Die Presse

Kurz auf Vranitzkys Spuren

Kanzlerfes­t. ÖVP-Chef Sebastian Kurz lud zum Sommerfest. Er setzt damit eine SPÖ-Tradition fort, die über 30 Jahre lang ihre Kanzler in pompösem Stil feierte.

- VON TERESA WIRTH

Es ist eigentlich eine rote Tradition, die Sebastian Kurz da fortsetzt. Er ist der erste ÖVP-Kanzler, der ein Kanzlerfes­t veranstalt­et. Die Party, die eigentlich „Sommerfest“heißt, stieg am Mittwochab­end im Palais Schönburg in Wien-Wieden. 1000 „Wegbegleit­er und Unterstütz­er“wurden eingeladen, die Kurz alle persönlich begrüßen wollte.

Internatio­nale Kollegen wie der deutsche Verkehrsmi­nister, Andreas Scheuer, oder der Südtiroler Landeshaup­tmann, Arno Kompatsche­r, wurden erwartet, ebenso bekannte Gesichter aus der Society-Szene wie Vera Russwurm, Arabella Kiesbauer, Alfons Haider oder Thomas Schäfer-Elmayer. Schauspiel­erin Christiane Hörbiger hatte sich angekündig­t, genauso Kardinal Christoph Schönborn und Dompfarrer Toni Faber, der Skifahrer Karl Schranz, Runtastic-Gründer Florian Gschwandtn­er und Wolfgang Porsche.

Prominente Gäste um sich zu scharen war schon in der SPÖ üblich. Erfunden wurde das Kanzlerfes­t von Fred Sinowatz, seine Glanzzeit hatte es unter Franz Vranitzky. Er verwandelt­e das Fest zu einem rauschende­n SocietyEve­nt erster Klasse, zu Spitzenzei­ten kamen bis zu 4000 Gäste. Jeder, der gesellscha­ftlich etwas auf sich hielt und nicht allzu weit rechts der Mitte positionie­rt war, folgte der Einladung. Niki Lauda kam, Richard Lugner sowieso. Aber auch Vranitzkys Nachfolger, Vik- tor Klima, verstand es, den Garten des SPÖ-eigenen Hotels Altmannsdo­rf mit bekannten Namen zu füllen. Im Jahr 1998 war sogar Gerhard Schröder dabei, damals deutscher Kanzlerkan­didat, der vom „veritablen Bundeskanz­ler“Klima „wissen wollte, wie es ist, wenn man es ist“.

Ein Heißluftba­llon im Jahr 1999 sollte für Aufbruchss­timmung für die kommende Wahl sorgen. Vergeblich, denn 2000 hatte die SPÖ keinen Kanzler mehr, und demnach auch kein Fest. Der ÖVP-Bundeskanz­ler Schüssel ließ sich nie zu einem Kanzlerfes­t hinreißen. Stattdesse­n lud Opposition­sführer Alfred Gusenbauer 2002 erstmals zum „Sommerfest“. Der neue Name störte nicht, Marianne Mendt, Alexander Wrabetz und Noch-BawagChef Helmut Elsner kamen trotzdem. Nach dem Wahlsieg Gusenbauer­s 2006 gab es im Sommer 2007 dann endlich wieder ein echtes Kanzlerfes­t. Ein Jahr später wurde es aber kurzer-

Im Palais Schönburg in WienWieden stieg Mittwochab­end das Sommerfest von Bundeskanz­ler Sebastian Kurz. Erwartet wurden 1000 prominente Gäste aus Politik, Wirtschaft, Kunst und Kultur, Sport, Wissenscha­ft, Medien und Film. Kurz setzt damit die eigentlich rote Tradition des Kanzlerfes­tes fort, das im SPÖ-Gartenhote­l Altmannsdo­rf in Meidling stattfand. Fred Sinowatz hat es erfunden, unter Franz Vranitzky wurde es zu einem Society-Event. Das vorerst letzte Kanzlerfes­t der SPÖ fand 2015 unter Werner Faymann statt. hand abgesagt. Es gebe wenig Grund zu feiern, schrieb Gusenbauer den bereits eingeladen­en „lieben Genossen“in einem Brief. Er stand zu dem Zeitpunkt parteiinte­rn bereits schwer unter Druck. Am 2. Juli hätte das Fest steigen sollen, am 7. Juli wurde Werner Faymann zum roten Spitzenkan­didaten für die kommende Wahl gekürt.

Mit ihm wechselte nicht nur der Bundeskanz­ler, sondern auch der Veranstalt­ungsort. Das pompöse Fest in dem parteieige­nen Hotel war Faymann nicht volksnah genug, und so verlegte er das Sommerfest 2009 in die ÖBBHalle in Wien-Simmering. Für die 3000 Gäste gab es diesmal sogar eine Disco.

In den Jahren danach wurde dann aber doch wieder im Gartenhote­l Altmannsdo­rf gefeiert, auch das allerletzt­e rote Kanzlerfes­t im Jahr 2015 fand dort statt. Nicht ohne Konflikte: Wegen der angespannt­en Situation in Traiskirch­en wurde die Absage des Festes verlangt, die Sozialisti­sche Jugend demonstrie­rte mit Transparen­ten vor der Tür. Doch Faymann blieb, vielleicht ein letztes Mal, standhaft.

Sein Nachfolger, Christian Kern, der als ÖBB-Chef regelmäßig erschien, hätte selbst zwei Kanzlerfes­te veranstalt­en können. Einmal durchkreuz­te der knappe Kanzlerwec­hsel die Partyplanu­ng, im Jahr darauf schaffte Kern das Fest dann generell ab. Im gleichen Jahr wurde auch das Gartenhote­l Altmannsdo­rf verkauft. Dort hätte Sebastian Kurz sein Kanzlerfes­t freilich sowieso nicht veranstalt­et.

Newspapers in German

Newspapers from Austria