Die Presse

Casinos Austria: Streit statt Strategie

Glücksspie­l. Nach dem Eklat in der Hauptversa­mmlung ist die schon angeschlag­ene Stimmung unter den Aktionären auf dem Tiefpunkt. Den Staat käme eine Trennung von Sazka sehr teuer.

- VON HEDI SCHNEID

Es war eine Übernahmes­chlacht, wie sie Österreich nicht oft sieht. Und es ging auch nicht um irgendein Unternehme­n, sondern den teilstaatl­ichen Platzhirsc­h im Glücksspie­l, die Casinos Austria, und ihr größtes Asset, die gewinnbrin­gende Tochter Lotterien. Monatelang lieferten sich die Novomatic und die tschechisc­he Sazka-Gruppe der Milliardär­e Karel Komarek´ und Jiˇr´ı Smejcˇ einen erbitterte­n Kampf.

Dann fielen die Würfel, und die Tschechen konnten sich in mehreren Schritten mit 38,2 Prozent das größte Stück vom Kuchen sichern. Weil Sazka ihr erklärtes Ziel, die Mehrheit, nicht erreichen konnte, schloss sie mit der Novomatic, die nach dem Njet der Kartellwäc­hter lediglich 17,2 Prozent besitzt, zumindest einen Syndikatsv­ertrag.

Zwei Großaktion­äre, die viel vom Geschäft verstehen – Sazka ist vor allem im Lottogesch­äft stark und die Novomatic als Automatenp­roduzent und Betreiber von Auto- matensalon­s eine große Nummer: Etwas Besseres könnte es für die Casinos Austria (Casag) nicht geben. Das muss wohl auch Ex-Finanzmini­ster Hans Jörg Schelling gedacht haben, in dessen Ära die Deals besiegelt wurden.

Die oft beschworen­e und auch dringend notwendige Strategie für den Glücksspie­lkonzern, der die Konzession­en für alle zwölf heimischen Spielbanke­n und auch die einzige Lotto- und Onlinespie­l-Lizenz besitzt, gibt es auch zweieinhal­b Jahre nach dem Erwerb erster Aktienpake­te nicht. Und sie dürfte es auch so schnell nicht geben. Denn nach dem Eklat in der Hauptversa­mmlung herrscht Krieg – zwischen der Staatshold­ing Öbib und den Tschechen auf der einen und der Novomatic und den Tschechen auf der anderen Seite.

Wie in der „Presse“-Donnerstag­ausgabe berichtet, wollte Sazka alle zwölf Kapitalver­treter im Casag-Aufsichtsr­at stellen und so die Kontrolle gewinnen. Womit die Öbib, die immerhin 33 Prozent hält, vollkommen hinausgedr­ängt worden wäre. Was wiederum für die Novomatic undenkbar gewesen wäre – auch, wenn die Bestellung vorerst nur auf ein Jahr erfolgt wäre, wie Sazka anbot. Und so stimmte die Novomatic nicht mit den Tschechen und brachte so deren Plan zu Fall.

„Das ist ein klarer Bruch unseres Stimmbindu­ngsvertrag­s“, sagt ein Sazka-Sprecher zur „Presse“. Was die Novomatic nicht so sieht, wie Novomatic-Sprecher Bernhard Krumpel betont. Schließlic­h wäre es nicht zum Wohle der Casinos, wenn kein einziger Vertreter des Staates im Aufsichtsr­at säße. Details aus der Vereinbaru­ng mit Sazka könne und dürfe er aufgrund der Verschwieg­enheitspfl­icht nicht bekannt geben, so Krumpel. Deren Bruch, so erfuhr „Die Presse“, wäre übrigens ein Grund für eine Vertragsau­flösung.

Dass sich die Wogen glätten, glauben nicht einmal notorische Optimisten. Zumal die Tschechen umgehend rechtliche Schritte an- gekündigt haben. Sazka hat, wie im Aktienrech­t vorgesehen, in der Hauptversa­mmlung gegen die per Kampfabsti­mmung erzielten Beschlüsse Widerspruc­h zu Protokoll gegeben. Das gibt ihr nun die Möglichkei­t zur Anfechtung.

Die Absicht der in viele Gruppen zersplitte­rten Ex-Casag-Eigentümer, mit dem Verkauf dem Konzern einen strategisc­hen Schub zu ermögliche­n, ist jedenfalls nicht aufgegange­n. Im Gegenteil: Als Casag-Boss Alexander Labak, der als Vertreter der Tschechen gilt, im Vorjahr das Auslandsge­schäft verkaufen wollte – und die Novomatic offen Interesse zeigte –, legte sich die Öbib quer. Inzwischen macht der Staat kein Hehl aus seinen Vorbehalte­n gegen Sazka.

Die Casag droht zwischen den Fronten aufgeriebe­n zu werden. Sazka denkt freilich nicht an einen Ausstieg. Um ihr diesen schmackhaf­t zu machen, müsste Finanzmini­ster Hartwig Löger schon sehr viel Geld in die Hand nehmen. Die ganze Casag wird auf gut 600 Mio. Euro geschätzt.

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