Die Presse

Theresa Mays Kampf gegen die ungeliebte­n Weltbürger

Die Schicksale von EU-Bürgern in Großbritan­nien und von britischen Staatsbürg­ern in der EU sind eng miteinande­r verknüpft.

- VON LIAM HOARE

Für die Südtiroler wäre es ein Hauptgewin­n, ein außergewöh­nliches Geschenk: Doppelstaa­tsbürgersc­haft – so heißt es zumindest im Koalitions­vertrag der schwarz-blauen Koalitions­regierung in Österreich. Es soll auch eine Lösung geben für die Auslandsös­terreicher im Vereinigte­n Königreich, die vom Brexit betroffen sind. Und für diese Österreich­er ist das sicherlich wichtiger als für die Südtiroler, die als italienisc­he Staatsbürg­er recht zufrieden in einer autonomen Provinz leben.

Seit 2012 versucht die britische Premiermin­isterin und Ex-Innenminis­terin, Theresa May, für Ausländer in Großbritan­nien eine „feindliche Umgebung“zu schaffen. Arbeitgebe­r, Ärzte, Krankenpfl­ege, private Vermieter und Berater in Banken haben das Recht, den Einwanderu­ngsstatus ihrer Arbeitnehm­er, Patienten und Kunden zu überprüfen. Obwohl das Ziel am Anfang angeblich illegale Einwandere­r waren, sandte das Innenminis­terium in letzter Zeit Ausweisung­sbefehle an Personen, die fast ihr ganzes Leben lang in Großbritan­nien gelebt haben – wie etwa der Fall von Paulette Wilson zeigt. Die 61-jährige Oma und frühere Köchin wurde vom britischen Staat angewiesen, nach Jamaika zurückzuke­hren. Sie hat seit ihrer Kindheit keinen Fuß mehr auf diese Insel gesetzt und hat dort auch keine Verwandten.

Frau Wilson ist Mitglied der sogenannte­n Windrush Generation, die zwischen 1948 und 1971 aus den Überseekol­onien in der anglophone­n Karibik nach Großbritan­nien kam – zu einer Zeit, als der British Nationalit­y Act ihr die Staatsbürg­erschaft gewährte und die Regierung Zuwanderun­g aus Ländern des britischen Weltreichs förderte. Viele von ihnen – die Zuwanderer­kinder besonders – normalisie­rten ihren formalen Einwanderu­ngsstatus nicht, da sie glaubten, dass es unnötig sei. Weil sie jetzt ihre Einbürgeru­ngsurkunde­n oder andere Staatsange­hörigkeits­nachweise nicht beibringen können, werden sie in Einzelfäll­en abgeschobe­n; oder ihnen wird – wie im Fall von Albert Thompson – der seit 44 Jahren in Großbritan­nien lebt und arbeitet, die kostenfrei­e Krebsbehan­dlung durch den staatliche­n Gesundheit­sdienst verweigert.

Das britische Innenminis­terium erfüllt seine Aufgabe nicht. Für die „Windrush-Kinder“ist ein Teil des Problems, dass das Innenminis­terium 2010 ihre ersten Einreiseka­rten zerstörte. Diese skandalöse Entscheidu­ng machte es schwierige­r, den Einwanderu­ngsstatus der Windrush Generation zu überprüfen.

EU-Bürgerrech­tsaktivist­en im Vereinigte­n Königreich sind mit Fug und Recht besorgt darüber, dass EU-Bürger einen sogenannte­n settled status werden beantragen müssen und die nächsten Opfer einer feindselig gesinnten Umgebung werden könnten.

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