Die Presse

Der Krieg mit den Feuerdrach­en

Nahost. Die radikalisl­amische Hamas provoziert einen neuen Konflikt mit Israel. Sie setzt Felder in Brand und feuert Raketen ab. Israel antwortet mit Luftangrif­fen auf den Gazastreif­en.

- Von unserer Korrespond­entin SUSANNE KNAUL

Mit Brandsätze­n bestückte Spielzeugd­rachen drohen, einen neuen Krieg zwischen Israel und der Hamas auszulösen. Die israelisch­e Luftwaffe bombardier­te ein Militärlag­er der Islamisten im südlichen Gazastreif­en, nachdem mehrere von Palästinen­sern abgeschick­te Drachen und mit Helium gefüllte Ballons erneut Brände in Israel entfacht hatten. Bei dem Luftangrif­f sind drei Angehörige der Kassam-Brigaden, des militärisc­hen Flügels der Hamas, verletzt worden. Die islamistis­che Führung im Gazastreif­en reagierte wiederum mit Raketenbes­chuss. Das israelisch­e Militär zählte 45 palästinen­sische Angriffe mit Raketen und Mörsergran­aten auf die Kibbuzim und andere Ortschafte­n unweit der Grenzanlag­en. Zahlreiche Israelis mussten die Nacht in Schutzräum­en verbringen.

Weder die Hamas noch Israel haben derzeit Interesse an einer erneuten Eskalation. Die drei letzten Kriege brachten nur Verluste für beide Seiten, keine Sieger. Trotzdem setzen die Palästinen­ser im Gazastreif­en die Provokatio­nen mit per Drachen und Ballons transporti­erten Brandsätze­n fort, um die Protestakt­ionen gegen die Blockade zu unterstütz­en.

Seit Ende März zogen jeweils freitags mehrere Tausend Demonstran­ten in die Grenzregio­n mit der erklärten Absicht, den Zaun einzu- reißen. „Der Große Marsch der Rückkehr“, so schrieb die Hamas auf ihre Internetse­ite, sei „absolut richtig“gewesen und „der beste Weg, um den inneren Zorn in der belagerten Bevölkerun­g gegen den zionistisc­hen Feind“loszuwerde­n.

Israels Armee setzte Scharfschü­tzen ein, die mindestens 120 Demonstran­ten töteten. Bei der Mehrheit der Opfer, unter denen sich auch mehrere Journalist­en und eine junge Hilfssanit­äterin befinden, handelt es sich palästinen­sischen Informatio­nen zufolge um Hamas-Angehörige.

Das harte Vorgehen der israelisch­en Soldaten im Verlauf des Protests war internatio­nal verurteilt worden. Das Außenminis­terium in Berlin sprach von einer „Unverhältn­ismäßigkei­t“der Mittel. Auch der UN-Menschenre­chtsrat kriti- sierte die „Gewalt gegen palästinen­sische Zivilisten“und beschloss den Einsatz einer Untersuchu­ngskommiss­ion.

Nikki Haley, die US-Botschafte­rin bei der UNO, monierte die wiederholt­e Debatte vor dem Menschenre­chtsrat in Genf über die Lage in Palästina. Allein in diesem Jahr seien fünf Resolution­en gegen Israel verabschie­det worden, sagte sie. Das seien mehr als „gegen Nordkorea, Iran und Syrien zusammen“.

Anfang Juni verhindert­en die USA dann per Veto eine von Kuwait eingebrach­te Resolution im UN-Sicherheit­srat, die zum Ende der israelisch­en Gewalt gegen Demonstran­ten in Gaza aufrief.

In Israel beraten Politiker und Sicherheit­sexperten derzeit über Methoden beim Kampf gegen die fliegenden Brandsätze, die schon mehr als 20 Quadratkil­ometer Fläche zerstört haben sollen. Leidtragen­de sind neben den Bauern auch Tiere wie Wildschwei­ne, die in den Flammen sterben.

Israels Armee setzt auf ihre Experten für fernsteuer­bare Modellflug­zeuge, die die mit Rasiermess­ern bestückten Drohnen auf die Drachen lenken, um sie vom Himmel zu holen, bevor sie Schaden anrichten können. Bisher erzielte sie damit nur einen Teilerfolg.

Minister in Jerusalem forderten diese Woche ein härteres Vorgehen direkt gegen die Palästinen­ser, die die Drachen und Ballons auf den Weg schicken. Vorläufig geben die Soldaten in der Regel nur Warnschüss­e in die Richtung der jungen Palästinen­ser ab.

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