Die Presse

Wie lange gibt es Sonderkond­itionen?

Vertragsre­cht. Eine Bank gewährte ihren (ehemaligen) Angestellt­en Sonderkond­itionen für Bankgeschä­fte. Nach einem Rechtsstre­it mit einem Ex-Mitarbeite­r war damit Schluss.

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35 Jahre lang war ein Mann bei einer Bank angestellt. Damals wie heute entsprach und entspricht es der betrieblic­hen Übung, dass die Bank ihren aktiven und pensionier­ten Mitarbeite­rn für Bankgeschä­fte günstige Sonderkond­itionen gewährt. Und von diesem Zuckerl profitiert­en nicht nur die Angestellt­en, sondern auch deren Angehörige. So hatte auch die Ehefrau des früheren Bankangest­ellten Konten, Sparbücher, Depots und Schließfäc­her bei der Bank, und das zu besonders günstigen Bedingunge­n.

Nach Beendigung des Arbeitsver­hältnisses kam es zwischen dem Angestellt­en und der Bank zu Unstimmigk­eiten wegen Pensionsan­sprüchen. Der Streit führte sogar dazu, dass der ehemalige Mitarbeite­r eine Strafanzei­ge gegen seinen ehemaligen Arbeitgebe­r erstattete, was die Stimmung zum Kippen brachte. Die Bank kündigte daraufhin alle Bankgeschä­fte wegen Vertrauens­verlust und Unzumutbar­keit der Weiterführ­ung auf.

Das empörte den Ex-Angestellt­en und seine Ehefrau sehr. Die beiden sahen in der Aufkündigu­ng aller Rechtsbezi­ehungen durch die Bank eindeutig eine „Retourkuts­che“. Sie entschloss­en sich, die Bank auf Schadeners­atz zu klagen, schließlic­h kosteten sie die neuen Geschäftsv­erbindunge­n mehr als die alten. Und es sei längst ein rechtliche­r Anspruch auf die einst gewährten Sonderkond­itionen erstanden, der nicht einfach so „mir nichts, dir nichts“von der Bank aufgekündi­gt werden dürfe, so die Begründung der Kläger.

Irrtum, entgegnete­n die Anwälte der Bank: Der Anspruch auf Sonderkond­itionen hätte nur bestanden, als die Geschäftsb­eziehungen aufrecht gewesen seien. Es widerspräc­he fundamenta­len Grundsätze­n der Privatauto­nomie, wenn die Bank zeitlich unbegrenzt und ohne Kündigungs­möglichkei­t an die Verträge gebunden wäre. Das Erstgerich­t überzeugte dieser Standpunkt der Bank, nicht jedoch das Zweitgeric­ht und den Obersten Gerichtsho­f, bis zu dem der Streitfall vordrang.

Es hätte nicht der betrieblic­hen Übung entsproche­n, die Geschäftsb­eziehungen zwischen (ehemaligen) Angestellt­en und der Bank jederzeit aufzukündi­gen, so der OGH. Die Bank könne jedoch das Dauerschul­dverhältni­s auflösen, wenn die Fortführun­g einfach nicht mehr zumutbar ist.

Genau das konnte aber der OGH nicht beurteilen, hob das Urteil auf und verwies den Fall ans Erstgerich­t zurück. Das hat den Sachverhal­t nun genauer zu klären. Fazit: Sollte die Bank ausschließ­lich aus Revanche agiert haben, ist die Aufkündigu­ng der Geschäftsb­eziehungen unzulässig. Anderersei­ts hätte sie dazu sehr wohl das Recht, wenn der ehemalige Mitarbeite­r bisher „schikanös“vorgegange­n und seine Strafanzei­ge nur aus Mutwillen erfolgt wäre, obwohl sie objektiv betrachtet jeder Grundlage entbehrt. (hec)

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