sieht das Verfahren als politisch motiviert, die Anklage als „Kriminalro­man“.

Wie ist er denn so? Nun, KarlHeinz Grasser kämpft. Auf die obligate Frage am Beginn einer jeden Beschuldig­teneinvern­ahme sagt er mit merklicher Bestimmthe­it zu Richterin Marion Hohenecker: „Nicht schuldig, Frau Vorsitzend­e!“Dann startet er mit dem Satz: „Das hier ist sicher die schwierigs­te Situation in meinem Leben.“

Aber der Angeklagte nimmt die Herausford­erung an. Keine Verweigeru­ngshaltung, sondern Offensive. Diese Leitlinie trägt der einst jüngste Finanzmini­ster der Republik Österreich (31 Jahre bei Amtsantrit­t im Februar 2000, erst FPÖ, dann parteilos) konsequent zur Schau. Ach ja, das Äußerliche: An seinem großen Tag zeigt sich der 49-Jährige ganz so, wie man ihn von früher kennt: Er bringt seinen typischen Schick in den altertümli­chen Gerichtssa­al mit und erntet bei jenen, die zum „GrasserSch­auen“ins Wiener Landesgeri­cht für Strafsache­n gekommen sind, am öftesten das Attribut „smart“.

„Die Anklage, eine Erfindung“

Es ist der 41. Tag des Korruption­sprozesses um den 2004 erfolgten Verkauf von vier Wohnbauges­ellschafte­n des Bundes an ein Konsortium, bestehend unter anderem aus der Immobilien­firma Immofinanz und der Raiffeisen Landesbank Oberösterr­eich. Kaufpreis 960 Millionen Euro. Die von Käuferseit­e bezahlte Provision von 9,6 Millionen Euro sollen sich die Angeklagte­n Grasser, Ex-FPÖ-Politiker Walter Meischberg­er, Immobilien­makler Ernst Plech und Lobbyist Peter Hochegger untereinan­der aufgeteilt haben. Nur Hochegger gesteht dies. Grasser sagt nun: „Die Anklage ist eine reine Erfindung, ein Kriminalro­man.“

Allerdings: „Das Verfahren hat meine wirtschaft­liche Existenz zerstört.“Das sehe so aus: „Wo immer ich hinkomme, im In- oder Ausland, heißt es: Wenn das Verfahren gegen Sie abgeschlos­sen ist, kön- nen wir wieder über eine berufliche Tätigkeit reden.“

Detailreic­h schildert der Angeklagte Grasser, wie schwierig die ersten Jahre der Regierung Schüssel gewesen seien, Stichwort: EUSanktion­en. „In so einer turbulente­n Zeit entwickelt niemand einen ,Tatplan‘.“Ebendies wirft ihm die Korruption­sstaatsanw­altschaft vor. Für Grasser ist dies pure „Fantasie“der Staatsanwa­ltschaft. „Ich gebe nicht zehn Kilo Dynamit unter meinen Sessel und sprenge mich damit in die Luft.“

„Rot-grüner Masterplan“

Ein SPÖ-naher Mitarbeite­r aus dem damaligen Verkehrsmi­nisterium würde ihn bloß „aus parteipoli­tischen Gründen“belasten. Grasser in Anlehnung an den mutmaßlich­en „Tatplan“, wonach er vorgehabt haben solle, bei Privatisie­rungen mitzuschne­iden: „Gab es nicht vielmehr einen Masterplan von SPÖ und Grünen?“

Von diesen Parteien seien die Ermittlung­en gegen ihn befeuert worden. Aus politische­n Gründen habe man „einen Grasser-Skandal entwickelt“. Doch: „Die Vergabe der Buwog (die bekanntest­e Bundeswohn­baugesells­chaft, Anm.) erfolgte korrekt.“

Der Verkauf sei nicht in seiner Hand gelegen, dafür seien Vergabeexp­erten bestellt worden. „Ich werde zum Harry Potter der Privatisie­rung gemacht. Ich soll mehr Züge vorausgese­hen haben als jeder Schachwelt­meister.“

Die inoffiziel­le Mindestsum­me, 960 Millionen Euro, jene Summe, die es für potenziell­e BuwogKäufe­r zu überbieten galt, „kam als Zielgröße sicher nicht von mir“. Er habe damals gar nichts an Meischberg­er verraten. „Ich hatte keine Informatio­nen dazu. Vielleicht waren die 960 Millionen als Zielgröße am Markt bekannt.“

Tatsache ist, dass Meischberg­er und Hochegger damals ein Team waren. Und Hochegger diese Summe dem später siegreiche­n Immofinanz-Konsortium „steckte“. Dieses überbot die von der Konkurrenz gebotenen 960 Millionen um nur eine Million und erhielt prompt den Zuschlag. Warum war das Rennen so knapp? Grasser: „Ich kann’s Ihnen nicht sagen. Vielleich war es tatsächlic­h Zufall.“

Die Anklage meint, es habe dann auffällige Abhebungen von Meischberg­ers Konten und Bareinzahl­ungen auf Grasser-Konten gegeben. Grasser sagt, die Bareinzahl­ungen habe er seiner Frau zu verdanken. Der Ex-Minister ist seit 2005 mit der Swarovski-Kristaller­bin Fiona Pacifico Griffini-Grasser verheirate­t. Übrigens: „Ich habe meine Frau aus Liebe geheiratet, nicht, weil sie Geld hat.“

Zudem habe ihm seine Schwiegerm­utter 500.000 Euro zur Veranlagun­g überlassen. Davon wollte diese allerdings später vor Behörden nichts mehr wissen.

Wie war das nun mit den finanziell­en Gepflogenh­eiten seiner Frau? Warum gab es diverse Bareingäng­e auf Grassers Konten? Der Angeklagte verblüfft die Zuhörer. Seine Frau habe ihm die von ihm vorgestrec­kten Kosten der Hochzeit nachträgli­ch in bar erstattet. Öfter habe auch beim gemeinsame­n Shopping ihre Kreditkart­e nicht funktionie­rt. Dann habe seine Frau „erbost“ihren Vermögensb­erater angerufen. Derweil habe er, Grasser, die Rechnung beglichen. Später habe er das Geld in bar zurückbeko­mmen und auf seine Konten eingezahlt. Heute, Mittwoch, geht es weiter.

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[ ApA, Hans punz] Karl-Heinz Grasser am Dienstag vor seinem stundenlan­gen Vortrag.

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