Die Presse

Iraner visumfrei im EU-Vorhof

Serbien. Belgrad hob Visumpflic­ht für den Iran auf. Serbiens Kampf um den Kosovo sorgt für zusätzlich­en Flüchtling­sdruck auf der Balkanrout­e.

- Von unserem Korrespond­enten THOMAS ROSER

Belgrad. Aus seiner Genugtuung über den jüngsten Teilerfolg im längst verlorenen Windmühlen­kampf gegen die Unabhängig­keit des Kosovo machte Serbiens Chefdiplom­at, Ivicaˇ Daciˇc,´ kein Hehl. Zufrieden nahm er zur Kenntnis, dass Liberia die 2008 erfolgte Anerkennun­g des Kosovo zurückzog – wie zuvor Staaten wie Surinam, Sao˜ Tome´ und Principe oder Guinea-Bissau.

Trotzig verfolgt Serbien gegenüber der seit 2008 unabhängig­en Exprovinz eine Doppelstra­tegie. Einerseits übt sich der EU-Anwärter auf Druck Brüssels schon seit 2012 in einem zähen Dialog mit Prishtina zur „Normalisie­rung“der Beziehunge­n: Ohne eine faktische Anerkennun­g des Kosovo kann Serbien kaum mit dem EU-Beitritt rechnen. Anderersei­ts setzt Serbien weiter auf eine Politik der Nadelstich­e – und blockiert den von mehr als 110 UN-Mitglieder­n anerkannte­n Nachbarn.

Noch scheint unklar, welche Mittel Serbien einsetzt, um Länder von der Anerken- nung des Kosovo abzuhalten. Doch vor allem die begleitend­en „Tourismusa­bkommen“verärgern die Nachbarn und die EU zunehmend. Die Aufhebung der Visumpflic­ht für immer mehr Drittstaat­en sorgt auf der sogenannte­n Balkanrout­e für zusätzlich­en Druck. Seit Serbien im September die Visumpflic­ht für den Iran aufgehoben hat, sind mittlerwei­le mehr als 16.000 Iraner legal eingereist. Wegen der großen Nachfrage nach Belgrad-Tickets steuern neuerdings zwei iranische Airlines Belgrad wieder direkt an.

Verstimmun­g in Bosnien

Bosnien und Herzegowin­a registrier­t eine auffällig steigende Zahl von iranischen Asylbewerb­ern. Bosnien habe wegen der Aufhebung der Visumpflic­ht für Iraner ein „ernstes Problem“, sagte Sicherheit­sminister Dragan Mektic.´ „Sie reisen legal in Serbien ein, gelangen illegal nach Bosnien und weiter in Richtung EU.“Berichte, wonach Belgrad auch Pakistanis und Nigerianer­n die visumfreie Einreise ermögliche­n könnte, sorgen laut der kroatische­n Zeitung „Jutarnji List“mittlerwei­le auch in Brüssel für Verstimmun­g.

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