Die Presse

Ende eines „fehlerhaft­en Konzepts“

Aufsichtsr­eform. Finanzmini­ster Löger macht mit der Aufsichtsr­eform Ernst. Dabei beschneide­t er die Macht der FMA deutlich. Alle bilanzpoli­zeilichen Kompetenze­n muss sie abgeben.

- VON JUDITH HECHT

Die lang geplante Finanzmark­taufsichts­reform nimmt konkrete Formen an. Wie „Die Presse“erfuhr, wird Finanzmini­ster Hartwig Löger (ÖVP) an der bisherigen Struktur einschneid­ende Veränderun­gen vornehmen und der Finanzmark­taufsicht (FMA) einiges an Macht entziehen. Lögers Vorgänger Hans Jörg Schelling hatte das auch schon vor. Mit seinen Plänen scheiterte er jedoch. Dabei hatte eine von ihm eingesetzt­e Arbeitsgru­ppe nach zwei Jahren vier neue Organisati­onsmodelle vorgeschla­gen. Die SPÖ und die ÖVP einigten sich schlussend­lich nur auf einige wenige Änderungen. Im Wesentlich­en blieb aber alles beim Alten. „In der damaligen politische­n Konstellat­ion war nicht mehr möglich“, entschuldi­gt Löger Schellings erfolglose­n Versuch. Heute sei das anders.

Noch sind nicht alle Änderungen im Detail bekannt. Fix ist jedoch, dass es beim Enforcemen­t, vulgo der Bilanzpoli­zei, ganz neue Zuständigk­eiten geben wird. Anders gesagt: Die FMA soll künftig nichts mehr mit der Rechnungsl­egungsprüf­ung von börsenotie­rten Unternehme­n zu tun haben. Hartwig Löger zur „Presse“: „Wir werden die Rechnungsl­egungsprüf­ung aus der FMA herauslöse­n und diese Aufgabe der Abschlussp­rüferaufsi­chtsbehörd­e (Apab) übertragen.“Diese habe alle Voraussetz­ungen und das Know-how, um diese Aufgabe bestens zu erfüllen. Und wie bisher schon wird die Prüfstelle für Rechnungsl­egung (OePR) die laufenden Prüfungen der Unternehme­n durchführe­n. „Das wird auch zur Entlastung der Nerven der geprüften Unternehme­n führen, denn zwischen OePR und FMA hat es dauernd Auseinande­rsetzungen gegeben“, sagt Löger.

Er spielt mit seiner Aussage auf diverse Konflikte der FMA mit der Prüfstelle an, die teilweise sogar vor dem Bundesverw­altungsger­icht ausgetrage­n werden mussten. Leidtragen­de waren die Unterneh- men, die zum Teil doppelt, nämlich zuerst von der Prüfstelle und dann noch einmal von der FMA, kontrollie­rt wurden.

Wie es zu den Querelen kam? Seitdem es in Österreich ein Enforcemen­t-Verfahren gibt, seit 2014, brodelt es zwischen den beiden. Das war nicht überrasche­nd, denn das Rechnungsl­egungsKont­rollgesetz, die Grundlage für die Arbeit der Bilanzpoli­zei, war ein schlechter Kompromiss von ÖVP und SPÖ. Die SPÖ hatte sich dafür starkgemac­ht, die Bilanzpoli­zei ausschließ­lich bei der Finanzmark­taufsicht (FMA) anzusiedel­n, die ÖVP setzte sich vehement für ein zweistufig­es Modell ein. Denn vor allem vonseiten der Unternehme­r und Wirtschaft­sprüfer war die Sorge groß, die FMA könnte jeden noch so kleinen Fehler im Jahresabsc­hluss allzu aggressiv verfolgen. Die Parteien einigten sich daher auf eine Mischform: Die Prüf- stelle, ein privater Verein, ist prinzipiel­l für die Enforcemen­t-Prüfungen der kapitalmar­ktorientie­rten Unternehme­n zuständig. Die FMA hat als Behörde die von der Prüfstelle gefundenen Fehler bescheidmä­ßig festzustel­len. Und sie kann in wenigen Ausnahmefä­llen selbst die Prüfung an sich ziehen. Dann etwa, wenn sie Zweifel hat, dass die Prüfstelle richtig geprüft hat oder eine Prüfung durch die FMA „im öffentlich­en Interesse“ist. Auf die Frage, ob sich dieses System bewehrt hat, sagte Löger zur „Presse“: „Es hat sich soweit bewehrt, dass wir es jetzt reformiere­n.“

Der Finanzmini­ster ist davon überzeugt, dass die Zusammenar­beit zwischen der künftig zuständige Behörde, der Apab, und der Prüfstelle besser und vor allem friktionsf­rei ablaufen wird. Die Apab gibt es in dieser Form erst seit 2016 und war bisher ausschließ­lich für die Qualitätsk­on- trolle für Abschlussp­rüfer und Prüfungsge­sellschaft­en zuständig.

Löger ist sicher, dass sie einen unternehme­nsfreundli­cheren Zugang als die FMA haben wird. Die Art und Weise, wie die FMA ihre hoheitlich­en Aufgaben wahrnimmt, bezeichnet­en Unternehme­n hinter vorgehalte­ner Hand immer wieder als „schikanös“.

Die FMA sei von Anfang an von der Politik systemisch falsch konzipiert worden, sagt Löger, denn die Behörde nehme neben ihrer exekutiven Aufgabe auch regulatori­sche wahr. Eine Paarung, die sich nicht verträgt. „Ein Polizist schreibt auch nicht die Gesetze, die er dann vollzieht“, sagt der Finanzmini­ster. Mit den Änderungen will er für eine klare Gewaltentr­ennung sorgen und die regulatori­sche Verantwort­ung wieder ins Finanzmini­sterium holen. Eventuelle­n Widerständ­en vonseiten der FMA sieht Löger gelassen entgegen: „Sie steht nicht in der Endverantw­ortung. Es ist meine Aufgabe, die Aufsicht neu zu organisier­en.“

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