Die Presse

Wohin steuert Europa?

Konferenz zur Zukunft der EU. Die Migrations­frage überlagert alles, doch die Union hat auch mit anderen kontrovers­en Fragen zu kämpfen.

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Wien. „Wir dürfen uns nicht gegeneinan­der ausspielen lassen.“Der Mahnruf von Außenminis­terin Karin Kneissl zu Beginn der Konferenz zur „Zukunft der Europäisch­en Union“in der Österreich­ischen Nationalba­nk dürfte auch an die eigene Regierung gerichtet gewesen sein. Denn gerade in der momentan alles beherrsche­nden Migrations­frage – die auch bei der Konferenz ein wichtiges Thema war – heißt es zwischen den Mitgliedst­aaten derzeit: jeder gegen jeden (siehe auch Artikel oben).

Immerhin: Einen gemeinsame­n Nenner gibt es mittlerwei­le, und das ist die Verständig­ung auf einen effiziente­ren Außengrenz­schutz. Bei der Panel-Debatte „Besser schützen – Sicherheit und Migration“gab der Chef der Europäisch­en Grenzschut­zagentur Frontex, Fabrice Leggeri, aber zu bedenken, dass der Schutz der EU-Außengrenz­en keinesfall­s eine gemeinsame Migrations­politik ersetzen könne. Auch Nathalie Loiseau, Frankreich­s Ministerin für Europäisch­e Angelegenh­eiten, plädierte dafür, ein harmonisie­rtes europäisch­es Asylsystem zu schaffen und langfristi­g für bessere Bedingunge­n in den Herkunftsl­ändern zu sorgen. Sogenannte Afrika-Hotspots für auf dem Mittelmeer aufgegriff­ene Flüchtling­e, wie sie neuerdings auch Ratspräsid­ent Donald Tusk vorschlägt, könnten ebenfalls zu einer Beruhigung der Lage beitragen. Allerdings, so Leggeri, sei dies derzeit rechtlich nicht abgesicher­t. Laut einer EU-Verordnung muss nämlich jener Mitgliedst­aat, für den eine Frontex-Operation läuft (Länder an der Außengrenz­e wie Italien oder Griechenla­nd), die Migranten selbst aufnehmen.

„Auf Wesentlich­es fokussiere­n“

Während der am 1. Juli beginnende­n österreich­ischen Ratspräsid­entschaft steht aber nicht nur das Thema Migration, sondern u. a. auch der nahende Brexit und die Verhandlun­gen über den mehrjährig­en Finanzrahm­en auf der Agenda. Insgesamt brauche es „weniger Krämergeis­t und mehr geopolitis­ches Denken“, forderte Kneissl. Wie Europamini­ster Gernot Blümel plädierte sie bei der Konferenz dafür, „im Sinne der Subsidiari­tät dafür zu sorgen, dass die EU sich auf die wesentlich­en Themen fokussiert“. (aga)

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