Ende eines „fehlerhaften Konzepts“
Aufsichtsreform. Finanzminister Löger macht mit der Aufsichtsreform Ernst. Dabei beschneidet er die Macht der FMA deutlich. Alle bilanzpolizeilichen Kompetenzen muss sie abgeben.
Die lang geplante Finanzmarktaufsichtsreform nimmt konkrete Formen an. Wie „Die Presse“erfuhr, wird Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP) an der bisherigen Struktur einschneidende Veränderungen vornehmen und der Finanzmarktaufsicht (FMA) einiges an Macht entziehen. Lögers Vorgänger Hans Jörg Schelling hatte das auch schon vor. Mit seinen Plänen scheiterte er jedoch. Dabei hatte eine von ihm eingesetzte Arbeitsgruppe nach zwei Jahren vier neue Organisationsmodelle vorgeschlagen. Die SPÖ und die ÖVP einigten sich schlussendlich nur auf einige wenige Änderungen. Im Wesentlichen blieb aber alles beim Alten. „In der damaligen politischen Konstellation war nicht mehr möglich“, entschuldigt Löger Schellings erfolglosen Versuch. Heute sei das anders.
Noch sind nicht alle Änderungen im Detail bekannt. Fix ist jedoch, dass es beim Enforcement, vulgo der Bilanzpolizei, ganz neue Zuständigkeiten geben wird. Anders gesagt: Die FMA soll künftig nichts mehr mit der Rechnungslegungsprüfung von börsenotierten Unternehmen zu tun haben. Hartwig Löger zur „Presse“: „Wir werden die Rechnungslegungsprüfung aus der FMA herauslösen und diese Aufgabe der Abschlussprüferaufsichtsbehörde (Apab) übertragen.“Diese habe alle Voraussetzungen und das Know-how, um diese Aufgabe bestens zu erfüllen. Und wie bisher schon wird die Prüfstelle für Rechnungslegung (OePR) die laufenden Prüfungen der Unternehmen durchführen. „Das wird auch zur Entlastung der Nerven der geprüften Unternehmen führen, denn zwischen OePR und FMA hat es dauernd Auseinandersetzungen gegeben“, sagt Löger.
Er spielt mit seiner Aussage auf diverse Konflikte der FMA mit der Prüfstelle an, die teilweise sogar vor dem Bundesverwaltungsgericht ausgetragen werden mussten. Leidtragende waren die Unterneh- men, die zum Teil doppelt, nämlich zuerst von der Prüfstelle und dann noch einmal von der FMA, kontrolliert wurden.
Wie es zu den Querelen kam? Seitdem es in Österreich ein Enforcement-Verfahren gibt, seit 2014, brodelt es zwischen den beiden. Das war nicht überraschend, denn das RechnungslegungsKontrollgesetz, die Grundlage für die Arbeit der Bilanzpolizei, war ein schlechter Kompromiss von ÖVP und SPÖ. Die SPÖ hatte sich dafür starkgemacht, die Bilanzpolizei ausschließlich bei der Finanzmarktaufsicht (FMA) anzusiedeln, die ÖVP setzte sich vehement für ein zweistufiges Modell ein. Denn vor allem vonseiten der Unternehmer und Wirtschaftsprüfer war die Sorge groß, die FMA könnte jeden noch so kleinen Fehler im Jahresabschluss allzu aggressiv verfolgen. Die Parteien einigten sich daher auf eine Mischform: Die Prüf- stelle, ein privater Verein, ist prinzipiell für die Enforcement-Prüfungen der kapitalmarktorientierten Unternehmen zuständig. Die FMA hat als Behörde die von der Prüfstelle gefundenen Fehler bescheidmäßig festzustellen. Und sie kann in wenigen Ausnahmefällen selbst die Prüfung an sich ziehen. Dann etwa, wenn sie Zweifel hat, dass die Prüfstelle richtig geprüft hat oder eine Prüfung durch die FMA „im öffentlichen Interesse“ist. Auf die Frage, ob sich dieses System bewehrt hat, sagte Löger zur „Presse“: „Es hat sich soweit bewehrt, dass wir es jetzt reformieren.“
Der Finanzminister ist davon überzeugt, dass die Zusammenarbeit zwischen der künftig zuständige Behörde, der Apab, und der Prüfstelle besser und vor allem friktionsfrei ablaufen wird. Die Apab gibt es in dieser Form erst seit 2016 und war bisher ausschließlich für die Qualitätskon- trolle für Abschlussprüfer und Prüfungsgesellschaften zuständig.
Löger ist sicher, dass sie einen unternehmensfreundlicheren Zugang als die FMA haben wird. Die Art und Weise, wie die FMA ihre hoheitlichen Aufgaben wahrnimmt, bezeichneten Unternehmen hinter vorgehaltener Hand immer wieder als „schikanös“.
Die FMA sei von Anfang an von der Politik systemisch falsch konzipiert worden, sagt Löger, denn die Behörde nehme neben ihrer exekutiven Aufgabe auch regulatorische wahr. Eine Paarung, die sich nicht verträgt. „Ein Polizist schreibt auch nicht die Gesetze, die er dann vollzieht“, sagt der Finanzminister. Mit den Änderungen will er für eine klare Gewaltentrennung sorgen und die regulatorische Verantwortung wieder ins Finanzministerium holen. Eventuellen Widerständen vonseiten der FMA sieht Löger gelassen entgegen: „Sie steht nicht in der Endverantwortung. Es ist meine Aufgabe, die Aufsicht neu zu organisieren.“